Der verlorne Sohn
doch, zu welchen sich selbst Rentiers noch zu verstehen pflegen.«
»Das geht mich nichts an.«
»So zum Beispiel Vorschuß- und Discontogeschäfte.«
»Bringen Sie damit etwa mich in Beziehung?«
»Nein. Ich bin überzeugt, daß Sie keines Vorschusses bedürfen. Höchstens würden Sie sich auf ein kleines Tauschgeschäft einlassen, wenn es nämlich etwas einbringt.«
»Tauschgeschäft? Was meinen Sie? Was sollte ich vertauschen oder eintauschen?«
»Da giebt es gar vielerlei, zum Beispiel Staatspapiere, Fünfzigguldenscheine – –«
»Donnerwetter!«
»Nicht, Herr Lieutenant?«
»Was soll das heißen, Fünfzigguldenscheine?«
Er war vor Schreck stehen geblieben. Die Laterne, bei der sie hielten, beleuchtete sein todtesbleiches Gesicht, aus welchem die dunklen Augen angstvoll den Fürsten anstarrten.
»Sie pflegen jetzt sehr gern zu spielen?« sagte dieser.
»Wem geht das etwas an!«
»Und mit Fünfzigguldennoten zu bezahlen.«
»Ich thue, was mir beliebt!«
»Ganz recht! Aber diese Noten sind außerordentlich neu und ungebraucht.«
»Wie ich sie aus der Bank bekomme!«
»Aus welcher Bank?«
»Bei allen Teufeln! Habe ich Ihnen etwa Rechenschaft über das, was ich thue, abzulegen?«
»Nein. Ich will Sie ja auch nur warnen. Wie nun, wenn die Nummern dieser Noten mit anderen übereinstimmten!«
»Ich verstehe Sie nicht.«
»Das heißt, wenn diese Kassenscheine unecht wären!«
»Das ist unmöglich. Das zu denken wäre Wahnsinn. Und wenn es so wäre, was geht es mich an?«
»O, sehr viel!«
»Nein, gar nichts!«
»Man würde Sie fragen, woher Sie die Scheine haben.«
»Von der Bank.«
»So, so! Es giebt Leute, welche dies verneinen.«
»Wer sind diese Leute?«
»Zunächst dieser Herr Wunderlich.«
»Den ich gar nicht kenne?«
»Ja, wie Sie behaupten.«
»Was kann er sagen?«
»Daß Sie mit ihm Kassenscheine tauschen.«
»Alle Teufel! Wann?«
»Zum Beispiel heute Abend. In seinem Hausflur, an der Treppe.«
»Der Mensch ist wahnsinnig!«
»So müssen Sie dazu thun, daß man ihn in eine Irrenanstalt steckt.«
»Das werde ich allerdings sofort betreiben. Wie aber will ich es ihm beweisen, daß er solche Behauptungen aufstellt?«
»Durch mich.«
»Ah! Würden Sie sich als Zeuge stellen? Ich denke, der Fürst des Elendes bemüht sich, unerkannt zu bleiben!«
»O, ich kann auch einmal an den Verhörstisch treten. Doch ist dies keineswegs unbedingt nöthig. Es giebt auch Andere, welche Ihnen beweisen können, daß Wunderlich solche Reden führt.«
»Wer?«
»Zum Beispiel Der, dem Sie heute Ihre Uniform geborgt haben.«
Der Lieutenant war für einige Augenblicke nicht im Stande, ein Wort hervorzubringen. Dann raffte er sich mit Gewalt zusammen und sagte: »Ich, meine Uniform vertauscht? Wo soll dies geschehen sein?«
»Eben bei diesem Wunderlich.«
»Mit wem denn?«
»Mit dem entflohenen Hauptmann; das heißt also mit dem Baron Franz von Helfenstein.«
»Mann, Sie schnappen wohl über?«
»Nein. Sie haben dafür den Anzug von ihm bekommen, den er trug; Regenmantel mit Caputze. Sogar seine Koffertasche hat er Ihnen gegeben.«
»Ich glaube, Sie phantasiren!«
»Hm! Wie nun, wenn die Polizei jetzt in Ihre Wohnung ginge, um nach diesen Gegenständen zu suchen?«
»Man würde nichts finden, gar nichts. Es muß irgend ein hirnverbrannter Thor sich ein Ammenmärchen ausgesonnen haben. Ich kann nachweisen, daß ich im Casino war und dann – –«
»Zu diesem Wunderlich ging,« fiel ihm der Fürst in die Rede.
»Ist mir nicht eingefallen. Ich ging aus dem Casino nach Hause, um mir Geld zu einem kleinen Spiel zu holen.«
»Aber wie kamen Sie denn an die Ecke des Neumarktes, wo Sie dem Wächter, der Sie anhielt, mit Beschwerdeführung drohten?«
»Dort bin ich nicht gewesen.«
»Man hat Sie erkannt. Sie haben sogar Ihren Namen genannt.«
»Das kann nur ein Anderer gewesen sein.«
»Dann muß der Wächter vernommen werden. Ich gebe Ihnen den Rath, dies zu beantragen und auch diesen Herrn Rentier Wunderlich bei der Parabel zu nehmen!«
»Danke! Ich weiß schon selbst, was ich zu thun habe. Ich brauche Ihren Rath keineswegs.«
»So bitte ich, mir zu verzeihen. Meine Absicht war gut.«
»Das mag sein. Haben Sie mir noch etwas zu sagen?«
»Nein.«
»So ist’s vollständig genug. Gute Nacht!«
»Gute Nacht!«
Der Lieutenant ging mit eiligen Schritten seiner Wohnung zu und dachte dabei:
»Das ist entsetzlich! Wie ist man dahinter gekommen? Ich muß schleunigst den Anzug und
Weitere Kostenlose Bücher