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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Beide waren erst kürzlich gebraucht.«
    »Sapperment! Woher wissen Sie das?«
    »Ich war bei Ihnen, als Sie mit meinem Anton in Langenstadt waren, und habe mir Alles genau angesehen, ohne daß Ihre Frau etwas bemerkt hat.«
    »Aber das ist pfiffig!«
    »Nicht so sehr wie Sie denken! Nun aber heraus mit der Sprache! Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß ich es sehr gut mit Ihnen meine und daß ich Ihnen nicht schaden, sondern nützen will. War der Hauptmann bei Ihnen?«
    »Hm, Alte, was sagst Du dazu?«
    »Na, sage die Wahrheit! Der Herr Durchlaucht hat so ein gutes, ehrliches Gesicht, daß wir wohl gar keine Angst vor ihm zu haben brauchen. Wir haben ja gar nicht gewußt, wer der ist, dem wir Unterkunft gegeben haben.«
    »Na denn gut: der Hauptmann war bei uns.«
    »Er kam mit Ihrem Vetter?«
    »Ja.«
    »In dem schwarzen Anzuge, welchen dann der Verwundete anhatte?«
    »Ja.«
    »Für wen gab er sich aus?«
    »Er nannte sich Hirsch. Weiter fragte ich nicht, da er ja mit dem Vetter gekommen war.«
    »Ich verstehe. Sie hielten ihn für einen Pascher?«
    »Hm, ja.«
    »Sehr unvorsichtig von Ihnen!«
    »Das sehe ich jetzt auch ein. Heute würde ich es nicht wieder thun.«
    »Wie kam es, daß er Ihr Haus verließ?«
    »Ich hatte ihm durch den Vetter sagen lassen, daß er gehen solle, da ich ihn nicht länger behalten könne.«
    »So hatten Sie wohl eine Ahnung bekommen, wer er sei?«
    »Ja.«
    »Woher?«
    »Ich wußte wohl von dem Pascherkönig, gar nichts aber von dem Hauptmanne oder dem Baron von Helfenstein. Da war ich in Obersberg zum Jahrmarkt und hörte dort erzählen, daß Schloß Hirschenau ihm gehöre. Der bei mir war, nannte sich Hirsch. Das machte ihn mir verdächtig. Ich fragte weiter und ließ ihn mir beschreiben. Dadurch kam ich zu der Ahnung, daß der Hauptmann bei mir sei.«
    »Und so jagten Sie ihn fort?«
    »Ja.«
    »Warum riefen Sie nicht die Polizei?«
    »Herr, er war mein Gast!«
    »Schön! Aber hörten Sie nicht, welche Preise auf ihn gesetzt waren?«
    »Ja, fünfzehntausend oder zehntausend Gulden.«
    »Die hätten Sie sich doch verdienen können.«
    »Ich mochte nicht, denn ich sage, er war mein Gast.«
    »Diese Gesinnung ist brav. Sie haben Ihren Fehler übrigens wieder gutgemacht, indem Sie nach Langenstadt gegangen sind. Ich begreife, daß Sie mir diese Geständnisse nicht gern gemacht haben, aber es wird zu Ihrem Nutzen sein.«
    »Denken Sie?«
    »Gewiß. Ich nehme an, daß Herr von Eichendörffer Sie nach Verschiedenem fragen wird. Sind seine Fragen für Sie verfänglich, so werde ich schnell einfallen und die Antwort an Ihrer Stelle geben, so daß Sie nicht in Verlegenheit kommen können. Das könnte ich aber nicht thun, wenn Sie nicht in dieser Weise aufrichtig mit mir gewesen wären.«
    »Ja, das sehe ich ein, und darum bin ich Ihnen auch zum allergrößten Dank verpflichtet.«
    Da erhob die Alte ihren Korb, so hoch sie konnte, und sagte:
    »Du, Alter, den Dank wollen wir gleich abstatten.«
    »Ja, Frau: es ist gerade die rechte Zeit dazu.«
    »Wir haben nämlich etwas mitgebracht, Durchlaucht.«
    »Für mich?« fragte er.
    »Ja, für Sie.«
    »Etwas Gutes!« bemerkte der Alte, indem er mit der Hand eine Bewegung machte und den Mund so aufsperrte, als ob er ein Rinderviertel verschlingen wolle.
    »Ja, etwas Feines!« fügte sie unter einem sehr bedeutungsvollen Nicken hinzu.
    »Wohl hier in dem Korbe?«
    »Ja, freilich.«
    »Wahrscheinlich etwas zu essen?«
    »Eine Delicatesse, eine große Delicatesse!«
    »Sie machen mich sehr neugierig!«
    »Es ist eben gerade für Sie! Etwas, was Sie zu gern essen!«
    »So! Kennen Sie denn meinen Geschmack?«
    »Na, den werden wir doch kennen!«
    »Woher denn?«
    »O, den kennt ja das ganze Land!«
    »Davon weiß ich noch nichts. Sollte sich wirklich das ganze Land unterrichtet haben, welche Lieblingsspeisen ich besitze?«
    »Wenigstens von dieser einen wissen’s Alle.«
    »Na, da zeigen Sie einmal.«
    Er war wirklich sehr wißbegierig, was sie ihm als eine so große Delicatesse mitgebracht hatten. Sie öffnete den Korb und zog das schwarzblaue Haferbrod hervor.
    »Ah, ein echtes Gebirgsbrod!« meinte er.
    »Ja, das ist echt!« nickte sie.
    »Das soll für mich sein?«
    »Nein. Das bekommt vielleicht der Wachtmeister.«
    »Welcher Wachtmeister?«
    »Landrock.«
    »In der Wasserstraße?«
    »Ja.«
    »Kennen Sie den?«
    »O, der ist ja mein Vetter!«
    »So logiren Sie wohl bei ihm?«
    »Ja.«
    »Das ist mir lieb. Ich verkehre auch zuweilen bei

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