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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist?«
    »Warum nicht. Ich überlasse mich Ihrer Führung.«
    »So bitte, kommen Sie!«
    Er nahm Adolfs Arm in den seinigen und zog ihn fort, durch mehrere Straßen, immer fort, bis er endlich auf einem freien Platze halten blieb und nun sagte: »Erwarten Sie wirklich, daß ich mit Ihnen kneipe?«
    »Ganz nach Belieben.«
    »Sie haben das Zeichen gegeben. Es war möglich, daß Sie Verrath beabsichtigten. Wie leicht konnten Sie Polizisten in die Hände fallen. Darum brachte ich Sie hierher, wo Sie keine Vorbereitungen treffen konnten. Jetzt bin ich überzeugt, sicher zu sein. Sie wollen also mit dem Hauptmanne reden?«
    »Ja.«
    »Nun, der Hauptmann ist nicht so dumm, sich dorthin zu stellen, wo ihn Einer erwartet, dessen er nicht sicher ist. Ich hatte Sie abzuholen. Sie werden nur durch Vermittelung zu ihm kommen. Ich übergebe Sie jetzt einem Anderen.«
    Er zog ihn noch eine kurze Strecke weiter fort. Dort stand ein Mann.
    »Das ist er,« sagte er zu ihm und entfernte sich dann.
    »Kommen Sie!« sagte der Andere und schritt mit ihm weiter.
    So wurde Adolf noch zweimal anderen Führern übergeben, bis ihn der Letzte endlich mit den Worten: »Hier warten Sie,« mitten auf der Straße stehen ließ und sich dann schnell entfernte.
    Er wartete. Da hörte er den Schnee hinter sich knirschen. Er drehte sich langsam um und stand nun vor einem Manne, dessen Gesicht nur aus Bart zu bestehen schien.
    »Ich bin der Hauptmann, mit dem Sie reden wollen,« sagte er.
    »Das ist mir lieb um meiner beiden Freunde willen.«
    »Wen meinen Sie?«
    »Die beiden Schmiede Wolf aus Tannenstein.«
    »Die sind Ihre Freunde? Seit wann?«
    »Seit nicht sehr langer Zeit.«
    »Das müßte eigenthümlich zugehen; sie sind ja gefangen.«
    »Ich war es auch.«
    »Ach so! Sie haben sie wohl im Gefängnisse kennen gelernt.«
    »Ja. Ich war in demselben Gefängnisse eingesperrt und wurde zu allerlei Dienstleistungen mit verwendet. Da konnte ich mit den Gefangenen sprechen, und so habe ich auch mit den beiden Wolfs verkehrt.«
    »Sie wurden also zum Vertrauten gemacht?«
    »Das nicht gerade, denn die beiden Männer sind außerordentlich vorsichtig und verschwiegen. Aber es gelang mir, den Botschafter zwischen ihnen zu machen.«
    »Ah, sie befinden sich also nicht beisammen?«
    »Nein; man hat sie sogar in verschiedene Etagen gesperrt. Der Untersuchungsrichter hat ihnen sehr scharf zugesetzt; sie aber gestehen nichts, und ich mußte dem Einen immer von dem Anderen sagen, wie er sich beim nächsten Verhöre zu verhalten habe.«
    »Das war sehr verdienstvoll von Ihnen, aber wohl auch ebenso gefährlich?«
    »Na, ich war vorsichtig.«
    »Wie aber kommt es, daß Sie von ihnen zu mir geschickt worden sind?«
    »Hm, das ist freilich eine heikle Geschichte. Darf ich aufrichtig sein?«
    »Reden Sie von der Leber weg.«
    »Ich bin sehr arm und hatte, als ich entlassen wurde, keine Hoffnung, bald wieder in Stellung zu kommen. Das klagte ich dem alten Wolf, und da sagte er mir, daß ich mir ein hübsches Sümmchen verdienen könne, wenn ich nur wolle. Ich ging natürlich sofort darauf ein.«
    »Was sollten Sie thun?«
    »Die beiden möchten gern heraus!«
    »Das glaube ich! Aber wie!«
    »Ich versprach, ihnen behilflich zu sein. Ich habe ihnen meine Hand und mein Wort gegeben, und da sagten sie, ich solle nach meiner Entlassung in die Residenz gehen und zusehen, ob ich mit Dem sprechen könne, den man hier den Hauptmann nennt.«
    »Hat man Ihnen Namen genannt?«
    »Nein.«
    »Das freut mich von den beiden Wolfs.«
    »Mich aber nicht, denn dadurch ist es mir verteufelt schwierig geworden, Sie zu treffen.«
    »Wer hat Ihnen denn endlich Auskunft gegeben?«
    »Ein alter, pensionirter Cantor.«
    »Ich kenne keinen.«
    »Das glaube ich. Der Mann hatte einmal Zwei belauscht, welche von der Art und Weise, wie man Sie treffen kann, gesprochen hatten. Er theilte es mir mit, und ich habe es versucht. Es ist gelungen.«
    »So richten Sie also aus, was Sie zu sagen haben!«
    »Vorher möchte ich aber doch erst wissen, ob ich das umsonst thun soll oder nicht?«
    »Ich werde Sie gut bezahlen.«
    »Schön! Also die Wolf’s lassen Ihnen sagen, daß sie auf alle Fälle verurtheilt würden. Sie gestehen zwar nichts, aber man hat so viel Beweismaterial gegen sie gesammelt, daß sie auf einen günstigen Ausgang der Untersuchung gar nicht rechnen können.«
    »Sie sind selbst schuld daran. Warum lassen sie sich fangen!«
    »Das geben sie freilich zu. Ich soll Ihnen vor allen Dingen

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