Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zu verhelfen, welches der kleine Robert damals getragen hat.«
    »Wie wollen Sie das anfangen?«
    »Das werde ich Ihnen sagen, wenn wir über unsern Handel einig geworden sind.«
    »Warum nicht eher?«
    »Ich gebe keinem Menschen einen guten Rath, wenn ich nicht selbst einen Nutzen davon haben kann.«
    »Das ist ein sehr menschenfreundlicher Grundsatz. Ich glaube aber, daß Sie uns durch dieses Versprechen nur bereitwillig machen wollen, Ihnen die verlangte Summe zu bezahlen. Uns zu dem Kinderzeug zu verhelfen, das ist doch wohl eine Unmöglichkeit.«
    »Oho!«
    »Ganz gewiß. Sie sagten doch, daß diese Sachen bei den Acten aufbewahrt werden?«
    »Ja.«
    »Sie befinden sich im Gerichtsgebäude, unter Schloß und Riegel.«
    »Natürlich.«
    »Wie wollen wir sie herausbekommen?«
    »Für Denjenigen, der Muth besitzt, ist es gar nicht schwer.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Nun, wenn Sie es nicht glauben, will ich Ihnen sagen, wie das anzufangen ist. Ich thue mir dabei keinen Schaden, da Sie mich ja doch dabei brauchen.«
    »So bin ich neugierig. Es versteht sich ganz von selbst, daß man sich die Sachen bei Nacht holen müßte.«
    »Natürlich nicht bei Tage!«
    »Man müßte also den Schlüssel haben.«
    »Den versorge ich.«
    »Ferner den Schlüssel zu dem betreffenden Zimmer.«
    »Nur den Hauptschlüssel, und den könnte ich bekommen.«
    »Auch den Schlüssel zu dem Schranke, oder überhaupt zu demjenigen Gelaß, in welchem sich das Kinderzeug befindet?«
    »Ja.«
    »Donnerwetter! Das wäre viel!«
    »Sie vergessen, was ich Ihnen gesagt habe. Meine Tochter dient bei dem Staatsanwalte.«
    »Ah! Ich beginne, Sie zu begreifen.«
    »Der Staatsanwalt ist im Besitze aller dieser Schlüssel.«
    »Wissen Sie das?«
    »Ja.«
    »Sollte er wirklich den Thorschlüssel haben?«
    »Auch. Ich habe von meiner Tochter gehört, daß er zuweilen des Nachts nach dem Gerichtsgebäude geht, um zu inspiciren. Er muß also diesen Schlüssel haben.«
    »Hm! Der Gedanke ist nicht schlecht! Also Ihre Tochter soll Ihnen die Schlüssel versorgen?«
    »Ja. Er hat sie stets in den Hosen stecken, welche sie zu reinigen und früh an die Schlafzimmerthür zu hängen hat.«
    »Aber er wird gerade da den Verdacht auf sie werfen.«
    »Nein. Die Schlüssel müssen früh natürlich wieder in der Tasche stecken.«
    »Hm! Ganz gut! Aber kann uns der ganze Plan Etwas nützen? Wohl kaum!«
    »Gnädiger Herr, wie kommen Sie mir vor? Dieser Plan kann Ihnen nichts nützen?«
    »Nein. Man merkt, daß die Sachen gestohlen sind. Später kommen wir und legen sie vor. Man wird uns natürlich sofort beim Schlafittchen nehmen, und zwar als Diebe.«
    Der Goldarbeiter lächelte überlegen und sagte:
    »Darüber bin ich gar nicht bange. Man wird Niemand als Dieb festnehmen, denn die Sachen werden gar nicht vermißt.«
    »Das bilden Sie sich nur gar nicht ein. Diese Sachen haben als Beweismittel einen so hohen Werth, daß man sie sofort vermissen würde, darauf können Sie sich verlassen.«
    »Man kann sie unmöglich vermissen, da sie sich ja stets an Ort und Stelle befinden.«
    »Wieso? Wir nehmen sie ja mit!«
    »Allerdings; aber wir legen andere, täuschend nachgemachte, an ihre Stelle.«
    »Ah! Sapperment!«
    »Begreifen Sie jetzt? Später treten Sie auf und zeigen die echten Sachen vor, auch die echte Kette. Es wird natürlich verglichen; man wird das Andere für nachgemacht erklären müssen, und Sie haben gewonnen.«
    »Hm! Ja, wenn es so leicht ausgeführt werden könnte, wie es gesagt worden ist. Woher Kinderzeug nehmen, welches ganz genauso ist?«
    »Wir holen das Zeug, und meine Frau sieht es sich an. Als frühere Stickerin versteht sie sich auf so Etwas. Sie fertigt die Duplicate an. Unterdessen tragen wir natürlich die Originale zurück. Der Umtausch findet später statt.«
    »So muß man zweimal das Wagniß unternehmen, in das Gerichtsgebäude einzudringen?«
    »Natürlich.«
    »Eine heikle Sache!«
    »Wer die Frucht haben will, muß den Baum schütteln. Ohne Arbeit kein Lohn.«
    »Würden Sie mit helfen?«
    »Ja. Vorausgesetzt, daß Sie die fünfzigtausend Gulden zahlen.«
    »Hm! Ihr Plan ist nicht schlecht; aber wenn man erwischt wird, ist Alles verloren.«
    »Das ist überhaupt stets der Fall. Lassen Sie sich doch nicht erwischen. Das ist die Hauptsache.«
    »Wenn man Jemand finden könnte, der Einem für gutes Geld die Sachen holte!«
    »Sie haben Angst! Ich versichere Ihnen, daß ich keinen Andern als nur Ihnen die Schlüssel versorge. Bei solchen Dingen

Weitere Kostenlose Bücher