Der verlorne Sohn
nicht eher, als bis ich Licht in diese Sache gebracht habe. Ich werde gleich nachher die ersten Schritte thun. Du hast uns da in eine schauderhafte Lage gebracht. Der Fürst des Elendes ist mein Todfeind. Er wird auf seiner Bedingung bestehen.«
Die Baronin erblaßte.
»Wegen des – des – – Irrenhauses?« fragte sie.
»Ja, das meine ich.«
»Das heißt, Du willst mich wirklich dort interniren lassen?«
Er zuckte die Achsel.
»Was will ich weiter thun!«
Da machte sie eine raubthierähnliche Bewegung. Ihre Augen glühten gleich denen einer Pantherkatze.
»Sage das noch einmal!« zischte sie.
Er zuckte abermals die Achsel und sagte:
»Ich wiederhole, daß es kaum möglich sein wird, mich zu sträuben.«
»Das wäre Dein Verderben!«
»Wieso?«
»Ich würde Alles verrathen, Alles!«
»Man würde Dir nicht glauben, Dir, einer Irren!«
»Diese Irre würde ihre Behauptungen in einer Weise beweisen, daß man sie für sehr geistesgesund halten müßte.«
»So würdest Du Dich mit verderben!«
»Mir dann ganz gleich. Ich habe nicht getödtet. Ich bin Deine Frau; ich bin nicht durch das Gesetz gezwungen, Dich anzuzeigen. Man würde mich nicht bestrafen.«
»Ich würde zur Evidenz erweisen, daß Du die intellectuelle Urheberin meiner Thaten bist.«
»Feigling, dreifacher, tausendfacher Feigling, welcher aus Angst vor der Strafe die Schuld auf seine eigene Frau wirft!«
»Jeder ist sich selbst der Nächste!«
»Glaubst Du, dadurch Dich retten zu können?«
»Nein, aber wir kommen Beide unter das Fallbeil! Uebrigens ist es ja nicht für ewig, daß Du nach Rollenburg sollst!«
»Hm! Wie lange denn?«
»Nur für kurze Zeit, bis die Sache verraucht ist.«
»Das darfst Du mir nicht sagen! Du wärst froh, mich los zu sein. Ich würde niemals wieder frei, und das machte mich in aller Wirklichkeit verrückt. Dann wäre die Hauptzeugin gegen Dich nicht mehr vorhanden! Welch ein Glück für Dich!«
Sie stieß ein höhnisches Lachen aus. Er drückte seinen Grimm hinab und sagte in ruhigem Tone:
»Für so kurzsichtig hatte ich Dich nicht gehalten!«
»Ich bin im Gegentheile nicht kurz-sondern sehr weit-und vorsichtig!«
»Ich glaube das Gegentheil. Es liegt ja in meinem eigenen Interesse, Dich nicht lange Zeit in der Anstalt zu lassen, Deine Rachsucht würde mir ja gefährlich sein. Du sollst nur für kurze Zeit nach Rollenburg. Bereits heute beginne ich daran zu arbeiten, Dich von dort zu befreien.«
»Das klingt ja geradezu verrückt! Wie willst Du bereits heute daran arbeiten?«
»Das erräthst Du nicht? Wer verlangt denn, daß Du nach dieser fatalen Anstalt sollst?«
»Nun, der Fürst des Elendes?«
»Wer sonst noch?«
»Wohl kein Mensch!«
»Was kann Dich also von dort befreien?«
»Dieser Schluß ist nicht leicht zu ziehen! Ich werde frei sein können, sobald dieser Fürst keine Macht mehr über Dich hat.«
»Das ist es, was ich meine. Ich werde erfahren, wer er ist; ich werde ihm die Larve vom Gesicht reißen; ich werde ihn verderben. Ich werde alle meine Unternehmungen einstellen, um mich für jetzt nicht in weitere Gefahr zu begeben, und nur noch daran arbeiten, zu erfahren, wer dieser Mensch ist.«
»Du überschätzest Dich, Du wirst es nicht erfahren!«
»Ich werde alle meine Untergebenen dazu verwenden!«
»Auch das wird nutzlos sein. Er hat bewiesen, daß er mächtiger ist als Du; Du wirst fallen; er wird triumphiren, und ich, ich bleibe – – im Irrenhause!«
Jetzt war sie es, die ganz und gar erregt im Zimmer auf und ab schritt. Er versuchte, ruhig zu erscheinen und sagte: »Gut! Noch haben wir eine Frist von fünf Tagen. Ich werde mir alle Mühe geben, Etwas zu erreichen. Es ist also nicht nöthig, bereits heute einen Entschluß zu fassen!«
»Mein Entschluß ist trotzdem bereits gefaßt: Mich bringt keine Macht der Erde in das Irrenhaus! Da, jetzt weißt Du es!«
Er blickte finster vor sich nieder. In seinem Innern kochte und gährte es; dennoch verrieth er sich nicht. Er kannte Ella. Diesem Weibe gegenüber galt es, die höchste Verstellungskunst in Anwendung zu bringen. Ella war seine größte und gefährlichste Gegnerin. Sie hatte ihn gezwungen, sie zu seiner Frau zu machen. Jetzt haßte er sie. Und wie sehr er sie haßte, das sah er erst in diesem Augenblicke ein. Aber er durfte es ihr nicht merken lassen. Darum sagte er möglichst gleichmüthig:»Es fällt mir ganz und gar nicht ein, Dir diesen Entschluß übel zu nehmen. Es muß verteufelt unangenehm sein, als
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