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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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meinen.«
    »Sie wissen das nicht? Diesen Vierten haben sie für den jungen Schmied gehalten. Er hat sich in einem Nachbardorf herumgetrieben und keine Mütze gehabt. Bei seiner Einlieferung hier aber hat sich’s herausgestellt, daß er auch ein Falscher ist. Die Richtigen sind viel zu gescheidt. Die sind längst über alle Berge.«
    »Sie reden von Falschen und Richtigen. Wer sind denn diese Falschen und diese Richtigen.«
    »Nun, die Richtigen sind doch die beiden Schmiede.«
    »Welche Schmiede?«
    »Die Wolfs aus Tannenstein!«
    »Die Wolfs – – ah, Sapperment! Was ist mit ihnen?«
    »Wie? Was? Das wissen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Das ist aber stark!«
    »Wir sind hier fremd, gute Frau!«
    »Ach so! Nun, dann ist es freilich nicht zu verwundern, daß Sie nicht wissen, was geschehen ist. Aber das wissen Sie vielleicht, daß die Schmiede hier gefangen waren?«
    »Ja, zufällig.«
    »Nun, die sind fort.«
    »Was? Fort?«
    »Ja, ausgerissen.«
    »Entflohen?« fragte Adolf, indem er vom Stuhle aufsprang.
    Auch sein Gefährte erhob sich rasch von seinem Sitze. Hastig frug er die Wirthin:
    »Wissen Sie genau, daß die beiden Schmiede entkommen sind?«
    »Ja, entflohen sind sie, alle Beide,« antwortete die Frau.
    »Wann?«
    »Gegen elf Uhr am Vormittage.«
    »Wie ist denn das möglich?«
    »Sie sind mit einander im Verhör gewesen. Da haben sie den Actuar erstochen und sind durch das Fenster herab auf die Straße gesprungen und dann verschwunden.«
    »Welch eine Verwegenheit! Welch eine Tollkühnheit!«
    »Freilich! Sie konnten Hals und Beine brechen!«
    »Haben sie denn als Gefangene Waffen gehabt?«
    »Sie haben die Papierscheere genommen.«
    »Herrgott! Hat man keine Spur von ihnen entdeckt?«
    »Nein. Aber Viere hat man bereits arretirt; freilich sind es nicht die Richtigen. Von dem Vierten weiß mein Mann noch gar nichts. Ich muß hinaus, um es ihm zu sagen.«
    Sie ging. Die Beiden standen da und sahen einander an.
    »Glauben Sie es?« fragte der maskirte Agent.
    »Es klingt, wenn auch nicht unglaublich, aber doch fürchterlich.«
    »Einen Actuar erstochen!«
    »Mit der Papierscheere!«
    »Und dann zum Fenster herabgesprungen!«
    »Am hellen, lichten Tage.«
    »Diese Kerls müssen verwegene Menschen sein! Kamen sie Ihnen denn auch so vor, als Sie hier gefangen waren?«
    »Gar nicht. Da waren sie ganz das Gegentheil.«
    »Die haben es hinter den Ohren gehabt!«
    »Nun aber in den Beinen!«
    »Man wird sie doch nicht erwischen!«
    »Dann wäre es freilich um sie geschehen. Bis jetzt haben sie noch nichts Todeswürdiges vollbracht. Der heutige Mord aber geht ihnen an das Leben.«
    »Und unser schöner Plan ist zu schanden!«
    »Leider! Ich dachte mir dabei Etwas zu verdienen.«
    »Das ist nun freilich aus. Vielleicht aber giebt der Hauptmann Ihnen eine andere Gelegenheit, sich Geld zu holen.«
    »Auf welche Weise?«
    »Hm! Ich habe so eine Ahnung.«
    »Ahnung? Ah, Sie sind der Hauptmann gar nicht.«
    »Wieso?«
    »Sie haben nur so eine Ahnung von Dem, was er vorhat. Und soeben sagten Sie: Vielleicht giebt der Hauptmann Ihnen eine andere Gelegenheit. Sie sprachen von ihm in der dritten Person. Sie sind also ein Anderer.«
    »Man kann sich versprechen.«
    »Ja, versprochen haben Sie sich allerdings. Sie sind aus der Rolle gefallen.«
    »Nein. Ich bin wirklich der Hauptmann. Da es aber sehr häufig vorkommt, daß ich dies nicht zugebe, so verspreche ich mich zuweilen. So auch jetzt.«
    »Na, meinetwegen. Welche Gelegenheit meinen Sie also?«
    »Hm! Davon sprechen wir später!«
    »Jetzt wäre es mir lieber!«
    »Es hat Zeit.«
    »O nein. Ich will aufrichtig sein: Ich brauche Geld.«
    »Wozu?«
    »Ich muß eine Schuld tilgen, welche mir sehr viel zu schaffen macht. Dieser Schuld wegen beging ich den Fehler, welcher mich hier in das Gefängniß brachte. Es glückte nicht, und so ist die Summe viel höher und der Gläubiger viel dringender geworden.«
    »Ist es viel?«
    »Leider, leider!«
    »Ich denke, Sie haben eine gute Stelle.«
    »Der Gehalt ist allerdings fein. Aber bis ich mir so viel, wie ich brauche, gespart habe, hat mich der Gläubiger längst beim Kragen genommen.«
    »Das klingt gefährlich. Ich ahne es, um was es sich handelt. Doch wohl um ein Wechselchen?«
    »Richtig! So ist es.«
    »Sie haben quer geschrieben, aber einen falschen Namen?«
    »Verdammt! Sie haben eine feine Nase.«
    »Na, vielleicht läßt sich helfen. Wann müssen Sie das Geld haben?«
    »Leider diese Woche noch.«
    »O wehe! Wollen Sie

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