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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Vorwarnung.
    Jephson, ebenfalls Mitarbeiter der Baubehörde, von schlaksiger
    Statur und mit den groben Knöcheln eines Mannes ausgestattet,
    der offensichtlich nicht zur Oberschicht gehörte, hatte mindes-
    tens schon einen halben Kilometer lang lamentiert. Der Schweiß
    stand ihm auf der Stirn, und er klagte über Magenschmerzen,
    Kopfweh und Atemnot. Er bestand darauf, dass der Vorarbeiter
    alle paar Schritte anhielt und seine an einem Stab befestigte
    Lampe in die Dunkelheit vor ihnen hielt, um nach giftigen Gasen
    Ausschau zu halten. Bei den Messungen hatten Jephsons Hände
    so heftig gezittert, dass William ihm die Wasserwaage abgenom-
    men hatte, damit sie nicht im Schlamm unter ihren Füßen ver-

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    loren ginge. Als sie die Stelle, an der William jetzt stand, erreicht
    hatten, drehte der Kerl durch. Seine Angst hatte sich wie Gas hin-
    ter ihm im Tunnel ausgebreitet und die anderen Männer ange-
    steckt – außer William. Mit kühler Gleichgültigkeit hatte der zu-
    gesehen, wie Jephson schreiend in der dreckigen Brühe um sich
    schlug. William hatte die salatgrüne Färbung in dessen abge-
    härmtem Gesicht bemerkt, als die Strömung seinen Hut davon-
    trug. Er hatte beobachtet, wie sich die leuchtend roten Flecken
    auf seinen hervortretenden Wangenknochen ausbreiteten und er
    mit den knochigen weißen Fingern an den bröckelnden Wänden
    Halt suchte. Und er hatte nur eine leichte Ungeduld verspürt, als
    sich Jephson schlagend und kreischend gegen den Klammergriff
    des Vorarbeiters und seines Assistenten zur Wehr setzte. Die Aus-
    spüler waren kräftig wie Metzgerburschen, und mit ihren gro-
    ßen Fäusten packten sie Jephsons Arme, als wären es Axtstiele,
    doch eine Zeit lang wehrte sich der junge Mann derart heftig,
    dass sie alle Mühe hatten, ihn festzuhalten. Zuletzt strampelte
    Jephson so wild, dass er eine Schicht Backsteine lostrat. »Schafft
    ihn hier raus!« Der bedrohliche Unterton in der sonst eher me-
    lancholischen Stimme des Vorarbeiters war unüberhörbar ge-
    wesen. Als sie Jephson schließlich nach oben auf die Straße ge-
    zerrt hatten – der übrige Vermessungstrupp folgte in bedrücktem
    Schweigen – war sein Haar dreckverkrustet, und seine Finger-
    nägel waren alle abgebrochen.
    Danach war Jephson in Grants Abteilung versetzt worden.
    Zurzeit führte er Untersuchungen über Portlandzement durch
    und experimentierte mit der Belastungsfähigkeit von Balken un-
    terschiedlicher Stärke. Also blieb es William überlassen, die von
    der Baubehörde angeforderte Beurteilung des Tunnelzustands
    vorzunehmen. Denn nach diesem Zwischenfall hatte Lovick ihm
    die Verantwortung für die Überprüfung des bestehenden Kanal-
    netzes im Norden übertragen. Es hieß, William habe bei dem

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    Vorfall mit Jephson demonstriert, dass er auch in einer kriti-
    schen Situation einen klaren Kopf bewahren konnte.
    Die Lücke, die in dem Mauerwerk klaffte, war frei von Wasser
    und maß an ihrer breitesten Stelle fast dreißig Zentimeter. Ob sie
    in dieser Form das Werk von Jephsons Stiefeln war oder nicht –
    William musste sie jedenfalls noch ein Stück vergrößern. Sie
    musste ausreichend tief und breit sein, so dass er darin sitzen
    und die Laterne abstellen konnte. Mit nur einer Hand würde er
    es nicht schaffen. William leuchtete in die Vertiefung hinein. Die
    Wand war von schwarzen Rillen durchzogen, die meisten davon
    flach, kurz und in Vierer- und Fünferreihen angeordnet wie die
    Striche, die Sträflinge in die Wand ritzen, um das Vergehen der
    Zeit zu markieren. Einige waren breiter und gröber und paar-
    weise angeordnet. Ratten. Sie hatten versucht, Löcher zu schar-
    ren, wahrscheinlich um sich vor dem steigenden Wasser in Si-
    cherheit zu bringen, und ihre Krallen und sogar die Zähne ins
    Mauerwerk gegraben. Aber sie hatten kein Glück gehabt. Die
    Backsteinmauer war zwar weich genug, doch die faulige schwarze
    Brühe, die Williams Knie umspülte, war einmal ein Fluss gewe-
    sen. Vor langer Zeit hatte es hier eine Brücke gegeben, und große
    Blöcke des Portlandsteins, aus denen ihre Stützpfeiler bestanden,
    waren im Mauerwerk des Tunnels eingebettet geblieben. Die Be-
    mühungen der Ratten hatten nur kalkige Kratzer auf der harten
    Oberfläche hinterlassen.
    Eine Weile gab sich William der Vorstellung hin, zu einer ande-
    ren Zeit hier zu stehen und die Wärme der Sonne auf dem Gesicht
    zu spüren, während ihm sauberes Wasser um die Füße plätscher-
    te. Er malte sich aus, wie

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