Der verlorne Sohn
wird.«
»Voraussichtlich wird er sich gegen die Arretur wehren.«
»Fürchten Sie ihn?«
»Nein. Da wir heute den entflohenen Hauptmann suchen, sind wir besser bewaffnet als gewöhnlich.«
»So haben Sie Revolver?«
»Und auch Todtschläger.«
»Uebrigens werden wir es nur mit dem Officier zu thun haben. Ich denke, daß Wunderlich vor Schreck ganz unfähig sein wird, Widerstand zu leisten. Horch!«
»Draußen kam Jemand.«
»Ja. Er steht noch da. Hören Sie?«
»Er drückt an der Thür. Sie ist zu.«
»Jetzt wird er den Wirth wecken.«
»Wie wird er das anfangen?«
»Vielleicht wirft er etwas hinauf. Sie werden sich schon besprochen haben. Hören Sie! Er geht fort, mitten auf die Straße, wie es scheint.«
Sie lauschten.
»Jetzt!« sagte der Polizist.
»Ja, man hört auch hier den Sand fallen, den er an das Fenster geworfen hat. Hören wir.«
Die Sandkörnchen fielen noch einige Male, dann hörte man draußen eine halblaute Stimme sprechen, ohne aber die Worte deutlich verstehen zu können.
»Jetzt hat Wunderlich aus dem Fenster gesehen,« sagte der Fürst. »Nun wird er herabkommen.«
Natürlich sprachen die beiden Lauscher nur im leisesten Flüstertone mit einander. Nach kurzer Zeit hörte man oben eine Thür vorsichtig öffnen und mit leisen Schritten kam Jemand die Treppe herab.
Wunderlich war es, im Schlafrock und Filzpantoffeln. Er trug ein Licht, welches er auf die Treppenstufe setzte. Dann ging er zur Thür, um sie zu öffnen. Das geschah, ohne ein Geräusch zu verursachen. Als der Lieutenant eintrat, knirschten seine Sohlen auf den Steinplatten. Da hörten die Beiden Wunderlich flüstern: »Leise, leise! Es ist schon spät. Die im Parterre pflegen früh aufzustehen.«
»Schließen Sie zu,« sagte Scharfenberg, »und stellen Sie das Licht so, daß man es von draußen nicht bemerkt.«
»So kommen Sie weiter hinter!«
Sie kamen an die Treppe. Wunderlich stellte den Leuchter in die Ecke der Treppenbiegung und fragte: »Aber, was ist’s, daß Sie schon wiederkommen? Ich will nicht hoffen, daß etwas geschehen ist!«
»Viel, sehr viel sogar!«
»Sapperment!«
»Man weiß, daß Sie falsches Geld machen.«
»Gott stehe mir bei.«
»Daß ich es vertreibe.«
»Doch nicht möglich!«
»Daß der Hauptmann bei uns war.«
»Dann gnade uns Gott!«
»Und daß ich den Anzug mit ihm gewechselt habe.«
»Ist man denn allwissend!«
»Es scheint so. Ich befinde mich natürlich in einer ganz entsetzlichen Aufregung. Wir müssen berathen, und doch haben wir vielleicht gar nicht die Zeit dazu.«
»Warum nicht?«
»Die Polizei kann jeden Augenblick hier sein. Wenn man mich erwischt, ist der Beweis halb erbracht.«
»Man wird Sie nicht erwischen.«
»Hätten Sie für den Nothfall ein Versteck?«
»Ja. Gleich hier unter der Treppe. Aber Sie würden sich gar nicht verstecken, sondern einfach sich entfernen.«
»Man sähe mich doch!«
»Nein. Ich würde Sie durch die Hinterthür in den Hof lassen. Springen Sie da über die Mauer, so befinden Sie sich in dem Seitengäßchen, wo Sie sicher sind.«
»Dann bin ich wenigstens in dieser Beziehung beruhigt.«
»So sagen Sie mir nur, wie man das Alles erfahren hat!«
»Weiß ich es?«
»Himmeltausend! Sie müssen doch etwas wissen!«
»Nun ja. Ich wurde gewarnt.«
»Wirklich? Wie kann man Sie warnen! Man weiß doch gar nichts!«
»Alles, Alles weiß man! Und Der, welcher mich warnte, pflegt kein Wort ohne Grund zu sagen.«
»Wer war es?«
»Dieser sogenannte Fürst des Elendes.«
Wunderlich schlug die Hände leise zusammen, schüttelte den Kopf und sagte:
»Dann sei uns Gott gnädig!«
»Ja; diesen Fürsten aber hole der Teufel!«
»Woher kann er es wissen?«
»Ja, wenn ich das wüßte!«
»Haben Sie ihn nicht gefragt?«
»Nein. Ich mußte ihn so kurz wie möglich behandeln. Hätte ich Besorgniß oder gar Angst gezeigt, so hätte ich ja meine Mitschuld indirect zugegeben.«
»Also von dem falschen Gelde wußte er?«
»Ja. Er wußte sogar, daß es Fünfzigguldennoten sind.«
»Unbegreiflich. Und daß ich sie mache, wußte er auch?«
»Sehr genau. Er wußte sogar, daß ich sie Ihnen gegen andere Noten hier an der Treppe umgetauscht habe.«
»Herrjesses!«
»Und daß der Hauptmann dabei gewesen ist.«
»Wie aber hat er es erfahren können?«
»Man hat uns belauscht – – vielleicht!«
»Vielleicht? Ganz gewiß sogar!«
»Nein. Noch habe ich Hoffnung; noch lasse ich mich nicht in das Bockshorn jagen. Vielleicht schlägt man nur
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