Der verlorne Sohn
Buchbinder.«
»Recht so! Dann gingen Sie zu ihm?«
»Ja.«
»Was sagte er?«
»Er zeigte mir beide Ketten.«
»Satan! Er hat sie also doch erhalten!«
»Ja. Er fragte, ob ich vor Gericht beschwören könne, daß ich das eine Medaillon nach dem anderen gemacht habe, und ich mußte natürlich bejahend antworten.«
»Dann?«
»Dann entließ er mich, und ich kam mit einem Diener in’s Gespräch, welcher mich fragte, ob ich das Palais betrachten wolle. Ich gab einen Gulden und wurde von ihm durch das Gebäude geführt.«
»Giebt es noch etwas Besonderes?«
»Nein.«
»So ist die Disposition leicht zu treffen. Ist jetzt das an der Veranda liegende Zimmer, in welchem die Baronin lag, bewohnt?«
»Nein.«
»So steigen wir dort ein. Sie führen die Leute sofort nach dem Bodenraume, wo sich die erwähnten Schränke und Kästen befinden; ich aber suche mir mit einigen Männern den Fürsten auf. Bin ich mit ihm fertig, so komme ich nach. In welchem Stockwerke befindet sich die Baronin?«
»Im zweiten.«
»Ich werde auch sie besuchen, ich ganz allein. Uebrigens giebt es heute keine Rücksichtnahme. Wer sich vor uns sehen läßt, der wird niedergestoßen; das ist Alles, was ich zu sagen habe. Sie können jetzt gehen, Jacob Simeon. Treffen Sie pünktlich ein!«
Der Goldarbeiter entfernte sich. Nun war nur noch der Andere vorhanden.
»Nun, Bauer, wie weit sind Sie heute gekommen?« fragte ihn der Hauptmann.
»Nicht weiter als bis zur Recognition.«
»Am Gefängnisse?«
»Ja. Ich habe erfahren, in welchen Zellen die Beiden stecken, Herr Hauptmann.«
»Das ist kaum glaublich. Von wem?«
»Von einem höchst albernen Menschen, welcher erst seit Kurzem im Gericht arbeitet und wahrhaftig die Zellenliste mit sich herumtrug.«
»Es ist doch nicht etwa eine Falle? Wo trafen Sie ihn?«
»Eine Falle? O, das ist unmöglich; dazu war der Mensch ja viel, viel zu dumm!«
Er erzählte nun sein scheinbar zufälliges Zusammentreffen und seine Unterredung mit dem Fürsten.
»Also Zelle Nummer Zwölf und Einundzwanzig?« meinte der Baron. »Kennen Sie die Lage dieser Nummern?«
»Ganz genau.«
»Wie kommen Sie an die Fenster?«
»Auf einer Steigleiter.«
»Mit welcher Waffe?«
»Ich werde doch die Windbüchse nehmen. Sie ist sicherer.«
»Aber ja in Acht nehmen.«
»O, was das betrifft, so braucht man ja gar keine Sorge zu haben. Bei dem heutigen Wetter jagt man keinen Hund heraus. Ich werde nicht erwischt.«
»Wann werden Sie dort sein?«
»Halb zwei Uhr ungefähr.«
»So können wir Sie beim Fürsten nicht mit Bestimmtheit erwarten.«
»O doch. Ich werde doch wohl nicht anderthalb Stunden brauchen, um den beiden Schmieden je eine Kugel zu geben.«
»Hm! Es giebt manchmal unvorhergesehene Hindernisse. Haben Sie sich nicht auch nach diesem Robert Bertram umgesehen?«
»Ich war zweimal dort.«
»Also nicht angetroffen?«
»Nein.«
»Schade!«
»Ich wollte ihn zunächst nur kennen lernen. Da wurde ich wieder bestellt.«
»Und Sie gingen auch wieder hin?«
»Ja. Man führte mich in ein Zimmer und ich fand dort den Fürsten von Befour.«
»Donnerwetter!«
»Und noch Einen, den ich erst für Bertram hielt.«
»War das Zufall?«
»Nein, ganz sicher nicht, sondern die richtige Verabredung.«
»Was sagte man Ihnen?«
Der Agent erzählte Alles und fügte dann hinzu:
»Ich hatte von einigen Schülern in einer Kneipe gehört, daß Bertram ein Dichter sei. Ich kehrte zu ihnen zurück und ließ ihn mir beschreiben. Da merkte ich nun, daß der Andere, welcher beim Fürsten gesessen hatte, nicht Bertram, sondern ein Anderer gewesen war.«
»Also hat man Comödie gespielt?«
»Gewiß!«
»Verflucht! Ist denn dieser Fürst allwissend! Er scheint jeden meiner Gedanken eher zu haben als ich. Aber er soll dies nicht mehr lange Zeit thun. Heute ist seine letzte Stunde gekommen. Erst die beiden Schmiede, dann der Fürst und die Baronin. Bertram kommt nach. Gehen wir an das Werk!«
Er ging. Der Agent löschte die Laterne aus und folgte ihm mit derselben.
»Also Ihre letzte Stunde ist gekommen!« lachte Anton leise vor sich hin.
»Schade, daß ich auch hierin seinen Gedanken eher gehabt habe! Ich muß sofort nach dem Gefängnisse. Du aber, Anton, gehst auf die Hauptwache und läßt Dir die nöthige Mannschaft geben. Ich bin zur rechten Zeit wieder daheim.«
Sie verließen ihr Versteck und begaben sich vorsichtig hinaus auf die Straße, da es ja möglich war, daß der Hauptmann oder der Agent sich noch in der Nähe
Weitere Kostenlose Bücher