Der verlorne Sohn
und der Dichter wird erhalten das Fräulein als Christgeschenk!«
»Gott Abrahams! Wird er Sie nehmen?«
»Weiß ich es? Ah, könnte ich es erfahren? Könnte ich dabei sein! Könnte ich sehen, was sie thun, und hören, was sie sprechen!«
Da schnippste der Alte mit den Fingern und rief:
»Das kannst Du; das kannst Du ganz gut, Judith, mein Tochterleben!«
»Alles hören?«
»Nein; aber Alles sehen kannst Du.«
»Wenn das möglich wäre! Aber wie sollte es möglich sein!«
»Was bist Du dumm, und hast doch einen so klugen Vater! Hast Du nicht eine Freundin, welche heißt Sarah Rubinenthal?«
»Die habe ich. Aber was soll die?«
»Ist nicht der Vater dieser Freundin ein Mann, welcher verkauft und verleiht Möbels und Meublements?«
»Ja, ja! Weiter!«
»Wohnt dieser Rubinenthal nicht gerade gegenüber von dem Hause, in welchem wohnt der Oberst von Hellenbach?«
»Herr Zebaoth! Daran habe ich nicht gedacht!«
»Du wirst gehen, um zu besuchen Deine Freundin Sarah Rubinenthal –«
»Das werde ich, sofort!«
»Und wirst Dich stellen an das Fenster, um zu belauschen Alles, was zu sehen ist drüben hinter den Fenstern. Wenn er nicht mag die Tochter des Obersten, so soll er werden mein Eidam. Nimmt er aber diese Tochter, so –«
Er hielt inne. Er wollte eine Drohung aussprechen, es fiel ihm aber leider keine ein.
»Nun?« fragte Judith. »Was willst Du dann mit ihm thun, wenn er wird untreu Deiner Tochter?«
»Weiß ich’s? Ich weiß es nicht!«
Ihr Gesicht hatte einen ganz anderen Ausdruck bekommen. Ihre Augen leuchteten rachgierig auf.
»Aber ich weiß es,« sagte sie.
»Nun, was sollen wir thun?«
»Will er nicht haben meine Hand, so soll er auch nicht bekommen seinen Adel!«
Da schlug der Alte die Hände zusammen. Er sagte:
»Gott der Gerechte! Habe ich Dich vorhin geheißen dumm, und bist Du doch gescheiter zehnmal mehr als Dein Vater! Ja, wir haben ja seine Kette!«
»Wir geben sie ihm nicht wieder!«
»Er wird sie verlangen! Können wir sie ihm verweigern?«
»Nein; aber er muß vorher bezahlen!«
»Er kann bezahlen, wenn er wird der Schwiegersohn des reichen Obersten von Hellenbach. Dann müssen wir ihm zurückgeben die Kette.«
»Geben wir ihm eine andere!«
Der alte Wucherer machte eine Geberde der Ueberraschung.
»Eine andere?« fragte er. »Judithleben, was bist Du geworden ganz plötzlich doch so klug und weise.«
»Habe ich nicht recht?«
»Ja, sehr recht hast Du, meine Tochter! Soll ich verlieren den berühmten Eidam; soll ich nicht werden ausgehauen in Stein mit Rebecca, meinem Weibe, so soll er auch verlieren die Kette und den Adel. Die Tochter des Obersten darf nur heirathen Einen, welcher hat den Adel.«
»Ja. Sie darf ihn ohne Adel nicht nehmen, und dann wird er kommen dennoch zu mir. Und nachher, wenn er ist geworden mein Mann, werde ich ihm geben die Kette und den Adel!«
»Das muß aber gemacht werden sehr geschickt. Die Kette ist zu verwechseln sehr leicht. Ich habe Ketten, welche sind unecht und dennoch aussehen grad wie die seinige. Aber das andere, das Herz, das Medaillon, worauf ist gravirt die Krone des Barons und die Buchstaben
R.v.H.
, das ist schwer, denn es muß gemacht werden anders und dennoch sein ganz ähnlich wie vorher.«
»Hast Du nicht Jacob Simeon, den Goldarbeiter?«
»Ja, den habe ich.«
»Ist er nicht gegeben ganz und gar in Deine Hände? Kannst Du ihn nicht zwingen, zu machen Alles, was Du willst?«
»Ich kann ihn zwingen. Aber was soll er machen?«
»Ein anderes Herz, welches ist ähnlich dem richtigen.«
»Gut! Ich werde ihm befehlen, es zu machen. Aber die Krone?«
»Laß ihm machen eine Krone, welche ist auch ähnlich, aber nicht eine Adelskrone!«
»Auch das soll er machen. Aber die Buchstaben?«
»Er soll machen ganz dieselben zwei großen Buchstaben, damit es ist ganz ähnlich, aber er soll nicht machen zwischen sie hinein ein
v.
sondern ein
u.
«
»Warum soll er machen ein
u
?«
»Das heißt ›und‹. Dann steht nicht da ein adeliger Name, sondern es stehen da die Anfangsbuchstaben von zwei Namen. Das giebt eine ganz andere Bedeutung.«
»Gott Israels! Habe ich doch nicht geahnt, welcher Scharfsinn wohnt in dem Kopfe meiner Tochter.«
»So thue, was ich Dir gesagt habe!«
»Ich werde gehen morgen zu Jacob Simeon.«
»Nein; Du wirst gehen gleich heute noch. Wenn der Dichter sich verlobt mit der Tochter des Obersten, wird er gleich haben Geld und morgen schon kommen, zu bezahlen seine Schuld. Dann muß bereits fertig
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