Der verlorne Sohn
welcher es warm war. Sie brannte eine Lampe an und zeigte auf einen Stuhl, auf den er sich setzen sollte. Er that es. Sie legte das Tuch ab, welches sie bis jetzt getragen hatte, trat zu ihm, legte ihm den Arm um den Hals, blickte ihm liebevoll in die Augen und sagte:»Ich wollte Dein liebes, gutes Gesicht heute noch einmal beim Licht sehen, Eduard. Bist Du mir wirklich nicht mehr bös?«
»Nein! Kein Bischen mehr,« antwortete er, indem er den Arm um ihre Taille legte und sie an sich drückte.
»Und Du wirst mich ebenso lieb behalten, auch wenn ich keine Italienerin mehr bin?«
Da leuchtete sein Gesicht freudig und glücklich auf. Er errieth jetzt, weshalb er noch einmal mit in die Stube kommen sollte. Sie hatte sein Gesicht sehen wollen? Ja; aber das war wohl nicht die Hauptsache. Er hatte ihr gesagt, daß er erst erkannt habe, wie schön sie sei, als sie dieses Gewand getragen hatte. Sie wollte sich ihm in dieser Schönheit noch einmal zeigen; sie wollte ihm damit ihre Liebe beweisen und ihm ein Geschenk damit machen, welches für ihn von hohem Werthe war.
»Bleib so fromm und gut wie heut,« sagte er, »dann kannst Du meiner Liebe für das ganze Leben versichert sein.«
Sie schmiegte sich innig an ihn und antwortete:
»Eduard, nun Du von Deiner Liebe wirklich zu mir gesprochen hast, fühle ich erst, daß ich ohne Dich gar nicht leben möchte, daß ich von Dir nie und nimmer lassen kann.«
Das Herz wollte ihm springen vor Seligkeit.
»Engelchen,« sagte er, »heute Morgen, ja, heute Morgen noch solch’ ein Herzeleid, und nun heute Abend dieses Glück! Ich vermag es kaum zu fassen!«
»Ja, ich habe sehr Vieles gut zu machen! Eins aber kann ich Dir sagen: So, wie ich jetzt bei Dir stehe, soll mich kein Mensch mehr sehen, als nur Du allein!«
»Das gebe Gott! Und nun will ich gehen. Nicht?«
»Ja. Schlaf wohl, und gute Nacht!«
Sie umarmten sich und küßten sich innig; dann ging er. Er verließ das Haus durch die Hinterthür, an welcher es noch einen letzten Abschiedskuß gab, und stieg dann gleich über den Zaun hinüber in seinen Garten. Dort lößte sich zu seiner Verwunderung eine Gestalt von der Wand los und kam ihm einige Schritte entgegen. Er erkannte den fremden Mann, welcher in der Schänke Seidelmann zurückgeschleudert hatte, und ahnte nun, wen er vor sich habe.
»Der Fürst – –?« fragte er leise.
»Des Elendes,« fügte der Andere hinzu. »Sie kannten mich nicht?«
»In der Schänke nicht. Ich begreife nicht, woher Sie die vielen und so verschiedenen Gestalten nehmen!«
»Kenntniß, Uebung und Geschwindigkeit, das ist Alles! Sie waren wohl in eine Schlägerei gerathen?«
»Ja. Seidelmann wollte mir mein Mädchen verführen.«
»Darf ich die Erzählung hören?«
»Recht gern.«
Er berichtete ihm das Geschehene und fügte dann hinzu:
»Ich denke aber doch, daß es mir unter Umständen schaden kann, daß ich mich als den Pascherkönig unterschrieben habe.«
»Keine Sorge! Ja, es ist allerdings möglich, daß Ihnen einige kleine Unannehmlichkeiten bereitet werden, ernstlich aber wird es Ihnen nicht schaden können. Aber nehmen Sie sich nun doppelt und dreifach vor diesen Seidelmännern in Acht!«
»Ich werde vorsichtig sein!«
»Hoffentlich trägt Ihre Bekanntschaft mit mir auch etwas zu Ihrem Schutze bei. Ich bin nämlich heute auf eine Vermuthung gekommen, welche Seidelmanns die Köpfe kosten kann.«
»Wirklich? Das wäre!«
»Ja. Was ich Ihnen sage, bleibt natürlich unter uns!«
»Gewiß! Aber, Herr Arndt, vielleicht habe ich da bereits einen sehr großen, unverzeihlichen Fehler begangen.«
»Welchen? Ich will doch nicht befürchten, daß Sie geplaudert haben!«
»Nein; aber dem Engelchen habe ich einige Andeutungen gegeben.«
»Das hätten Sie unterlassen sollen! Was haben Sie gesagt?«
»O, ich war so glücklich, daß Alles so viel anders und besser gekommen war, als ich gedacht hatte, und Engelchen hatte solche Sorge um mich wegen der Rachsucht Seidelmanns, und da sagte ich, daß ich unter dem Schutze eines Mannes stehe, der ein Diener des Fürsten des Elendes sei.«
»Hat sie sich denn nach mir erkundigt?«
»Ja, aber ich habe ihr natürlich keine Auskunft gegeben.«
»Sagten Sie, daß wir uns treffen?«
»Ja.«
»Daß ich Sie besolde?«
»Ja. Es geschah nur, um sie über mich zu beruhigen. Sie hat mir mit der Hand versprochen, zu schweigen.«
»Sie hätten es dennoch unterlassen sollen! Sehen Sie darauf, daß sie ihr Versprechen hält, und thun Sie so
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