Der verlorne Sohn
überzeugt, und da ich versprach, mit der Beweisführung derselben zugleich auch den Pascherkönig und den Hauptmann dem Richter zu überliefern, so gab man mir eine
carte blanche
.«
»Das ist ein außerordentlicher, ja unerhörter Fall! Wünschen Sie, daß jetzt der junge Wolf vorgeführt werde.«
»Ich bitte darum.«
»Soll es wieder so geschehen wie beim Vater.«
»Ja.«
Der Fürst zog sich zurück, und der jüngere Schmied wurde gebracht. Auch er leugnete Alles; auch er wußte von dem Tode des Untersuchungsrichters nichts. War die Gleichheit ihrer beiderseitigen Aussagen nur Zufall oder hatten sie sich unterwegs besprochen, was sie sagen wollten, im Falle man sie wieder ergreifen werde, kurz und gut, die Aussage des Sohnes war genau dieselbe, wie beim Vater.
Als auch er alle Bekanntschaft mit dem Waldkönig und dem Hauptmann leugnete, sagte der Staatsanwalt: »Nun, so will ich Sie von einem Anderen vernehmen lassen, der Sie so genau kennt, daß Sie bei ihm vielleicht weniger zurückhaltend sein werden. Gehen Sie da in dieses Nebenzimmer!«
Der Schmied gehorchte. Kaum hatte er die Schwelle überschritten, so stieß er einen lauten Ruf aus.
»Brandt! Gustav! Donnerwetter!«
Der Genannte hatte dieses mal nicht am Tische gesessen, sondern gerade gegenüber der Thüre gestanden.
»Du erkennst mich?« sagte er. »Du hast mich also nicht ganz und gar vergessen?«
»Ich bin ganz erstaunt und ganz erschrocken!«
»Erschrocken? Also fürchtest Du Dich vor mir?«
»Nein. Warum sollte ich mich fürchten? Ich habe Dir ja nie Etwas gethan?«
»Wirklich nicht?«
»Nein.«
»Aber unschuldig verurtheilen ließest Du mich.«
»Ich verstehe Dich nicht!«
»Nun, Du wußtest, daß ich unschuldig war.«
»Wir Alle hielten Dich dafür.«
»Hielten? Du hieltest mich nicht nur für unschuldig, sondern Du warst überzeugt, daß ich es wirklich war.«
»Wieso?«
»Du hattest gesehen, wer den Hauptmann erschoß!«
»Nein. Ich weiß nichts davon.«
»Du warst mit Deinem Vater im Walde?«
»Das ist nicht wahr.«
»Ich werde es Dir beweisen.«
Er holte das Protocoll über die Aussage des Alten, zeigte ihm die Unterschrift und fragte:
»Wer hat dies geschrieben?«
»Ah! Mein Vater!«
»Ja, er hat dieses Protocoll unterzeichnet. Ich werde es Dir einmal vorlesen.«
Er las es vor. Als er fertig war, fragte er:
»Nun, was sagst Du dazu?«
»Das hat mein Vater ausgesagt?«
»Ja.«
»Warst Du dabei?«
»Ja.«
»Hat er mit Dir gesprochen?«
»Längere Zeit. Du mußt seine Handschrift genau kennen und siehst also, daß ich die Wahrheit sage.«
»Das hätte ich nicht geglaubt!«
»Was?«
»Daß er dies gestehen werde.«
»Es ist besser für Euch, Ihr seid aufrichtig. Willst Du nun noch weiter leugnen?«
»Was mein Vater thut, kann ich auch thun.«
»So stimmst Du seiner Aussage bei!«
»Ja.«
»Und wirst sie unterschreiben?«
»Wenn es verlangt wird.«
»So brauchen wir nur einen Nachsatz zu machen, unter den Du Deinen Namen schreibst.«
Dies geschah. Aber zu Weiterem war auch der Sohn nicht zu bringen. Er wurde abgeführt wie der Alte. Während der letzten Zeit hatte der Fürst am Fenster gestanden. Jetzt zeigte er hinaus und sagte: »Bitte, sehen Sie einmal hinab! Bemerken Sie den Menschen, welcher drüben unter der Thür jener Restauration steht?«
»Ja. Er blickt scharf hinüber.«
»Er mustert die vordere Front des Gefängnisses. Er will die Zellen der beiden Schmiede entdecken.«
»Ah! Wer ist er?«
»Der Vertraute des Hauptmanns.«
»Wirklich?«
»Ganz gewiß.«
»Kennen Sie ihn?«
»Ja. Er war gestern mit in Brückenau, um die Schmiede befreien zu helfen.«
»So nehmen wir ihn sofort fest!«
»O bitte, nein! Geben wir ihm noch Zeit. Haben Sie eine Zellenliste des Gefängnisses hier?«
»Natürlich. Ich muß doch wissen, in welcher Nummer ein jeder Gefangene sich befindet.«
»Wollen Sie sie mir anvertrauen?«
»Gern. Aber wozu?«
»Ich will sie diesem Manne da unten zeigen.«
»Unmöglich! Sie scherzen!«
»Ich sage die Wahrheit.«
»Das ist ja verboten!«
»Ich verantworte es.«
»Wozu sie ihm aber zeigen?«
»Damit er erfährt, wo die Schmiede sich befinden. Entweder will er sie befreien, oder er hat noch Schlimmeres vor. Auf alle Fälle werden wir ihn dabei ergreifen. Das ist besser, als wenn wir ihn jetzt fassen und dann gar kein Material gegen ihn in den Händen haben.«
»Sie sind kühn! Sie wagen – – –«
»O bitte, bitte!« unterbrach ihn der Fürst. »Wenn wir
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