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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist. Du stellst Dich innerhalb derselben auf, damit ich schnell hinauskomme, falls ich zum eiligen Rückzug gezwungen bin.«
    »Wo aber stecken Sie sich hin?«
    »Da hinter das Bett. Hier ist der Schlüssel. Gehe jetzt!«
    Adolf wollte noch einen Einwand machen. Er wollte den Fürsten nicht in einer so gefährlichen Lage allein lassen, zog sich aber auf einen gebieterischen Wink desselben zurück.
    Jetzt nun untersuchte der Fürst das Bett. Es stand zwischen vier Säulen, welche einen blauseidenen Wolkenhimmel trugen. Reiche Gardinen von eben solcher Seide wallten hernieder. Zwischen diesen letzteren und dem eigentlichen Bette war so viel Raum, daß der Fürst ganz gut Platz fand. Er machte es sich bequem, indem er sich auf den Teppich niedersetzte und nun das Commando erwartete.
    Es dauerte nicht lange, so kam der Baron in sein Arbeitscabinet. Ein Diener schien ihm zu folgen.
    »Höre, Jean,« sagte der Baron. »Gegen zehn Uhr wird eine Person oder werden zwei Personen nach mir fragen, welche zum Arbeiterstand gehören. Der Grund ihrer Anwesenheit bezieht sich auf die Verwaltung eines meiner Güter. Sie werden vorgelassen, und Du bringst sie mir hierher.«
    »Sehr wohl, gnädiger Herr.«
    »Jetzt ist’s gut!«
    Der Diener entfernte sich und der Baron begann, in seinem Zimmer ruhelos auf und ab zu gehen.
    So verging über eine Viertelstunde. Da hörte der Fürst harte Schritte; es öffnete sich eine Thür und die Stimme des Dieners erklang: »Hier, gnädigster Herr, ist der Mann.«
    »Gut. Kannst abtreten.«
    Als der Diener die Thür hinter sich zugemacht hatte, hörte der Fürst den Eingetretenen sagen:
    »Herr Baron, Sie werden –«
    »Pst! Schweigen Sie!«
    Der Baron trat an die Thür und lauschte. Dann öffnete er dieselbe leise und blickte hinaus, bevor er sie wieder verschloß. Dann sagte er.
    »So; der Diener ist wirklich fort. Diese Menschen sind oft im höchsten Grade neugierig. Jetzt können wir reden.«
    »Haben Sie meine Depesche erhalten?«
    »Ja. Dort liegt sie. Aber, Mensch, was ist Euch denn eingefallen, he!«
    »Na, sollen wir noch länger stecken bleiben!«
    »Nein. Aber zu morden braucht Ihr doch nicht!«
    »Es ging nicht anders.«
    »Da liegt ein Extrablatt, welches nach dem telegraphischen Berichte Alles bringt. Es herrscht eine fürchterliche Aufregung. Die Polizei des ganzen Landes ist auf den Beinen.«
    »Wir auch.«
    »Spotten Sie nicht, Wolf! Ihre Lage ist gefährlich genug!«
    »Ganz und gar nicht. Ich bin bei Ihnen.«
    »Sie denken, daß ich mich Ihrer abermals annehmen werde?«
    »Ich denke es nicht blos, sondern ich weiß es.«
    »Sie sind es gar nicht werth.«
    »Oho!«
    »Nein. Als ich Sie aus Tannenstein fortschaffte, da hatten Sie nichts Eiligeres zu thun, als die Dummheit zu machen, sich in dem Kohlenwerk zu verstecken. Dort hat man Sie ganz einfach bei der Parabel genommen. Und wenn ich Ihnen heute forthelfe, wer weiß, welche Dummheit Sie dann wieder begehen!«
    »Es wird nichts, gar nichts begangen. Es kann nur eins geschehen: Wir wandern aus.«
    »Wohin?«
    »Ueber das Meer.«
    »Das geht nicht so leicht.«
    »Es wird schon gehen. Wir verlassen uns auf sie.«
    »Erzählen Sie erst, wie es Ihnen in der Gefangenschaft gegangen ist!«
    »Schlecht genug. Ich will gar keine lange Rede halten. Wir gestanden eben nichts und damit basta! Heute früh wurden wir zum ersten Male zusammen vorgeführt; da drückte ich dem Actuar die Gurgel zusammen und mein Sohn machte ihn mit der Papierscheere vollends stumm. Wir sprangen zum Fenster hinaus. Das ist Alles, was ich zu erzählen habe.«
    »Wie kamt Ihr so schnell nach der Residenz?«
    »Der Bergwirth hat uns hergefahren.«
    »Ah, Der! Der thut’s aus alter Kameradschaft. Aber, weiß er, bei wem Sie jetzt sind?«
    »Nein.«
    »Er darf es nie erfahren. Wo haben Sie ausgespannt?«
    »Im goldenen Ring.«
    »Da steckt auch Ihr Sohn?«
    »Ja.«
    »Aber, Mensch, wenn man Euch nun erwischt.«
    »Das thut man eben nicht. Wir lassen uns gar nicht sehen.«
    »Wie ist das möglich?«
    »Nun, der Bergwirth ist in den Hof gefahren. Wir steckten im Wagen unter dem Stroh. Dort steckt mein Sohn noch; ich aber habe mich heimlich davongemacht. Nun aber fragt es sich, was Sie uns rathen.«
    »Das ist freilich schwierig. Wie wollt Ihr denn über das Wasser kommen?«
    »Mit Ihrer Hilfe. Ich bin überzeugt, daß Sie uns Alles geben, was wir brauchen.«
    »So, so! Und was braucht Ihr denn?«
    »Geld, eine Verkleidung und falsche Pässe. Sie haben das Alles, Herr

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