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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ewigkeit, mein Schätzchen. Aber ich konnte nicht, liebes Herz; heute ist der erste Abend, an welchem ich frei habe, und da komme ich natürlich auch gleich zu Dir.«
    »Das ist schön, das ist hübsch von Dir, das freut mich. Aber jetzt habe ich leider keine Zeit.«
    »Wann denn?«
    »Kannst Du nicht in zwei Stunden wiederkommen?«

    »So spät?«
    »Es geht nicht anders. Wir haben mit dem Souper zu thun.«
    »Ist Dein Herr zu Hause?«
    »Nein.«
    »Er will aber zu Hause speisen, wie ich vermuthe, da Ihr so sehr viel zu thun habt?«
    »Ja. Er wird in einer Stunde kommen.«
    »Wo er ist, weißt Du nicht?«
    »Nein. Ich erfahre jetzt überhaupt gar nichts mehr. Früher, als die gnädige Frau noch da war, da war es anders.«
    »Besser?«
    »Viel, viel besser!«
    »So wünschest Du sie zurück?«
    »Von ganzem Herzen!«
    »Hat denn bei Euch Niemand eine Ahnung, wo sie ist?«
    »Kein Mensch.«
    »Auch der Baron selbst nicht?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Hm!« meinte er in bedenklichem Tone. »Wenn ich doch nur genau wüßte, ob Du schweigen kannst!«
    »Was wäre da?«
    »Ich würde Dir Etwas mittheilen.«
    »Du thust ja recht geheimnißvoll!«
    »Ja, freilich.«
    »Also ist’s ein Geheimniß?«
    »Allerdings, und zwar ein großes.«
    »Welches meine Herrin betrifft?«
    »Hm!«
    »Ah, pah! Sei nicht so zurückhaltend!«
    »Man darf nicht davon sprechen.«
    »Aber doch gegen mich!«
    »Eigentlich auch nicht.«
    »Aber ich werde doch schweigen, zumal Du da sagst, daß es sich um meine Herrin handelt.«
    »Wenn ich nur auch wirklich überzeugt sein könnte!«
    »Anton, ich schwöre Dir, daß ich schweigen werde.«
    »O, Ihr Mädchen schwört zu Allem, und dann, grad wenn es gilt, macht Ihr Euch mit Euren Geheimnissen wichtig und plaudert Alles, Alles aus.«
    »Ich nicht, Anton, gewiß nicht! Du sollst es mir auch nicht umsonst mittheilen. Ich gebe Dir Etwas dafür.«
    »Ah! Was denn?«
    »Was Du lange gewünscht hast.«
    »Was wäre das?«
    »Nun, weißt Du, ich habe ganz genau beobachtet, als der Baron einmal die Beinkleider gewechselt hatte und dann im Speisesaale aß, da schlich ich mich in seine Gemächer –«
    »Sapperment! Nach dem Schlüssel etwa?«
    »Ja.«
    »Hast Du ihn?«
    »Er steckte noch in der Hose, die er abgelegt hatte. Und da habe ich ihn heraus genommen.«
    »Das hätte ich eher wissen sollen!«
    »Warum? Da wärst Du wohl eher einmal gekommen?«
    Er sah, daß er sich beinahe vergallopirt hatte, und lenkte also schnell wieder um, indem er antwortete: »Das nicht. Ich hätte auf keinen Fall eher kommen können, aber ich hätte mich doch riesig gefreut. Natürlich hat er den Verlust bemerken müssen?«
    »Freilich wohl. Er hat aber nicht gefragt. Jedenfalls hat er geglaubt, den Schlüssel verloren zu haben. Ich weiß, daß ein anderer gemacht worden ist.«
    »Du hast ihn noch?«
    »Natürlich!«
    »Und Du weißt gewiß, daß es der richtige ist?«
    »Ja. Ich bin des Abends hinter das Palais gegangen und habe probirt. Der Schlüssel schließt famos.«
    »Wo ist er?«
    »Ich habe ihn einstecken.«
    »Herrlich! Nun kann ich zu Dir, wann es mir beliebt! Bitte, gieb ihn her!«
    »Halt! Nicht so rasch! Du bekommst ihn nur dann, wenn Du mir Dein Geheimniß mittheilst.«
    »Na, da es so ist, sollst Du es erfahren. Aber vorher muß ich den Schlüssel haben.«
    »Weiter nichts?«
    »Was noch?«
    »Weißt Du, Anton, daß Du in neuester Zeit recht gleichgiltig geworden bist? Nicht einmal ›guten Abend‹ hast Du gesagt, und von einem Kusse ist erst recht gar keine Rede gewesen. Also, den Schlüssel und einen Kuß!«
    »Daß Ihr Mädchens doch immer und immer geküßt sein wollt! Schmeckt denn ein Schnurrbart gar so ausgezeichnet? Na, komm her! Einen, zwei, drei! Ist das genug?«
    »Noch drei solche! Weißt Du, solche herzhafte!«
    »Gut! Werde mir Mühe geben! Also: Eins, zwei und drei! Da sind sie! Amen!«
    »Schön! Hier ist der Schlüssel!«
    »Danke, mein liebes Kind!«
    Er steckte diesen wichtigen Gegenstand sofort in die Tasche.
    »Nun aber das Geheimniß!«
    »Gleich! Aber ich denke, Du hast keine Zeit!«
    »Für Geheimnisse allemal!«
    »So will ich Dir sagen, daß Du vielleicht Deine Herrin baldigst wiedersehen wirst.«
    »Herrgott! Lebt sie noch?«
    »Wie es scheint.«
    »Wo ist sie?«
    »Ja, das ist schwer zu sagen. Ich habe nämlich zwei Menschen belauscht, welche von ihr sprachen.«
    »Wer waren sie?«
    »Polizisten.«
    »O weh! Hat die Polizei damit zu schaffen?«
    »Natürlich! Wenn ein Mensch

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