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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Ausschusses zusammen mit den anderen jungen Män-
    nern mit Mr. Bazalgette persönlich bekannt gemacht worden
    war, hatte einer aus der Gruppe, eifrig bestrebt, sich bei seinem
    Dienstherrn einzuschmeicheln, diesen gebeten kundzutun, was
    für ihn einen erfolgreichen Ingenieur ausmache. Bazalgette
    hatte kurz nachgedacht, die Finger an den Lippen. Dann ant-
    wortete er ganz leise, fast als spräche er zu sich selbst. Der große
    Ingenieur, sagte er, sei ein Pragmatiker, der durch die augen-
    scheinlichen Mängel überstürzt entworfener Bauwerke und Ma-
    schinen Vorsichtig an den Tag lege. Er habe feste Gewohnheiten,
    sei zuverlässig, diszipliniert und systematisch, wenn es darum
    gehe, Probleme zu lösen. Er sei ausgeglichen und gesetzestreu.
    Nachlässigkeit, Maßlosigkeit, Unordnung und Launenhaftigkeit
    seien ihm fremd. Im Durcheinander seiner n

    atürlichen Instinkte
    habe er Ordnung geschaffen.
    »Wie unsäglich langweilig er uns gern hätte!«, hatte einer der
    Assistenten William zugeraunt, als sie wieder entlassen wurden.
    William beachtete ihn nicht weiter. In den folgenden Monaten
    hatte er sich an Bazalgettes Worte gehalten und sie sich so oft

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    wiederholt, bis sie zur Beschwörungsformel für ihn wurden. Auf
    Gebete vertraute William nicht mehr.
    Dort, wo der Untergrund wieder eben wurde, blieb er stehen
    und hielt die Laterne an die Wand. Das Wasser zerrte ungeduldig
    an seinen Stiefeln. Im Lichtschein sah er, dass das Mauerwerk
    von Pilzkissen überzogen war, die einander überlappten. Üppig
    sprossen sie aus dem porösen Backstein, die fleischigen Unter-
    seiten aufgebläht und stumpf, und polsterten die Löcher aus,
    mit denen die Wände übersät waren. Sie waren das Äußerste,
    was die Tunnel an pflanzlichem Leben gebaren, doch William
    konnte keinen Gefallen an ihnen finden. Er duckte sich noch
    mehr und zog die Schultern ein, um nicht ihr bleiches Fleisch zu
    streifen. Ihr kalter, heftiger Geruch überlagerte selbst den Fäka-
    liengestank des Abwassers. William schnürte es die Kehle zu.
    Einen Augenblick spürte er, wie das Schiff krängte und es in sei-
    nem Haar von Ungeziefer wimmelte. Rings um ihn stöhnten
    Männer und schrien um Hilfe, die nicht kam. Plötzlich ver-
    spürte er den Drang, seine Laterne an der Wand zu zerschmet-
    tern. Eine Scherbe davon würde scharf wie ein Messer durch die
    stinkenden Pilze gleiten, bis sie von der Wand abfielen. Würden
    sie bluten oder einfach nur eine gelbliche Flüssigkeit absondern
    wie eine Leiche, die zu lange in der Sonne gelegen hatte? Der
    Taumel wurde immer heftiger, William atmete flach und stoßar-
    tig. Er stellte sich vor, wie sich seine Finger um einen gläsernen
    Dolch legten, fest und immer fester, bis ihm das Blut in schwar-
    zen Rinnsalen zwischen den Knöcheln hervorsickerte. Das bren-
    nende Verlangen danach schnürte ihm Brust und Kehle zu. Er
    starrte auf die Laterne und die Flamme, die sich wie ein Wurm
    wand, als er sie langsam vor- und zurückpendeln ließ. Ein einzi-
    ger harter Schlag nur. Mehr wäre nicht nötig. Er holte aus ...
    Nein! Die Laterne schwang wie benommen hin und her, als er
    den Arm zurückriss, und ein fahles Pilzkissen wirbelte im Strom

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    davon. Ein feiner Riss zog sich durch das Laternenglas, aber das
    Licht war nicht erloschen. Gemächlich züngelte die Flamme
    hoch, zitterte und brannte schließlich wieder ruhig. Unter Wil-
    liams Hutrand tropfte Schweiß hervor. Er hielt die Laterne fest
    am Griff und ärgerte sich über seine Unbesonnenheit. Ohne
    diese Lampe würde er den Rückweg zum Schacht niemals fin-
    den. Er leckte sich die Lippen. Feste Gewohnheiten, Zuverlässigkeit, Disziplin, Systematik beim Lösen von Problemen. Ausgeglichenheit und Gesetzestreue. Während er weiter in den Tunnel eindrang, sprach er sich diese Worte vor. Ihm zitterten die Knie.
    Wieder wurde die Röhre enger. Hier war kaum noch Platz,
    sich mit den Schultern durchzuzwängen, und das Wasser war
    mehr als kniehoch. Beim Höchststand der Flut würde sich der
    Kanal fast bis zur Decke füllen. Wo das Wasser die Wände streifte,
    gab es keine Pilze mehr. Im Schein der Laterne war das Mauer-
    werk durch die fettigen Ausblühungen des Salpeters mit einem
    seidigen Glanz überzogen. Von einem schmalen Backsteinvor-
    sprung in der Deckenwölbung vor ihm hingen Stalaktiten wie
    vergilbte Zähne herab. Hier war es, hier war der junge Jephson
    zusammengebrochen.
    Der Zwischenfall ereignete sich nicht ganz ohne

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