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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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gehört. Das ist lupenreiner Diebstahl. Und damit hast du dich gegen die Kanzlei gestellt. Und ich, dein Freund, arbeite für diese Kanzlei. Du kannst von mir nicht erwarten, dass ich dir bei Handlungen helfe, die sich zum Nachteil der Kanzlei auswirken können. Du hast den Karren in den Dreck gefahren, nicht ich.«
    »Braden Chance hat euch nicht alles gesagt. Der Kerl ist ein Wurm, ein arroganter kleiner Wichser, der seine Sorgfaltspflicht verletzt hat und jetzt versucht, die Sache zu vertuschen. Er will euch weismachen, dass es bloß um den Diebstahl einer Akte geht und ihr mir ruhig auf den Pelz rücken könnt. Aber der Inhalt dieser Akte kann sich für die Kanzlei zu einer schweren Belastung auswachsen.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Pfeift die Polizei zurück. Tut nichts Unüberlegtes.«
    »Wie zum Beispiel dich verhaften zu lassen?«
    »Zum Beispiel. Ich hab mich den ganzen Tag immer wieder umgesehen, und das macht mir keinen Spaß.«
    »Du hättest nicht stehlen sollen.«
    »Ich wollte die Akte ja gar nicht stehlen. Ich wollte sie kopieren und wieder zurückbringen, aber das hab ich nicht mehr geschafft.«
    »Dann gibst du also zu, dass du sie hast?«
    »Ja. Aber ich kann es genauso gut abstreiten.«
    »Du spielst, Michael, aber das hier ist kein Spiel. Du wirst auf die Nase fallen.«
    »Nicht, wenn ihr stillhaltet. Nur für ein paar Tage. Ich schlage einen Waffenstillstand für eine Woche vor. Keine Durchsuchungsbefehle. Kein Haftbefehl.«

    »Okay, und was bietest du als Gegenleistung?«
    »Dass ich die Kanzlei nicht bloßstellen werde.«
    Barry schüttelte den Kopf und trank einen Schluck Kaffee. »Ich bin bloß ein kleiner Mitarbeiter und nicht ermächtigt, irgendwelche Abkommen zu treffen.«
    »Hat Arthur das Sagen?« ,
    »Natürlich.«
    »Dann sag Arthur, dass ich nur mit dir rede.«
    »Du gehst von falschen Voraussetzungen aus, Michael. Du nimmst an, dass die Kanzlei mit dir reden will. Es will aber niemand mit dir reden. Sie sind empört darüber, dass du die Akte gestohlen hast und sie nicht herausgeben willst, und das kann man ihnen nicht verdenken.«
    »Du musst sie aufrütteln, Barry. Das ist Material für Schlagzeilen. Für riesengroße Schlagzeilen und viele, viele Journalisten, die sich an die Story anhängen. Wenn ich verhaftet werde, rufe ich sofort die Post an.«
    »Du bist verrückt.«
    »Kann sein. Chance hatte einen Gehilfen namens Hector Palma. Schon mal von ihm gehört?«
    »Nein.«
    »Du bist nicht auf dem laufenden.«
    »Hab ich auch nie behauptet.«
    »Palma weiß zuviel über die Akte. Gestern hat er nicht mehr dort gearbeitet, wo er letzte Woche gearbeitet hat. Ich weiß nicht, wo er ist, aber es wäre interessant, es herauszufinden. Frag Arthur.«
    »Gib die Akte doch einfach zurück, Michael. Ich weiß nicht, was du damit vorhast. Vor Gericht kannst du sie sowieso nicht verwenden.«
    Ich trank meinen Kaffee aus und stand auf. »Eine Woche Waffenstillstand«, sagte ich im Gehen. »Und sag Arthur, er soll dich auf dem laufenden halten.«
    »Arthur nimmt von mir keine Befehle entgegen«, rief er mir nach.
    Ich verließ schnell das Cafe, wand mich zwischen den anderen Passanten auf dem Bürgersteig hindurch und rannte fast zum Dupont Circle. Ich wollte Barry und alle, die man vielleicht auf mich angesetzt hatte, abschütteln.
    Laut Telefonbuch handelte es sich bei Hector Palmas Adresse um ein Apartmenthaus in Bethesda. Da ich es nicht eilig hatte und ohnehin nachdenken musste, fuhr ich, Stoßstange an Stoßstange mit Millionen anderer, auf dem Schnellstraßenring einmal rund um die Stadt.
    Ich nahm an, dass meine Chancen, innerhalb einer Woche verhaftet zu werden, fünfzig zu fünfzig standen. Die Kanzlei hatte keine andere Wahl, als mir nachzusetzen, und wenn Braden Chance tatsächlich sowohl Arthur als auch den Vorstand belogen hatte, würden sie nichts dabei finden, die Sache auf die harte Tour zu spielen. Es gab ausreichende Indizien für meine Täterschaft, um einen Haftrichter zu überzeugen.
    Der Mister-Vorfall hatte die Kanzlei aufgeschreckt. Chance war vor den Vorstand zitiert und nach allen Regeln der Kunst ausgequetscht worden, und es war unvorstellbar, dass er irgendwelche krummen Machenschaften zugegeben hatte. Er hatte gelogen, in der Hoffnung, die Akte so manipulieren zu können, dass er mit weißer Weste dastand. Seine Opfer waren ja bloß ein paar obdachlose Hausbesetzer.
    Wie war es ihm gelungen, Hector Palma so schnell loszuwerden? Geld spielte keine Rolle -

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