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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unnützen Redensarten um sich wirft. Ich pflege zu denken, zu überlegen und dann auch schnell zu handeln.«
    »Haben Sie vielleicht eine Idee?«
    »Eine köstliche.«
    »Heraus damit.«
    »Wie nun, wenn dieser Bertram nicht beweisen könnte, daß er Robert von Helfenstein ist.«
    »Die Beweise liegen doch vor! Sie haben dies ja soeben selbst erzählt.«
    »Ja. Aber wie nun, wenn diese Beweise falsch wären?«
    »Sapperment!«
    »Unecht, nachgemacht!«
    »Mensch, Sie reden nicht ohne Grund und Absicht. Aber es ist doch bewiesen, daß dieser Bertram der Junge ist, welcher vom Schmied in das Findelhaus gebracht wurde.«
    »Das ist wahr. Aber es ist nicht erwiesen, daß dieser Junge auch wirklich der kleine Robert gewesen ist.«
    »Er hat ja die Kette gehabt!«
    »Sie ist unecht!«
    »Alle Teufel! Ist das wahr?«
    »Ja.«
    »Können Sie das beweisen?«
    »Ja, ich allein.«
    »Auf welche Weise.«
    »Durch Vorzeigung der echten Kette.«
    »Die haben Sie, Sie, Sie, Sie?« rief der Tannensteiner in fast fieberhafter Aufregung.
    »Ich nicht. Aber ich kenne einen, der sie hat.«
    »Er muß Sie herschaffen!«
    Jacob Simeon lächelte ihm ruhig in das Gesicht und sagte:
    »Meinen Sie, daß er es thut?«
    »Er muß!«
    »Wer will ihn zwingen?«
    »Ich! Die Kette gehört ihm nicht!«
    »Sie gehört ihm. Wissen Sie, wie er zu ihr gekommen ist? Und wenn Sie ihn zwingen wollen, wo würde er sie nicht Ihnen geben, sondern Robert Bertram, dem sie gehört und welcher der wirkliche Baron von Helfenstein ist.«
    »Verdammt!«
    »Sie sehen, Zwang müssen Sie vermeiden. Durch Güte kommen Sie weiter.«
    »Wer ist denn der Mann, welcher die Kette hat?«
    »Das darf ich natürlich nicht sagen.«
    »Wie aber will ich mit ihm verkehren?«
    »Durch mich.«
    »Hat er Ihnen Auftrag gegeben?«
    »Ja. Ich habe Vollmacht von ihm und kenne die Bedingungen, welche er macht.«
    »Ah! Bedingungen! Ich ahne, daß er uns die Kette vielleicht verkaufen will.«
    »Allerdings beabsichtigt er das.«
    »Wieviel verlangt er?«
    »Fünfzigtausend Gulden.«
    Der Freiherr fuhr entsetzt empor. Auch der Verwalter wich erschrocken zurück.
    »Fünfzigtausend Gulden! Höre ich recht?« fragte der Erstere.
    »Sie haben mich richtig verstanden.«
    »Der Mensch ist wohl irrsinnig?«
    »Schwerlich. Wenn ich meine Meinung aufrichtig gestehen soll, so halte ich seine Forderung für sehr niedrig.«
    »Ich glaube, es rappelt bei Ihnen.«
    »Was ist die Baronie wohl werth?«
    »Millionen natürlich.«
    »Diese gehen Ihnen ohne die Kette verloren.«
    »Mit derselben vielleicht ebenso.«
    »O nein.«
    »Was nützt mir die Kette eigentlich? Ich kann mit ihr doch nur beweisen, daß die Kette Bertrams unecht ist. Was aber antworte ich, wenn man mich fragt, woher ich sie habe, he?«
    Der Goldarbeiter machte ein unendlich pfiffiges Gesicht und antwortete:
    »Das wissen Sie nicht?«
    »Nein, factisch nicht.«
    »Man müßte nur zu der echten Kette einen Robert von Helfenstein finden.«
    Der Tannensteiner fuhr gleich drei Schritte weit zurück.
    »Welch’ – ein – Gedanke!« stieß er langsam hervor.
    »Ja. Es gehört dazu ein junger Mann von zwanzig bis einundzwanzig Jahren, welcher – – –«
    »Schweigen Sie!« rief ihm der Freiherr zu. »Mir kommt da ein Gedanke. Ich muß überlegen!«
    Er ging eine Weile wortlos auf und ab; dann blieb er vor Jacob Simeon stehen und fragte:
    »Also die echte Kette ist wirklich da?«
    »Ja.«
    »Ist sie der einzige Beweis?«
    »Nein. Das Kind hat Wäschestücke gehabt mit
R.v.H.
gezeichnet. Diese sind im Findelhause zurückbehalten worden, liegen aber jetzt beim Beweismaterial im Actenschranke.«
    »Ist der Mann, welcher die Kette hat, weit von hier?«
    »Nein.«
    »Wie lange dauert es, um ihn herbeizuholen?«
    »Er ist schon da.«
    »Wie? Was? Sind Sie es etwa selbst?«
    »Ja.«
    »Und Sie wagen es, fünfzigtausend Gulden zu verlangen?«

    »Das ist außerordentlich billig.«
    Er zuckte hinterlistig über das Gesicht des Tannensteiners. Er machte ein freundliches Gesicht und sagte:
    »Na, wir werden ja einig werden. Zeigen Sie einmal!«
    Jacob Simeon lachte ihm und dem Verwalter in die Gesichter und antwortete:
    »Meinen Sie, daß ich sie mit hier habe?«
    »Nicht?«
    »Fällt mir gar nicht ein. Ich bin ein vorsichtiger Mann und liebe einen ehrlichen Handel. Ich sage Ihnen, wie ich zu der Kette gekommen bin, ich zeige Sie Ihnen, aber ohne Gefahr für mich; ich gebe sie ihnen nur gegen baares Geld, bin aber auch bereit, Ihnen zu dem Kinderzeug

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