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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Verdammt, ich hatte vergessen, es auszuschalten, während ich unterwegs war. Schande über mich. Das war Schlamperei. Also gut, mal sehen, ob ich mir damit ein Problem eingehandelt hatte.
    Es war ein Sony Ericsson T230. Es hatte ein SIM-Karte, was bedeutete, dass es ein GSM-Modell war und somit fast überall funktionierte, nur nicht in Japan und Korea, die eine andere Mobilfunktechnologie haben. Ich überprüfte es auf einen möglichen Sender und fand keinen. Ich überlegte kurz. War im T230 für Notfälle eine Standortortung eingebaut? Ich lese fast zwanghaft sämtliche einschlägigen Publikationen, um auf der Höhe der Technik zu bleiben, aber dennoch entgeht einem manchmal etwas. Nein, so neu war das T230 nicht. In dieser Hinsicht musste ich mir wahrscheinlich keine Sorgen machen.
    Dennoch, ich wusste, dass einige Geheimdienste inzwischen technisch in der Lage waren, ein eingeschaltetes Mobiltelefon bis auf sechs Meter genau zu orten. Drohte von dieser Seite Gefahr? Vermutlich nicht. Diejenigen, die es auf mich abgesehen hatten, hatten nur begrenzt Zugang zu hiesigen Quellen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie über die Kontakte oder die Sachkenntnis verfügten, die sie gebraucht hätten, um das Handy zu orten. Ich kam zu dem Schluss, dass es unter den gegebenen Umständen sinnvoll war, das Gerät zu behalten und es eingeschaltet zu lassen. Mal sehen, wer darauf anrief.
    Ich überprüfte die gespeicherten Nummern. Die Benutzeroberfläche war auf Arabisch, aber die Funktionen waren standardisiert, und ich konnte es problemlos bedienen.
    Die Anrufliste war voll – er hatte nicht daran gedacht oder nicht mehr die Zeit gehabt, sie zu löschen. Ich sah keine Nummern, die mir bekannt vorkamen. Aber als ich den Kerl, dem ich es abgenommen hatte, im Shun-Tak-Terminal entdeckt hatte, telefonierte er gerade mit irgendwem. Falls er danach nicht zehn Anrufe erhalten oder getätigt hatte, müssten die Nummern, die er zu dem Zeitpunkt gewählt hatte und von denen er angerufen worden war, noch dabei sein. Ich hatte das Gefühl, dass diese Nummern recht aufschlussreich sein könnten.
    Ich trank meinen Tee aus und ging. Ich nahm Kanezakis Handy heraus und wählte im Gehen seine Nummer.
    »Moshi moshi« ,hörte ich ihn sagen.
    »Ich bin’s.«
    »Was ist los?«
    »Ich bin beunruhigt.«
    »Warum?«
    »Gerade haben drei Typen versucht, mich zu töten, in Hongkong.«
    »Was?«
    »Gerade haben drei Typen versucht, mich zu töten, in Hongkong.«
    »Das habe ich verstanden. Ist das Ihr Ernst?«
    Aus seiner Stimme konnte ich nichts Verdächtiges heraushören, aber am Telefon war das schwierig. Und er war jetzt gewiefter als früher.
    »Meinen Sie, ich denke mir so einen Scheiß aus, um Sie zu verarschen?«, fragte ich.
    Eine Pause trat ein, dann fragte er. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Mir geht’s gut. Ich bin nur beunruhigt.«
    »Sind Sie jetzt in Gefahr?«
    »Die drei, die es auf mich abgesehen hatten, sind jedenfalls keine Gefahr mehr.«
    »Das heißt –«
    »Dass sie jetzt harmlos sind.«
    Wieder eine Pause. Er sagte: »Jetzt machen Sie sich Gedanken, wie die Sie gefunden haben.«
    »Gut mitgedacht.«
    »Ich war es jedenfalls nicht.«
    Irgendwie glaubte ich ihm das. Ich konnte mir nicht denken, warum er sich gegen mich wenden sollte, aber bei so etwas sieht man ja nie das Gesamtbild. Umstände ändern sich. Menschen finden plötzlich Gründe, die sie zuvor nicht hatten.
    »Wer wusste sonst noch, dass ich in Macau war?«, fragte ich. »Sie haben sich dort an meine Fersen geheftet. Einer von ihnen wartete schon, als ich im Shun-Tak-Terminal im Hongkong ankam.«
    »Ich weiß nicht … Hören Sie, ich habe absolut keinen Grund, Sie irgendwie hinters Licht zu führen. Absolut keinen Grund. Ich weiß nicht, wer die Männer waren oder wie sie an Sie rangekommen sind. Aber ich kann versuchen, es rauszufinden.«
    »Überzeugen Sie mich«, sagte ich.
    »Sagen Sie mir, was Sie haben. Ich will sehen, was ich tun kann.«
    Ich beschloss, ihm eine Chance zu geben. Es sprach schließlich nichts dagegen. Außerdem hatte ich keine brauchbare Alternative.
    »Sie sahen arabisch aus«, sagte ich. »Vielleicht Saudis. Teuer gekleidet. Einer von ihnen hatte ein Handy mit einem arabischen Display, und er hat damit telefoniert, während sie mir gefolgt sind. Die Nummern aus der Anrufliste stelle ich ins Bulletin Board. Sie können sie überprüfen. Sie hatten mindestens einen Partner in Macau, wahrscheinlich mehr, und wahrscheinlich sind sie

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