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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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worden.«
    »Mein Gott! Was ist es, was man Ihnen gestohlen hat?«
    »Alle jene Reichthümer, welche Sie gestern bei mir erblickten. Jedenfalls ist es der sogenannte Hauptmann, welcher bei mir eingebrochen hat.«
    Sie schlug in gut gespieltem Schreck die Hände zusammen und rief:
    »Und das sagen Sie in so gleichgiltigem Tone, sogar mit lächelnder Miene!«
    »Dieses Lächeln wird mir leicht gemacht.«
    »Aber ich begreife es nicht! Bei einem solchen Verluste würde ich vollständig untröstlich sein!«
    »Nun, so schlimm ist es nicht! Erlauben Sie mir, Ihnen ein Geheimniß zu verrathen?«
    »Ja, ja! Aber schnell!«
    »Ich kann es Ihnen nur verrathen, wenn Sie mich Ihrer vollständigen Verzeihung versichern.«
    »Gewiß, gewiß erhalten Sie meine Verzeihung, wenn ich auch jetzt noch nicht weiß, wofür! Also, sprechen Sie!«
    »Nun, alles, was Sie gestern sahen, war unecht.«
    »Unmöglich!«
    »Sogar sehr wirklich!«
    »Diese Gefäße und Geschmeide?«
    »Unecht!«
    »Diese Steine?«
    »Unecht!«
    »Sie sehen mich ganz wortlos vor Erstaunen!«
    »Glücklicher Weise höre ich Sie doch noch sprechen. Ja, ich gestehe Ihnen, daß ich Sie gestern ein klein Wenig getäuscht habe. Zwar besitze ich diese sämtlichen Gegenstände echt, auch die Steine; aber sie sind da aufbewahrt, wohin Niemand kommen kann. Was Sie sahen, war imitirt. Auf diesen kostbaren Gedanken hat mich der Fürst des Elendes gebracht.«
    »Der Fürst des Elendes? Kennen Sie ihn?«
    »Nein: es kennt ihn ja kein Mensch. Aber da handelt es sich abermals um ein Geheimniß, von dem ich nicht weiß, ob ich es Ihnen verrathen darf.«
    »O, ich bitte sehr um diese Mittheilung!«
    »Nun wohl! Mein Koch hat einen Freund, welcher bei der Polizei angestellt ist. Dieser Freund hat ihm im Vertrauen mitgetheilt, daß man in dem Fürsten einen hiesigen, gewandten Geheimpolizisten zu verstehen hat. Durch den Koch erhielt ich auch die Mittheilung, daß bei mir früher oder später ein Einbruch stattfinden werde, und so sorgte ich für Imitationen. Diese wurden mir während dieser Nacht gestohlen«
    »Alles? Alles?«
    »Ja, Alles!«
    »Und doch wie schade! Die Imitationen waren meisterhaft angefertigt!«
    »Des Abends scheint es so. Ihr Werth ist dennoch ein sehr geringer. Ich mußte beinahe lachen, als ich vorhin einen Theil des Verlorenen zurückerhielt.«
    »Man hat Ihnen Etwas restituirt?«
    »Ja, Das, das man vorher jedenfalls für das Kostbarste gehalten hatte, nämlich die Steine.«
    »O, ich erstaune!«
    »Sehr mit Unrecht. Als ich erwachte, brachte man mir ein kleines Packet, welches ein Fremder für mich abgegeben hatte. Ich öffnete es, es enthielt – die zwei Beutel mit den Steinen, welche ich Ihnen gestern als echt bezeichnet hatte. Dadurch wurde ich erst aufmerksam gemacht, daß ich bestohlen worden sei. Ich sah sofort nach und fand den ganzen Schrank geleert. Die Diebe haben den Coup wahrhaft meisterhaft ausgeführt und mir dann, als sie erkennen mußten, daß sie betrogen worden seien, aus Ironie die Steine wieder zugestellt.«
    Bei dieser Erzählung des Fürsten holte die Baronin tief und erleichtert Athem. Es war, als ob ihr die Last eines Berges von der Brust gewälzt worden sei, und als der Fürst sich nach kurzer Zeit von ihr verabschiedet hatte, nachdem von ihr bemerkt worden war, daß der Baron noch im Schlafe liege, da er bis früh im Casino gewesen sei, da ließ es ihr keine Ruhe; sie eilte zu ihrem Manne.
    Dieser war erst vor wenigen Augenblicken heimgekehrt, ohne daß sie ahnte, daß er ausgegangen gewesen sei. Er öffnete, als sie klopfte. Er sah ihr strahlendes Gesicht und blickte sie fragend an.
    »Eine gute, eine ausgezeichnet frohe Botschaft ist es, die ich bringe!« sagte sie.
    »Wir wollen es hoffen, denn wir brauchen sie. Ich habe eine schlimme!«
    »Was Schlimmes könntest Du haben? Du schliefst ja?«
    »Nein. Ich war fort. Ich bin nach dem geheimen Schatzamte gegangen und habe mich allerdings höchst enttäuscht gesehen!«
    »Wieso?«
    »Alles unecht, imitirt! Ganz werthlos für uns!«
    »Ich weiß es. Der Fürst war soeben da.«
    »Ah! Wie verhielt er sich?«
    »Wie wir es nur wünschen können.«
    Und nun erzählte sie ihm Wort für Wort ihre Unterhaltung mit dem Fürsten. Am Schlusse fügte sie hinzu:
    »Du siehst also, daß er keine Spur von Verdacht hegt.«
    »Das ist höchst willkommen! Also der Elendsherr ist ein Polizist! Das ändert aber in sonstiger Beziehung wenig. Er hat zwar Wort gehalten, dem Fürsten von Befour nichts zu

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