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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das ist mir lieb, denn solche Leute brauche ich! Ich werde Dich in meine Dienste nehmen!«
    »Das magst Du nur bleiben lassen! Mich bekommst Du nicht!«
    »Oh, ich werde Dich zwingen!«
    »Versuch’s!«
    »Ich habe schon manchen anderen Widerspenstigen gezwungen, und dann ist er ein ganz tüchtiger Kerl geworden.«
    »Ein Spitzbube ist er geworden! Laß mich! Ich muß nach Hause gehen!«
    »Warte noch ein Weilchen! Erst müssen wir fertig sein. Du weißt, daß ich Herr über Leben und Tod bin?«
    »Dieses Recht hat Dir Keiner gegeben!«
    »So habe ich es mir genommen und werde es ausüben, so lange es mir gefällt. Ich gebe Dir drei Tage Bedenkzeit. Sagst Du bis dahin nicht Ja, so lasse ich Dich erschießen!«
    »Das erschreckt mich nicht. Schieße lieber gleich zu!«
    »Gut, so lasse ich Deine Eltern und Geschwister sterben!«
    »So bist Du der Mörder und nicht ich bin es!«
    »Oder ich erschieße Dir die Liebste!«
    »Ich habe keine!«
    »Oho! Hofmanns Angelica!«
    »Die geht mich nichts an!«
    Da legte der Waldkönig seine Hand auf die Schulter Eduards und fuhr fort:
    »Mensch, bist Du denn nicht gescheidt? Hast Du noch nicht gehört, wie viel bei der Pascherei verdient wird?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Nun, Du bist kein unebener Kerl, und ich will Dir sagen, daß so Einer, wie Du, sich jährlich wohl an die dreitausend Gulden verdienen kann!«
    »Das ist Lüge!«
    »Nein; das ist Wahrheit. Und außerdem gebe ich Dir, wenn Du zusagst, auf der Stelle einen Hundertguldenschein als Angeld, als Geschenk.«
    »Und was hätte ich da zu thun?«
    »Meinen Befehlen zu gehorchen!«
    »Und was sind das für Befehle?«
    »Davon brauchst Du jetzt nichts zu wissen. Tritt bei, und ich werde Dir antworten.«
    »Höre, Pascherkönig, ich bin ein armer Teufel und jetzt ohne Arbeit, meine Eltern und Geschwister sind auf mich angewiesen, und ich kann ihnen jetzt kein Brod schaffen; auch brauche ich wegen anderer Dinge sehr nothwendig Geld, besonders wenn ich es gleich erhalten könnte; aber mein Leben, meine Seele, meine Ehrlichkeit und mein Gewissen verkaufe ich Dir nicht für eine Million. Laß mich fort! Was Du sagst, ist unnütz in den Wind geredet.«
    Er wollte fortgehen, aber der Waldkönig hielt ihn zurück und sagte in strengem Tone:
    »Halt! So kommst Du mir nicht fort! Es ist das letzte Mal nicht, daß ich mit Dir darüber spreche. Ich muß Dich haben; ich will Dich haben, und ich werde Dich haben! Ich werde Dich schon wieder treffen. Sagst Du aber einem einzigen Menschen, auch Deinem Vater, daß Du mit mir gesprochen hast, so seid ihr Alle unglücklich!«
    »Ich bin keine Plaudertasche!«
    »So sei froh!«
    »Und eine große Ehre ist es auch nicht etwa, mit Dir gesprochen zu haben. Ich werde mich hüten, davon zu reden. Also, gute Nacht und guten Weg.«
    Er ging, ohne von dem Pascherkönige zurückgehalten zu werden. Dieser Letztere blieb stehen, ließ ihn eine Strecke fortkommen, drohte ihm sodann mit geballter Hand nach und murmelte: »Warte nur, Hundebursche; mir entkommst Du doch nicht! Pascher mußt Du werden, damit sie Dich fangen, damit Du in das Zuchthaus kommst! Die Engelchen darfst Du nicht bekommen. Geht es nicht freiwillig, so brauche ich Gewalt. Mächtig genug sind wir dazu!«
    Als Eduard in das Städtchen zurückkam, war es noch nicht sehr spät am Abende. Er wollte noch nicht nach Hause, denn er wußte, daß er doch noch nicht schlafen könne. Er wollte erst über die Begegnung mit dem Waldkönige nachdenken, und schlenderte also langsam die Gasse hinauf.
    Da kam ihm ein Mädchen entgegen, und eben, als sie an ihm vorbei wollte, erkannte er sie, trotzdem sie wegen der Kälte ein Tuch um den Kopf geschlagen hatte.
    »Engelchen!« sagte er.
    »Was giebt’s?« fragte sie kurz und schnippisch, indem sie zwar stehen blieb, sich aber nicht zurückwendete.
    Er trat zu ihr und sagte:
    »Bleibt’s bei dem, was Du gesagt hast?«
    »Ja.«
    »Du gehst wirklich auf den Ball?«
    »Ja.«
    »Gut, so gehe ich auch!«
    »Auf den Ball?«
    »Nein, sondern anderswohin!«
    »Wohin denn?« fragte sie neugierig.
    »Unter die Pascher!«
    Sie erschrak doch. Aber im nächsten Augenblicke sagte sie sich, daß der ehrliche Bursche das niemals thun werde.
    »Ja,« antwortete er.
    »Geh! Wie wolltest Du das anfangen?«
    »Sehr leicht und einfach. Ich habe soeben mit dem Waldkönige gesprochen!«
    »Herjesses! Und er hat Dir nichts gethan?«
    »Nein. Er ist sogar sehr freundlich mit mir gewesen. Er hat mir mehrere tausend Gulden

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