Der Verrat: Thriller (German Edition)
wurde. Er streckte die Arme über Simons Schulter nach ihr aus.
»Später«, beruhigte Scarlett ihn und schloss die Küchentür hinter ihnen. Für eine Tote wirkte sie bemerkenswert gesund. Sie war leicht gebräunt, sah fit aus, ihre Augen funkelten, und ihre Haut war glatt und zart. Ihr Haar war wieder gewachsen, war kräftig und hatte unterschiedliche Blondschattierungen, die die Hand eines exzellenten Coiffeurs erkennen ließen. Das war wohl kaum der Friseur hier am Ort. Ihr Haar war mit einem silbernen Haarclip lose zusammengefasst. Sie breitete die Arme aus und wollte Stephanie an sich drücken. »Es tut mir so leid, Steph. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr es mir zuwider war, dich im Dunkeln zu lassen.«
Die Wärme von Scarletts Annäherung hätte Stephanie fast irregeführt. Fast hätte sie sich blenden lassen, aber nur fast. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, während sie um Worte rang. Schließlich fand sie die Sprache wieder. »Wie kannst du es wagen? Nach allem, was du Jimmy zugemutet hast. Wie kannst du es nur wagen, das wegzuwischen, so, als wäre es keine große Sache.«
Scarlett nahm eine Flasche Prosecco aus dem großen amerikanischen Kühlschrank und ließ gelassen den Korken herausspringen. »Jimmy geht es gut. Das hast du doch selbst gesehen.« Sie griff in einem Küchenschrank mit Glastüren nach zwei Sektflöten. Während sie einschenkte, schüttelte sie den Kopf so, als sei sie nicht ärgerlich, sondern eher als täte ihr die Situation leid. »Du weißt doch am allerbesten, wie unmöglich mein Leben war, gerade nach dem Krebs. Ich konnte nirgendwo mehr hingehen und nichts mehr tun, ohne dass ein Rudel Paparazzi an mir klebte. So konnte ich nicht mehr weiterleben. Niemand hätte das gekonnt. Es stand mir bis hier, Steph. Der Stress hat mich krank gemacht. Im wahrsten Sinne des Wortes haben die mich fast umgebracht.«
Stephanie spürte, wie sie zu schwitzen begann. Krampfhaft versuchte sie, in dieser Unterhaltung einen klaren Kopf zu bewahren. Scarlett war in ihrer Argumentation so sachlich. Geradezu lässig. Und gar nicht wie eine Frau, die dabei erwischt worden war, dass sie ihren eigenen Tod vorgetäuscht und ihr Kind auf einem fremden Kontinent entführt hatte. In ihrem eigenen Gefühlschaos schwankte Stephanie wild zwischen der Erleichterung, dass ihre Freundin noch am Leben war, und Wut über das, was Scarlett getan hatte. »Du hättest dich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen können. Hättest ins Ausland ziehen können, wo niemand dich kennt.« Stephanie lachte bitter. »Zum Beispiel ins gottverdammte Transsylvanien. Ich wette, du kannst hier problemlos einkaufen gehen, ohne belästigt zu werden.«
Scarlett hielt Stephanie ein Glas hin, doch die winkte ab. Also stellte sie es dicht neben sie auf die Theke. »Das kann ich tatsächlich. Und wir haben wirklich darüber nachgedacht. Aber es war zu kompliziert. Ein Arzt wie Simon kann in Rumänien nicht viel Geld verdienen. Und obwohl man hier billig leben kann, hat es trotzdem ein Vermögen gekostet, dieses Haus zu renovieren. Und dann sind da noch die anderen Sachen, die nicht gerade billig sind: Internet über Satellit, Fernsehempfang und all so was. Wenn du hierzulande etwas Besseres haben möchtest und nicht nur die allersimpelsten Sachen, dann zahlst du dich dumm und dämlich. Also mussten wir sicherstellen, dass weiterhin Geld hereinkommt. Das Recht auf ein anständiges Leben habe ich mir verdient, Steph. Aber diese verdammten Hyänen wollten mir das nehmen.«
Es war schockierend, wie vollkommen schamlos Scarlett war. »Also denkst du dir die Geschichte mit dem Krebstod und dem Swimathon aus, um zu gewährleisten, dass der TOmorrow-Wohltätigkeitsfonds dir deinen gewohnten Lebensstil ermöglicht?« Stephanies bitterer Sarkasmus hätte jeden anderen zusammenzucken lassen, doch Scarlett lächelte nur und hob ihr Glas in Richtung ihrer ehemaligen Freundin.
»Ja, das trifft es so ziemlich. Wobei das Waisenhaus offensichtlich auch einen sehr guten Schnitt gemacht hat. Sonst gäbe es ja keinen Grund für sie, bei dem Spiel mitzumachen. Marina ist die Vermittlerin. Sie sorgt dafür, dass alle zufrieden sind. Und Simons Dienste kriegen sie so gut wie umsonst. Das macht sehr viel aus, wenn man sich um so viele behinderte Kinder zu kümmern hat. Bei dir klingt das, als würden wir uns hier bereichern, Steph. In Wirklichkeit tun wir hier sehr viel Gutes.«
»Du hast deinen Tod vorgetäuscht.« Mittlerweile war sie so
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