Der verlorne Sohn
erkannte sogleich Eduard Hauser. Dieser hatte ihn auch erkannt und wollte höflich grüßend vorüber, aber Arndt blieb stehen, gab ihm die Hand und sagte: »Nun, haben Sie Wort gehalten in Beziehung auf die Verschwiegenheit, welche ich forderte?«
»Ja, Herr. Nur der Vater weiß es.«
»Und es war große Freude vorhanden?«
»O, wie große! Der liebe Gott vergelte es Ihnen!«
»Na, Sie können es jetzt gebrauchen. Wie ich erfahren habe, hat sich heute Ihre Familie verdoppelt?«
»Freilich! Aber das macht keinen Schaden. Wir bekommen es bezahlt. Denken Sie sich, der Herr Pfarrer hat meinem Vater fünfzig Gulden gegeben!«
»Das ist wohl viel!«
»Ungeheuer viel!«
»Und dennoch brauchen Sie Geld!«
»Ich? Wieso.«
»Nun, Sie haben es doch vorhin gesagt!«
»Davon weiß ich kein einziges Wort!«
»Zu mir allerdings nicht.«
»Zu wem sonst? Ich war in der Försterei; aber auch da wüßte ich nicht, etwas Derartiges gesagt zu haben.«
»Aber auf dem Nachhausewege!«
»Dort? Ah – zu – wem?« fragte Eduard stockend.
»Haben Sie da mit Niemand gesprochen?«
»Nein – ja – ja – doch – aber, woher wissen Sie das?«
»Ich sah Sie mit einem Manne auf der Straße stehen.«
»Kannten Sie ihn?«
»Nein. Aber ich hörte jedes Wort, was gesprochen wurde. Herr Hauser, Sie sind aus dieser Versuchung glanzvoll hervorgegangen. Ich freue mich sehr.«
Da trat Eduard zurück, betrachtete den Sprecher genau und sagte in beinahe erschrockenem Tone:
»Sapperlot, Sie sind doch nicht etwa gar der Waldkönig?«
»Nein, mein Lieber. Ich will Ihnen vielmehr offen gestehen, daß ich ihn fangen will.«
»Fangen? Sie? Ah!«
»Ja. Ich habe erkannt, daß ich Ihnen trauen darf. Sie haben es abgeschlagen, ihm zu dienen. Jetzt will ich einmal sehen, ob Sie auch mir den Antrag, den ich Ihnen stellen will, abschlagen werden. Wollen Sie sich tausend Gulden verdienen?«
»Tau – tau –! Mein Gott! Natürlich, ja! Ich lecke alle zehn Finger darnach! Aber womit soll ich mir eine solche Summe verdienen?«
»Ich sagte bereits, daß ich den Waldkönig fangen will, aber nicht allein, sondern mitten im Neste und umgeben von allen seinen Spießgesellen. Wenn dies durch Ihre Hilfe geschieht, zahle ich Ihnen eine Prämie von tausend Gulden.«
»Ist das wahr? Herr, da mache ich mit, auf der Stelle!«
»Halt, nicht so schnell! Es wird Zeit dazu gehören, und wovon wollen Sie bis dahin leben?«
»O, wir brauchen jetzt nicht zu hungern!«
»Ganz recht; aber Sie werden Extraausgaben haben. Ich werde Ihnen also wöchentlich zwanzig Gulden Löhnung geben.«
»Zwanzig Gul – wöchentlich!«
Das Wort Gulden blieb ihm im Munde stecken. Eine solche Summe pro Woche, das war unerhört.
»Ja, zwanzig Gulden! Ich glaube, daß Sie da reich werden.«
»Natürlich, natürlich! Da kann ich ja leben wie ein Fürst oder wie der Herrgott in Frankreich! Aber, was habe ich zu thun?«
»Zunächst nichts. Ueberlegen Sie es sich einmal, wie wir es anfangen müßten, zu erfahren, wer der Pascherkönig ist. Sobald Sie einen guten Gedanken haben, kommen Sie nach der Försterei, um ihn mir mitzutheilen.«
»Darf der Förster davon wissen?«
»Nur er allein, sonst weiter kein Mensch.«
»Ich werde verschwiegen sein. Es wird keine Silbe über meine Lippen kommen.«
»Das ist allerdings die erste Bedingung, welche ich habe. Und sodann suchen Sie zu erfahren, welcher Name hier im Orte, nämlich Vor-und Zuname, mit den beiden Buchstaben T. und M. beginnt.«
»Steht das im Zusammenhange mit dem Waldkönige?«
»Ja. Und dann weiter verlange ich auch in allen übrigen Angelegenheiten die vollste Aufrichtigkeit.«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
»Gut! Ich werde Sie da gleich einmal auf die Probe stellen. Sagten Sie nicht zu dem Waldkönige, daß Sie Geld brauchten?«
»Ja, zum Leben, weil ich keine Arbeit habe.«
»Nicht blos zum Leben. Es war mir, als hätten Sie gesagt, daß Sie auch außerdem, für etwas Anderes, Ausgaben nöthig haben?«
»Hm! Ich darf nicht lügen. Aber es ist eine eigene Sache!«
»Seien Sie immerhin offen. Sie dürfen Vertrauen zu mir haben!«
»Nun gut, so will ich Ihnen gestehen, daß – daß ich – daß ich einen Maskenball besuchen muß.«
»Einen Maskenball? Besuchen muß, sagen Sie? Sie wollen nicht nur, sondern Sie müssen sogar?«
»Ja.«
»Warum?«
»Um – um – ein – um ein Mädchen zu retten.«
»Ah! Siehe da! Kommt hier wirklich das Engelchen in’s Spiel, welches von dem Waldkönig genannt
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