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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auch!«
    »Ich?«
    »Ja.«
    »Woher vermuthen Sie das?«
    »Vermuthen? Ich weiß es sogar.«
    »Sie kennen meine Geheimnisse?«
    »Eins wenigstens. Nicht wahr, Alter?«
    »Ja,« nickte dieser.
    »Darf ich fragen, welches Geheimniß Sie meinen?«
    Alle waren gespannt, welche Antwort auf diese Frage des Rathes folgen werde.
    »Na, Sie haben auch ein Leibgericht!«
    »Also auf die Leibgerichte ist es von Ihnen abgesehen!«
    »Nicht so ganz; denn eigentlich ist das, was ich meine, nicht Ihr Leibgericht. Sie müssen es aber essen. Sie sind gezwungen.«
    »Gezwungen? Wer zwingt mich?«
    »Na ich sollte nicht davon reden; ich bin gern verschwiegen. Aber denken Sie an Ihr Leiden!«
    »Leiden?« fragte er, ernst werdend.
    »Ja.«
    »Ich habe ein Leiden?«
    »Ja, eine Krankheit.«
    »Sogar eine Krankheit?«
    »Oder vielmehr einen Fehler.«
    »Wo denn?«
    »Na, in der Gegend des Kopfes.«
    Da stieß er ein herzliches Lachen aus, deutete sich an die Stirn und fragte:
    »Wohl gar hier?«
    »Nein.«
    »Wo denn?«
    »Weiter unten.«
    »Das müßte ich ja wissen!«
    »O, Sie wissen es auch; aber Sie sagen es natürlich nicht. Sie dauern mich aber sehr!«
    »Ah, das ist ja sehr hübsch von Ihnen!«
    »Und darum will ich Ihnen helfen.«
    »Womit?«
    »Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, eben Das, was Sie wegen dieser Krankheit essen müssen.«
    »Jetzt bin ich aber im höchsten Grade gespannt!«
    »Nicht wahr? Das glaube ich wohl.«
    »Wo haben Sie denn das Mittel?«
    »Dort im Korbe.«
    Sie ging zu dem Diwan und holte den Korb. Natürlich ahnten Alle irgend eine Teufelei und warteten mit Spannung, was da kommen werde.
    »Das ist ein Präsentirteller,« sagte sie, »auf den kann ich es wohl schütten?«
    »Ja, thun Sie das.«
    Sie nahm das Brod aus dem Korbe und legte es einstweilen bei Seite und schüttete dann die Äpfel auf das Präsentirbrett. Alle traten neugierig herbei.
    »Was ist denn das?« fragte der Rath.
    »Backobst,« antwortete seine Frau.
    »Backäpfel, speciell,« erklärte er nach einer näheren Untersuchung.
    »Ja, aber wilde!« meinte sie.
    »Keine zahmen?«
    »Nein, sondern von Holzäpfeln.«
    »Wozu sind sie denn eigentlich?«
    »Na, das wissen Sie doch!«
    »Beileibe nicht!«
    »Gehen Sie! Verstellen Sie sich doch nicht!«
    »Sollten sie vielleicht zum Essen sein?«
    »Na freilich!«
    »Gekocht?«
    »Versteht sich!«
    »Wie schmeckt denn das Zeug?«
    »Na, es zieht den Gaumen etwas zusammen.«
    »O weh!«
    »Na, Ihnen ist doch grad das sehr lieb, zumal sie schon so alt sind; da ziehen sie viel besser.«
    »Hm! Wie alt sind sie denn?«
    »Einige zwanzig Jahre.«
    »Sapristi! Wo haben sie denn gelegen?«
    »In meinem Manne seinem Hut.«
    »Der dort neben dem Regenschirm liegt?«
    »Ja.«
    »
A quelle délicatesse!
Aber welchen Zweck verfolgen Sie denn nun mit diesen wilden Backäpfeln?«
    »Ich schenke sie Ihnen.«
    »Und Sie meinen, daß ich sie essen soll?«
    »Freilich. Sie schicken ja überall herum und können keine mehr bekommen, wenigstens keine solchen.«
    »Was? Ich schicke herum?«
    »Ja.«
    »Nach solchen wilden Äpfeln?«
    »Ja.«
    »Wer sagt denn das?«
    »Das ganze Land weiß es.«
    »Ah, jetzt naht sich die Lösung,« sagte der Fürst. »Das ganze Land weiß es, daß ich ganz des Teufels auf alten, harten Käse bin. Und das ganze Land weiß es, daß Sie, Herr Rath, überall nach wilden Äpfeln forschen lassen!«
    »So ist es auch!« behauptete die Alte.
    »Wer hat es Ihnen denn gesagt?«
    »Das braucht mir gar Niemand extra zu sagen. Es ist ja überall bekannt.«
    »Gut!« meinte der Rath. »So wissen Sie wohl auch, warum ich solche Äpfel essen muß?«
    »Ja.«
    »Also warum?«
    »Eben wegen Ihrer Krankheit. Die Brühe von den Äpfeln muß die Geschichte zusammenziehen, sonst können Sie ja gar nicht reden.«
    »Nicht reden? Jetzt zerplatze ich vor Neugierde, wenn Sie nicht sofort Antwort geben. Welche Krankheit habe ich denn?«
    »Sie werden doch nicht verlangen, daß ich es sage!«
    »Warum denn nicht?«
    »Ich mag sie nicht kränken und blamiren.«
    »Sapperment! Ich will es aber haben, daß Sie mich kränken und blamiren! Heraus damit!«
    »Wirklich?«
    »Ja. Ich befehle es Ihnen sogar.«
    »Na, aber mir schieben Sie dann die Schuld nicht etwa in die Schuhe! Ich bin lieber still.«
    »Nein. Heraus damit! Welche Krankheit habe ich?«
    »Den Wolfsrachen.«
    »Den Wol – – –?«
    Das Wort blieb ihm im Munde stecken.
    »Ja, den heimlichen Wolfsrachen!«
    »Den heiml – – –?«
    »Es heißt

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