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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Staube?«
    »Wegen der Kette nicht. Kein Mensch kann mich bestrafen, wenn ich einen solchen Auftrag ausführe. Aber ich habe auch noch andere Geschäfte mit diesem Salomon Levi gehabt. Wenn er plaudert, faßt man mich beim Kragen. Ich habe einen Gehilfen, welcher schon längst wünschte, mein Geschäft zu kaufen, um selbständig zu werden. Ich bot es ihm an; er bezahlte baar, und so bin ich frei. Ich will mir nun noch die fünfzigtausend Gulden verdienen, dann schüttele ich den Staub von den Füßen und gehe meine Wege.«
    »Ja, wer sich eine solche Summe so leicht verdienen kann!«
    »Und wer eine Baronie so leicht und billig haben kann!«
    »O, es ist schwerer als Sie denken. Woher nehme ich einen Robert von Helfenstein?«
    »Das ist Ihre Sache.«
    »Und wenn ich einen finde, so gehört die Baronie ihm, aber nicht mir.«
    »Sie wird dennoch Ihnen gehören. Sorgen Sie nur dafür, daß der Betreffende ein von Ihnen abhängiges Subject ist.«
    »Was das betrifft, so giebt es allerdings eine ganz gut passende Person. Also Sie gehen nicht herab von Ihrer Forderung?«
    »Nein.«
    »Und wann soll bezahlt werden?«
    »Ich will es doch nicht so streng nehmen. Sie bezahlen die Hälfte, wenn ich Ihnen die Kette gebe, und die andere Hälfte, wenn Sie die Kindersachen in die Hand bekommen.«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis der Freiherr antwortete:
    »Ich will Ihnen jetzt noch keinen Bescheid geben. Kommen Sie übermorgen zu mir nach Rittergut Grünbach; da werden Sie erfahren, was ich beschlossen habe und – – ah, da kommt ja ein Wagen!«
    Man hatte Pferdegetrappel gehört. Die drei Männer traten an das Fenster und blickten in den Schloßhof hinab.
    »Eine offene Kutsche,« sagte der Verwalter. »Es steigen drei Herren aus. Ich kenne sie nicht.«
    »Donnerwetter!« rief Jacob Simeon.
    »Was ist’s. Kennen Sie Einen davon?«
    »Alle Drei! Was wollen diese hier?«
    Der Goldarbeiter war erschrocken, das sah man ihm an.
    »Wer ist es denn?« fragte der Freiherr.
    »Der eine Herr mit der vornehmen, sicheren Haltung ist der Fürst von Befour, die anderen Beiden sind der Staatsanwalt, bei welchem meine Tochter dient, und der Assessor von Schubert, welcher die Untersuchung gegen den Baron Franz von Helfenstein führt.«
    »Alle Teufel! Was mögen sie wollen?«
    »Sie dürfen mich natürlich nicht sehen. Geben Sie mir ein abgelegenes Zimmer, Herr Verwalter.«
    »Mich aber sollen sie sehen!« sagte der Freiherr in entschiedenem Tone. »Ich bin der rechtmäßige Erbe und werde mich als solcher zeigen. Sie stellen mir also diese drei Herren vor!«
    Jacob Simeon wurde in eine abgelegene Stube eingeschlossen, und die beiden Anderen begaben sich nach dem Salon, in welchem die Angekommenen empfangen werden sollten. Dem Fürsten war es nicht eingefallen, sich bei dem Verwalter anmelden zu lassen. Er fragte, wo derselbe sei und trat mit seinen beiden Begleitern unangemeldet ein. Der Verwalter gab sich als solcher zu erkennen und sagte dann: »Darf ich fragen, wer die Herren sind und was sie bei mir wünschen?«
    »Ich bin der Fürst von Befour,« antwortete dieser. »Sie haben von Seiten Ihres zuständigen Gerichtsamtes in Erfahrung gebracht, daß Sie diese Besitzung jetzt nicht mehr für den Baron von Helfenstein, sondern unter behördlicher Inspection zu verwalten haben?«
    »Ja.«
    »Nun, eine solche Inspection wird heute stattfinden.«
    Als er nun die Namen seiner beiden Begleiter nannte, trat der Freiherr auf ihn zu und sagte:
    »Dann werden Sie mir wohl gestatten, an dieser Inspection Theil zu nehmen?«
    Er vermochte es nicht, den Haß zu beherrschen, welchen er gegen den Fürsten hegte, obgleich er denselben noch nie gesehen hatte. Dieser Letztere betrachtete ihn mit einem forschenden, kalten Blicke und fragte dann: »Wer sind Sie?«
    »Ich bin der Freiherr von Tannenstein und hoffe, daß Sie von meiner Existenz gehört haben!«
    »Allerdings,« antwortete der Fürst lächelnd. »Aber was hat diese Ihre unbestrittene Existenz mit der heutigen Inspection zu thun, mein Herr?«
    »Das sollten Sie nicht wissen?«
    »Nein.«
    »Die Helfensteins sind nur eine Seitenlinie der Tannensteins.«
    »Das weiß ich allerdings.«
    »Gegenseitig erbberechtigt!«
    »Ganz richtig!«
    »Die Baronie Helfenstein wird frei –«
    »Glauben Sie?«
    »Ja.«
    »Der gegenwärtige Baron lebt noch!«
    »Man ist überzeugt, daß er nicht mehr lange leben werde.«
    »Ah, ich verstehe! Sie wollen ihn beerben?«
    »Ganz folgerichtig. Es giebt keinen anderen

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