Der verlorene Troll
Wölfe mit ihrer Trophäe ein kurzes Stück zurück, und der Großzahn machte kehrt, um den Rest zu fressen, ehe die ganze Beute verschwunden war.
Der fünfte Wolf trottete neugierig in Mades Richtung. Hastig kraxelte dieser den Baum hoch, um ihm zu entkommen. Von seinem Sitz aus, fünfzehn Fuß über dem Boden, schleuderte Made dem Wolf mangels Steinen eine Schimpftirade entgegen.
Als der Wolf sich abwandte, um sich seinen Anteil am Fleisch zu holen, spuckte Made hinter ihm her. Er hatte sich dumm angestellt mit dem Speer, weil er geglaubt hatte, es wäre einfach, ihn zu werfen. Er würde ihn später suchen oder sich einen neuen stehlen müssen.
Als die Wölfe den Großzahn erneut attackierten, entschied die Katze offenbar, dass sie genug gegessen hatte, und überließ ihnen den Rest. Mit langsamen, arroganten Schritten schlich sie über einen Pfad davon, der sich um den Berg wand und dann hinunter zum Fluss führte.
Die Frau wollte den Großzahn. Aber war sie die Gefahr auch wert?
Da die Wölfe mit dem Kadaver beschäftigt waren, beschloss Made, es zu wagen. Er sprang von seinem Ast, rannte quer über den Berggipfel, suchte auf der anderen Seite den Wildpfad, kletterte dort auf einen Baum und wartete gespannt.
Trolle griffen nur selten lebende Tiere an, aber wenn, gingen sie so vor: Sie hängten sich an eine steile Felswand oder Klippe, warteten, bis ihre Beute unter ihnen entlangkam und ließen sich dann fallen. Sie schlangen ihre langen Arme um das Opfer und bissen ihm in den Hals oder rissen ihm mit den langen, scharfen Nägeln den Bauch auf. Als er klein war, hatte Made diese Technik bis zur Vollendung geübt, indem er sich von einem Ast auf Ambrosius’ Rücken fallen ließ. Ambrosius hatte nie nach oben geschaut. Zumindest am Anfang nicht.
Das galt auch für den Großzahn - Made hoffte nur, dass dieser keine Gelegenheit bekäme, aus seinem Fehler zu lernen.
Die große Katze stolzierte den Wildpfad entlang, schwenkte den Kopf hin und her und leckte sich die langen Zähne. Als sie unter dem Ast war, auf dem Made saß, ließ er sich auf ihren Rücken fallen, schlang blitzschnell den Arm um ihren Hals und stemmte die Füße mit aller Kraft in den Boden, um zu verhindern, dass sie sich auf die Seite rollte. Sofort drehte der Löwe den Kopf und schnappte mit seinen scharfen Zähnen nach Made, doch dieser stieß ihm das Messer tief zwischen die Rippen. Der Dolchzahnlöwe brüllte und sträubte sich mit aller Kraft. Mit Fußtritten wehrte Made die Hinterpranken ab, die wütend nach ihm schlugen. Er riss das Messer heraus und stach damit wieder und wieder auf den Brustkorb der Katze ein.
Der Großzahn knurrte, riss den Kopf aus Mades Griff und warf sich auf die Seite. Made ließ das Messer fallen, rannte zu seinem Baum und zog sich auf einen Ast, während die große Katze unter ihm gegen den Baumstamm prallte. Made rutschte ab, fand jedoch wieder Halt und schlang hastig ein Bein um den nächsten Ast, um sich noch höher hinaufzuziehen. Der Großzahn umkreiste den Baum, die Flanke glänzend und schmierig von Blut.
Schweißüberströmt kauerte Made auf dem Baum und rang nach Luft. Das Blut des Großzahns mischte sich mit seinem eigenen; er hatte Kratzwunden an Oberkörper und Wade davongetragen und sich beim Aufstieg auf den Baum den Schenkel aufgeschürft.
»Wenn du nicht sterben willst«, keuchte er, »dann geh weg.«
Dem Großzahn schien dieser Rat zuzusagen, denn auf einmal rannte er davon. Doch noch ehe er außer Sicht war, wankte er und brach zusammen.
Obwohl das Tier reglos am Boden lag, zögerte Made, den Baum zu verlassen, bis ihm einfiel, dass die Wölfe vielleicht kommen könnten, und dann würde er sie verjagen müssen. Da ihm dazu die Kraft fehlte, kletterte er hinunter und suchte sein Messer. Mit einem langen Stock stieß er den Großzahn an. Dieser rührte sich nicht. Wieder stach er dem Tier in die Seite. Immer noch keine Regung. Made kam vorsichtig näher und stupste ihn mit dem Zeh an - es fühlte sich an, als würde er gegen einen warmen Stein treten. Das Tier wehrte sich nicht. Daraufhin stellte Made einen Fuß auf den Leib des Löwen und trommelte laut lachend den Todesrhythmus auf seine Brust.
»Zu spät«, sagte er zu dem Großzahn. »Tut mir leid.«
Doch noch während er ihm den Zeh in die Seite bohrte, verwandelte sich sein Lächeln in ein Stirnrunzeln.
Er konnte den Löwen unmöglich bis hinunter ins Tal tragen, um ihn der Frau zu überreichen. Vielleicht genügte es ja, ihr
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