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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bleiben! Aber wie habe ich zu gehen, um zu kommen zum Herrn Lieutenant?«
    »Sehen Sie dort an der Thür den zweiten Posten! Der wird Sie anmelden.«
    Der Jude folgte dieser Weisung und wurde durch einige enge Gänge und über einige dunkle Treppen nach einem helleren Vorzimmer geführt, in welchem er zu warten hatte. Der Soldat meldete ihn an und wies ihn dann in ein anderes Zimmer, in welches erst nach längerer Zeit der Lieutenant Bruno von Scharfenberg eintrat.
    Dieser musterte ihn mit wegwerfenden Blicken und fragte dann kurz und rauh:
    »Sind Sie dieser Salomon Levi?«
    »Ich habe die Ehre, es zu sein, gnädiger Herr Lieutenant.«
    »Ich kenne Sie nicht. Was wollen Sie von mir?«
    »Ich komme zu Ihnen nach Rollenburg, weil ich mich habe müssen erkundigen nach Ihrer Wohnung in der Residenz und Sie dort nicht fand zu Hause.«
    »Was hatten Sie dort zu suchen?«
    »Ich suchte dort heute früh den Herrn Lieutenant, weil ich ihm habe zu zeigen ein kleines Papierchen.«
    »Ein Papier?« fragte der Lieutenant. »Meinen Sie etwa einen Brief?«
    »Nein, sondern ich meine dieses Zettelchen, auf welches Sie haben geschrieben Ihren geehrten Namen.«
    Er zog eine Brieftasche hervor und nahm aus derselben einen Wechsel und gab ihn dem Lieutenant hin. Dieser wechselte die Farbe und stieß die Worte hervor: »Donnerwetter! Daran habe ich gar nicht gedacht!«
    »Schadet nichts, gnädiger Herr! Habe doch ich gedacht daran!«
    »Ich hatte mir das Datum nicht notirt.«
    »Das war nicht nöthig, da es doch ist notirt auf der ersten Zeile dieses Acceptchens.«
    Der Lieutenant befand sich in sichtlicher Verlegenheit. Er überflog die auf der Rückseite stehenden Namen und sagte dann mit unsicherer Stimme: »Muß dies denn heute gleich sein?«
    »Ja, heute, weil dieser Tag ist angegeben auf dem Papier.«
    »Ich habe drei Tage Zeit!«
    »Das sagen Schuldner, weiche sind faul in der Casse; der Herr Lieutenant aber ist ein reicher Cavalier; er wird bezahlen die kleine Summe sofort.«
    »Kleine? Sind Sie des Teufels? Zweitausend Gulden!«
    »O, was sind zweitausend Gulden für den Herrn Lieutenant Bruno von Scharfenberg!«
    »Na, ja! Aber ich habe sie augenblicklich nicht in Händen!«
    »Wie? Wird doch haben der Herr Lieutenant das Geld in Bereitschaft, da doch heute ist der Tag der Zahlung!«
    »Ich habe doch bereits erwähnt, daß ich nicht daran gedacht habe.«
    »Das ist mir nicht angenehm. Ich bin gelaufen umsonst nach Ihrer Wohnung und mußte dann fahren für mein Geld und mit großer Versäumniß meiner Zeit nach Rollenburg, um zu präsentiren das Wechselchen. Ich kann nicht zurückkehren ohne den Betrag.«
    »Unsinn! Sie werden warten.«
    Der Jude machte eine Bewegung des Schreckes und sagte.
    »Warten? Warum nimmt man in Zahlung ein Accept? Weil man ist überzeugt, zu erhalten das Geld sofort und augenblicklich bei der Vorzeigung des Papieres.«
    »Pah! Ihr Name ist ein israelitischer. Sie sind Jude?«
    »Ja, ich bin ein Kind des Volkes Israel.«
    »Machen Sie etwa in Wechseln?«
    »Machen? In Wechseln? Ich verstehe nicht, was der Herr Lieutenant meinen. Ich bin ein armer Händler. Ich kaufe ein gebrauchte Sachen, um sie wieder zu verkaufen an arme Leute. Was kann ich von ihnen nehmen für Profit? Einen Kreuzer oder zwei, mehr nicht.«
    »Der Profit scheint denn doch nicht so gering zu sein, da Sie Wechsel in solchen Beträgen giriren. Ich bin überzeugt, daß Sie warten können!«
    »Ich kann nicht warten eine Stunde. Ich muß zurück mut dem nächsten Zuge, um zu bezahlen selbst einen Gläubiger, welcher hat weder Geduld noch Nachsicht mit meiner eigenen Armuth.«
    »O, Euch Juden kennt man. Ihr hängt zusammen wie die Glieder einer Kette. Warten Sie nur ruhig. Ich werde übermorgen bezahlen. Da ist mein Urlaub um, und ich kehre nach der Residenz zurück.«
    »Uebermorgen? Gott meiner Väter! Mein Gläubiger will haben heute das Geld; wie kann ich da warten bis übermorgen?«
    »Flunkern Sie nicht!«
    »Flunkern? Ich sage die Wahrheit, welche ist so rein wie Gold von vierundzwanzig Karat. Ich muß bitten, mir zu bezahlen diese zweitausend Gulden!«
    »Ich kann nicht.«
    »Dann muß ich gehen sofort zum Advocaten, um zu legen Protest auf das Papier.«
    »Mensch! Das werden Sie doch nicht?«
    »Was soll ich sonst thun? Wenn ich nicht protestire, so gilt das Papierchen nur als einfache Verschreibung von der Schuld.«
    »Aber ich bezahle ja noch vor Ablauf der Frist!«
    »Weiß ich’s!«
    »Ich gebe Ihnen mein Wort!«
    »Was

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