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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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zitterten, als ich das alles aufschrieb.
    Er beugte sich vor und flüsterte: »Er war ein FBI-Agent. Ein alter Freund aus College-Zeiten. Penn State.«
    »Soll das ein Witz sein?« Ich war mir wirklich nicht sicher, ob er die Wahrheit sagte.
    »Sie sind hinter mir her.«
    »Wer?« »Das FBI. Die jagen mich seit vier Jahren.«
    »Und was soll ich jetzt tun?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht einen Deal mit denen machen. Ich bin’s leid, gejagt zu werden.«
    Ich dachte einen Augenblick lang darüber nach, während Mordecai sich von einem Mandanten verabschiedete und den nächsten hereinrief. Pelham ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Ich brauche mehr Informationen«, sagte ich. »Kennen Sie den Namen des FBI-Agenten?«
    »Ja. Und ich weiß, wann und wo er geboren ist.« »Und wann und wo er gestorben ist.« »Ja.«
    Er hatte keinerlei Unterlagen dabei.

    »Kommen Sie in mein Büro und bringen Sie alles Nötige mit. Dann können wir uns weiter unterhalten.«
    »Ich werd’s mir überlegen«, sagte er und sah auf die Uhr. Er erklärte mir, er habe einen Teilzeitjob als Hausmeister in einer Kirche und sei bereits spät dran. Wir schüttelten uns die Hand, und dann war er verschwunden.
    Ich lernte schnell, dass man als Armenanwalt vor allem die Fähigkeit besitzen musste zuzuhören. Viele meiner Mandanten wollten nur mit jemandem sprechen. Sie alle waren auf irgendeine Weise gestoßen und getreten worden, und wenn juristische Beratung gratis zu haben war, warum dann nicht das alles bei einem Anwalt abladen? Mordecai beherrschte meisterhaft die Kunst, die Geschichten vorsichtig darauf abzutasten, ob es sich um ein echtes juristisches Anliegen handelte. Ich war noch immer beeindruckt davon, wie arm Menschen sein konnten.
    Außerdem lernte ich, dass die besten Fälle die waren, die sich an Ort und Stelle klären ließen, ohne dass man sich noch einmal damit befassen musste. Ich hatte einen Umschlag mit Anträgen für Lebensmittelgutscheine, Wohngeld, medizinische Versorgung, Sozialversicherungskarten und sogar Führerscheine. Im Zweifelsfall füllte ich einfach ein Formular aus.
    Bis zum Mittag hatten wir mit sechsundzwanzig Mandanten gesprochen. Als wir die Beratung beendeten, waren wir erschöpft.
    »Gehen wir spazieren«, sagte Mordecai, als wir vor dem Gebäude standen. Der Himmel war blau, und nach drei Stunden in einem stickigen, fensterlosen Raum war die kalte, windige Luft erfrischend. Gegenüber war das Bundesgericht für Steuersachen, ein hübsches, modernes Gebäude. Tatsächlich war das CCNV von ansprechenderen Bauten neueren Datums umgeben. An der Ecke 2nd Street und Avenue D blieben wir stehen.
    »Der Mietvertrag läuft in vier Jahren aus«, sagte Mordecai. »Die Immobiliengeier kreisen bereits. Zwei Blocks weiter ist ein neues Kongreßzentrum geplant.«
    »Das wird ein harter Kampf«, sagte ich.
    »Das wird ein Krieg.«
    Wir überquerten die Straße und gingen in Richtung Capitol.
    »Der weiße Typ vorhin - was hat er Ihnen erzählt?« fragte Mordecai.
    Der einzige Weiße war Pelham gewesen. »Eine erstaunliche Geschichte«, sagte ich und wusste nicht, wo ich anfangen sollte. »Er war mal Arzt in Pennsylvania.«
    »Und wer ist jetzt hinter ihm her?« »Was?« »Und wer ist jetzt hinter ihm her?«
    »Das FBI.«
    »Interessant. Beim letzten Mal war es die CIA.« Ich blieb stehen, er nicht.
    »Kennen Sie ihn?« »Ja, er macht die Runde. Peter Soundso.« »Paul Pelham.«
    »Auch der Name ist nicht immer derselbe«, sagte Mordecai über seine Schulter.
    »Aber er erzählt seine Geschichte ganz hervorragend, finden Sie nicht?«
    Ich brachte kein Wort heraus. Ich stand da und sah Mordecai nach, der die Hände tief in den Taschen seines Trenchcoats vergraben hatte und dessen Schultern zuckten, weil er so lachen musste.

    EINUNDZWANZIG

    Als ich den Mut aufbrachte, Mordecai zu erklären, dass ich einen freien Nachmittag brauchte, setzte er mich recht barsch davon in Kenntnis, dass ich den anderen Mitarbeitern absolut gleichgestellt sei, dass niemand die Anzahl meiner Stunden kontrolliere und dass ich mir, wenn ich einen freien Nachmittag brauchte, doch einfach Freinehmen solle. Ich verließ eilends das Büro. Nur Sofia schien es zu bemerken.
    Ich verbrachte eine Stunde beim Sachbearbeiter meiner Versicherung. Der Lexus war ein Totalschaden. Die Versicherung bot 21480 Dollar gegen Abtretung aller Ansprüche, damit sie die Angelegenheit mit der Versicherung des Jaguars regulieren konnte. Ich schuldete der Bank 16000 Dollar,

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