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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Unvorsichtigkeit!«
    »Du wärst jetzt todt, erschossen, wenn wir nicht gekommen wären, lieber Max.«
    »So war der Herr, welcher uns half, der Lieutenant?«
    »Ja.«
    »Wo ist er?«
    »Ich weiß es nicht. Ich glaube, er ist den Fliehenden nachgeeilt.«
    »Wie aber habt Ihr Euch hierher gefunden?«
    »Wir betrachteten das Schloß von allen Seiten. Es gab nirgends Licht, als hier an diesem Fenster. Geschah etwas, so geschah es hier. Der Herr Lieutenant verließ uns einen Augenblick, um zu recognosciren. Da kamen die beiden Männer. Sie wollten Euch erschießen. Der Lieutenant stieg dort an der Leiter empor. Sie sahen es und der Eine legte auf ihn an. Hilda ergriff das Gewehr und lenkte den Schuß ab. Sie hat ihm das Leben gerettet.«
    »Wie tapfer! Ihr habt gar nicht gewußt, in welche Gefahr Ihr Euch begabt, als Ihr hierher gingt. Aber wir dürfen jetzt nicht plaudern. Wir müssen uns Simeon’s und dieses Mädchens versichern. Kommen Sie, Herr Bertram!«
    »Um Gottes willen!« sagte Ellen. »Ist’s gefährlich?«
    »Gar nicht. Begebt Euch vorn nach dem Haupteingange. Wir lassen Euch dann ein.«
    »Geht Ihr nicht mit?«
    »Nein. Wir steigen gleich zur Leiter empor. Da haben wir sie augenblicklich.«
    Er eilte mit Robert zur Leiter, stieg in das Zimmer, schob den Riegel zurück und trat in das erleuchtete Gemach. Da saß der Goldarbeiter, welcher die beiden jungen Leute ganz erschrocken anstarrte.
    »Guten Morgen, Herr Simeon!« sagte Holm. »Wo haben Sie Fräulein von Tannenstein?«
    »Sie verließ vor einer Minute das Zimmer.«
    »Wir werden sie finden. Zunächst aber wollen wir uns Ihrer lieben Person versichern.«
    »Oho! Was fällt Ihnen ein! Sind Sie etwa Polizist?«
    »In diesem Augenblicke, ja.«
    »So versuchen Sie es, mich festzunehmen!«
    Er riß den Revolver aus der Tasche; aber Holm hatte ihn in demselben Moment gepackt und entrang ihm die Waffe. Er war dem Alten weit überlegen und drückte ihn zu Boden. Robert machte in Eile zwei Gardinenschnuren los und dann banden sie den Gefangenen.
    »Jetzt nun zu der Dame!« sagte Holm.
    Er nahm das Licht an sich. Sie verließen das Zimmer, schlossen hinter sich zu und zogen den Schlüssel ab. Sie eilten durch Bibliothek, Salon und Empfangszimmer. Alle drei Räume waren leer. Aber im Vorzimmer stand der Diener.
    »Wo ist Ihre Herrin?« fragte Holm.
    »Was haben Sie nach ihr zu fragen?« antwortete er in höhnischem Tone. »Wer sind sie?«
    »Wir sind Polizisten.«
    »Beweisen Sie es!«
    »Sie sind nicht der Kerl dazu, diesen Beweis von uns zu verlangen. Wo ist das Fräulein?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Oho! Wie es in den Wald schallt, so schallt es auch wieder heraus. Sie sind unser Gefangener.«
    »Das lassen Sie sich doch wohl nicht träumen!«
    »Träumen nicht. Sie sind es in Wirklichkeit.«
    »Versuchen Sie es!«
    Er warf sich in eine vertheidigende Stellung.
    »Dummer Mensch!« lachte Holm. »Mit Dir wird gar kein großer Summs gemacht. Da hast Du!«
    Er holte aus und gab ihm mit der Faust einen blitzschnellen und so kräftigen Schlag in’s Gesicht, daß der Getroffene sofort zu Boden stürzte. Holm kniete augenblicklich auf ihn und sagte zu Robert: »Ich glaube, auch hier giebt es Gardinenschnuren. Geben Sie einmal her!«
    In wenigen Augenblicken war auch der Diener gefesselt. Sie schlossen ihn ebenso im Zimmer ein und steckten den Schlüssel zu sich. Draußen war es indessen lebendig geworden. Das übrige Dienstpersonal war erwacht. Sie Alle kamen herbei.
    »Hat Jemand von Euch das Fräulein gesehen?« erkundigte sich Holm.
    »Ja,« antwortete die Köchin.
    »Wo?«
    »Sie hatte ein Packet im Arme und eilte mit dem gnädigen Herrn die Treppe hinab und zum Thore hinaus.«
    »Ihr bleibt Alle hier. Wer nicht gehorcht wird arretirt. Rührt Euch nicht von der Stelle!«
    Die Beiden sprangen die Treppe hinab und zur Thür hinaus. Da standen Ellen und Hilda, ihrer wartend. Sie berichteten, daß der Freiherr mit seiner Tochter an ihnen vorübergegangen sei, in allerhöchster Eile. Noch während sie sprachen, kam ein Mann herbei, in dem sie den Lieutenant von Hagenau erkannten.
    »Ah, hier sind Sie!« sagte er. »Kommen Sie! Ich brauche Sie sehr nothwendig.«
    »Wozu?«
    »Sagen Sie mir erst, ob der Freiherr etwas begangen hat, was ihn strafwürdig macht.«
    »Ja, sehr viel. Er ist leider entkommen.«
    »Sie sollen ihn haben. Ich weiß, wo er ist. Ich sprang den Beiden nach. Sie blieben stehen, ohne mich zu bemerken. Sie waren ganz außer Athem, so daß sie

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