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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ab!«
    »Und Du Dir die Schuhe!«
    »Sitzt meine Haube richtig?«
    »Ja, und mein Halstuch?«
    »Alles in Ordnung! Aber, Du, mach nur gehörig einen sehr feinen Diener! So einen richtigen Kratzfuß, mit dem linken Bein hinten hinaus. Ich mache so einen Knix wie gerade in der Kirche, wenn der Pastor den Segen spricht. Der Fürst muß gleich sehen, daß wir Lebensart besitzen.«
    »Hab nur keine Sorge! Meine Verbeugung wird gut. Knix Du nur tief genug. Besser drei Zoll zu tief als einen Zoll zu hoch. Solche Leute geben viel auf Höflichkeit.«
    Sie wurden von einem der Diener nach dem Namen gefragt und dann nach dem Vorzimmer geführt. Dort hatte Köhler die Freude, Anton zu sehen.
    »Willkommen!« sagte dieser, ihm freundlich die Hand gebend. »Recht, daß Sie so rasch kommen!«
    »Wußten Sie denn, daß ich kommen soll?«
    »Jawohl.«
    »Was soll ich denn eigentlich?«
    »Das werden Sie schon noch erfahren. Diese Dame ist Ihre Frau Gemahlin?«
    »Ja.«
    »Sie mag doch ablegen!«
    »Das geht nicht. Sie muß den Korb mit hineinnehmen.«
    »Ah, sie will auch zu Durchlaucht?«
    »Na, die doch erst recht!«
    »Aber ja mit dem Korbe nicht.«
    »Gerade aber mit ihm!«
    »Warum denn?«
    »Sie bringt ihm Etwas.«
    »So, so! Wohl ein Geschenk?«
    »Ein Douceur, über welches er sich freuen wird. Sagen Sie einmal, ist der Herr leutselig?«
    »Sehr!«
    »Ist er auch heute bei guter Laune?«
    »Er ist nie übel gelaunt.«
    »Hörst Du, Alte! Nimm Dir ein Beispiel dran! Nun aber sagen Sie mir noch: Nehme ich den Hut und den Regenschirm mit hinein in die Stube?«
    »Bei Leibe nicht!«
    »Aber ich muß doch Etwas in den Händen haben!«
    »Warum denn?«
    »Na, wozu sind denn die Hände da?«
    »Zum Gesticuliren.«
    »Ach so! Man muß damit um sich schlagen, um daß die Leute verstehen, was man spricht?«
    »Ja, freilich.«
    »Ist das fein?«
    »Sehr. Eigentlich hätten Sie Handschuhe anziehen sollen.«
    »Es ist doch nicht mehr kalt!«
    »Wenn man so hohe Herren besucht, muß man welche anziehen.«
    »Sapperlot! Das habe ich nicht gewußt! Ich habe ein Paar ganz gute, neue Pelzfäustlinge.«
    »O weh! Die gehen nicht an!«
    »Was denn für welche?«
    »Ganz feine, von Seide oder Glacéleder.«
    »Das wirft es bei uns nicht ab. Geht es denn wirklich nicht ohne Handschuhe?«
    »Na, dieses eine Mal wird er ein Auge zudrücken.«
    »Ich stecke die Hände in die Hosentaschen. Meine Alte kann sie unter die Schürze thun.«
    »Das ist auch nicht erlaubt.«
    »Ach so! Wegen dem mit den Armen Umherwerfen. Wir werden ja sehen, wie es sich macht! Was war das? Das war eine Klingel. Haben Sie eine Ziege oder sonst so Etwas da drin?«
    »Nein. Das war der Fürst. Er giebt mit der Glocke das Zeichen, daß er von jetzt an zu sprechen ist. Ich werde Sie anmelden. Warten Sie.«
    Er machte die Thür auf und meldete:
    »Herr Kohlenbrenner Hendschel nebst Frau Gemahlin!«
    Sie gab ihm einen Rippenstoß.
    »Frau Gemahlin!« raunte sie ihm zu. »Wie nobel!«
    »Eintreten!« erklang es von innen.
    »Rasch Alter! Du bist der Mann, Du mußt voran!«
    Damit schob sie ihn vorwärts. Er machte eine tiefe Verbeugung, mit dem linken Beine hinten hinaus, wie sie es gewollt hatte, und traf sie in Folge dessen mit dem Stiefelabsatz an den Unterleib, denn sie hatte hinter ihm einen so tiefen Knix gemacht, daß sie fast auf den Teppich zum Sitzen kam.
    »Esel!« wisperte sie ihm zu.
    Sie schob sich an seine Seite und wiederholte den Knix. Der Fürst konnte unmöglich ernsthaft bleiben; er zeigte vor Lachen fast sämmtliche Zähne und sagte: »Sie bringen Ihre Gemahlin mit? Recht so! Da bitte, setzen Sie sich nieder!«
    Das war wirklich zu leutselig! Er wollte gehorchen und krümmte bereits die Kniekehlen, um sich mit einem sammetnen Sessel zu vereinigen. Da aber zog sie ihn an den langen Rockschößen zur Seite und sagte: »Das ist zu hübsch von Ihnen, Herr Fürst, viel zu gütig. Aber wir wissen ganz gut, was sich schickt. Setzen werden wir uns nicht.«
    »Setzen Sie sich immerhin!« meinte er. »Sie kommen ja so weit her; da gilt es, auszuruhen.«
    »Na, wir haben zwar alte Beine; aber so viel Kraft, wie nöthig ist, ein paar Minuten stehen zu bleiben, haben wir noch.«
    »Na, wenn Sie durchaus stehen wollen, so thun Sie es; aber erlauben Sie wenigstens Ihrem Manne, sich zu setzen.«
    »Dem? Erst recht nicht! Wenn ich als Dame stehe, braucht er sich nicht zu setzen. Das schöne Geschlecht hat den Vorzug. Das ist überall so und wird auch bei Ihnen so sein.«
    Dabei

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