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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Kopf eines der Yakuzas spritzte. Wahrscheinlich hätte ich irgendwie reagieren sollen. Aber das Ereignis schien kaum etwas mit mir zu tun zu haben.
    Der andere Yakuza hatte sich umgedreht und sah seinen Partner an, dessen Körper einfach zu Boden glitt, ein Pfahl, der sich plötzlich verflüssigt hatte. Der Mund des Yakuza klappte auf, entweder vor Schock oder vor Fassungslosigkeit. Aber nur eine Sekunde lang. Denn dann zerplatzte auch sein Schädel.
    Selbst in seinem angeschlagenen Zustand begriff Belghazi schlagartig, was los war. Er war in der Lage, es zu verarbeiten und irgendwie zu reagieren. Er wirbelte herum und lief los. Aber irgendetwas Unsichtbares warf ihn um. Er landete auf dem Gesicht und hievte sich sofort wieder hoch. Er taumelte eine Sekunde auf der Stelle, dann setzte er einen unsicheren Fuß vor. Wieder riss ihn irgendwas von den Beinen. Diesmal stand er nicht wieder auf.
    Ich blickte wieder zum Hafen hinaus. Wo immer ich auch hinging, ich war schon fast da. Die ganze Aufregung um mich herum kam mir banal vor, sogar albern. Ich wünschte, die würden endlich aufhören und mich in Ruhe lassen.
    Ich hörte leise Schritte rechts von mir. Ich seufzte und schaute hinüber. Es war Dox. Er war durch das Loch im Zaun geschlüpft und kam jetzt auf uns zu, sein Gewehr an der Schulter und nach unten gerichtet.
    Vielleicht hatte er die fünf Millionen gekriegt. Wenn ja, war jetzt die Zeit, Risikofaktoren auszuschalten. Belghazi. Und dann wohl mich. Das Spiel war aus.
    Wieder starrte ich auf den Hafen, und es kam mir vor, als glitte ich auf ihn zu, in ihn hinein. Das Wasser war warm. Das Gefühl keineswegs unangenehm.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, hörte ich Dox fragen. Ich blickte hinüber. Ich sah, wie seine Augen zu Belghazis ausgestrecktem Körper glitten, dann nach rechts und links und dann wieder zurückhuschten.
    Ich antwortete nicht. Die Frage mochte ja sadistisch sein, eingedenk dessen, was er mit mir vorhatte, aber irgendwie fand ich sie schon fast komisch. Ich sah ihn an und lächelte.
    »Heißt das, ja?«, fragte er, jetzt dicht bei mir. Er hob das Gewehr auf Augenhöhe. Ein leises Plopp ertönte, und aus dem Ende des Schalldämpfers schoss eine Stichflamme.
    Ich schaute zu Belghazi hinüber. Er lag total reglos da. Dox hatte ihm eine letzte Kugel in den Kopf gejagt.
    Ich war müde, unendlich müde. Die Erde unter mir war durchnässt und warm, und einen Moment lang dachte ich, ich wäre wieder in der Nähe des Flusses Xe Kong, wo ich den jungen Vietcong getötet hatte. Auch unter ihm war die Erde mit seinem Blut getränkt gewesen, und in diesem Moment war es, als sähe ich die Welt mit seinen Augen. Als riefe er mich von jenseits der Zeit, von jenseits des Grabes.
    Dox betrachtete mich jetzt. Ich sah Besorgnis in seinen Augen. Er hatte das Gewehr gesenkt.
    Plötzlich war ich verwirrt.
    »Ich dachte, ich wäre ein toter Mann«, sagte ich zur Erklärung. Meine Stimme klang seltsam, langsam und unnatürlich tief.
    »Na ja, du siehst nicht gerade toll aus, aber ich bin ziemlich sicher, dass du noch lebst. Aber ich würde empfehlen, dass wir schleunigst von hier verschwinden.«
    »Mmh«, sagte ich und sah an ihm vorbei auf die dunkle und plötzlich zurückweichende Gestalt, die am Rande meines Gesichtskreises flimmerte. War doch nur Spaß, schien der Tod mit einem Leichengrinsen über seine Schulter zu sagen, gut gelaunt und mit väterlichem Wohlwollen. Pass schön auf dich auf, ja? Wir spielen demnächst wieder zusammen.
    Dox bückte sich, schob den Kopf unter meinen Arm und richtete sich wieder auf. Wir gingen auf den Zaun zu.
    »Was ist … was ist mit dem Geld?«, fragte ich. Ich verstand einfach nicht, was jetzt passierte.
    »Ach ja, das bricht mir das Herz, zugegeben, aber ich musste den großen Zahltag vorzeitig verlassen, um dich zu retten. Ich wäre gern früher hier gewesen, aber da hinten war ’ne Menge los, und es war schließlich ein ziemliches Stück bis hier. Außerdem sind diese PSG/1er ganz schön schwer, selbst für so einen Muskelprotz, wie ich einer bin.«
    »Du hast … du hast es einfach liegen lassen?«, fragte ich verständnislos.
    Ich spürte, wie er die Achseln zuckte. »Geld ist mir doch scheißegal, wenn mein Kumpel in Schwierigkeiten steckt, Partner, und ich weiß, dass es dir genauso geht.«
    Ich antwortete nicht. »Was ist … was ist da vorn am Tor passiert? Was ist mit dem anderen Wagen?«
    Ich verlor einen Moment das Gleichgewicht, aber Dox hatte den Arm fest um meine

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