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Der Verschollene

Der Verschollene

Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Trunkenheit kaum eingeschlafen, gleich geweckt und zu seiner Überraschung blutig geboxt worden war und sich in der wachen Welt gar nicht mehr zurechtfinden konnte. Die Bedeutungslosigkeit der Wunden war schon an den unförmlichen aus alten Fetzen bestehenden Verbänden zu sehn, mit denen ihn die Liftjungen offenbar zum Spaß ganz und gar umwickelt hatten. Und auch die zwei Liftjungen an den Enden der Bahre prusteten vor Lachen von Zeit zu Zeit. Nun war aber hier nicht der Ort Robinson zur Besinnung zu bringen, denn stürmend eilten hier die Passanten ohne sich um die Gruppe an der Bahre zu kümmern vorbei, öfters sprangen Leute mit richtigem Turnerschwung über Robinson hinweg, der mit Karls Geld bezahlte Chauffeur rief "Vorwärts, vorwärts", die Liftjungen hoben mit letzter Kraft die Bahre auf, Robinson erfaßte Karls Hand und sagte schmeichelnd "Nun komm, so komm doch", war nicht Karl in dem Aufzug in dem er sich befand im Dunkel des Automobils noch am besten aufgehoben? und so setzte er sich neben Robinson, der den Kopf an
    ihn lehnte, die
    zurückbleibenden Liftjungen schüttelten ihm, als ihrem
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    gewesenen Kollegen durch das Coupeefenster herzlich die Hand und das Automobil drehte sich mit scharfer Wendung zur Straße hin, es schien als müsse unbedingt ein Unglück geschehn, aber gleich nahm der alles umfassende Verkehr auch die schnurgerade Fahrt dieses Automobils ruhig in sich auf.
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    ("Es mußte wohl...")

    Es mußte wohl eine entlegene Vorstadtstraße sein, in der das Automobil haltmachte, denn ringsum herrschte Stille, am Trottoirrand hockten Kinder und spielten, ein Mann mit einer Menge alter Kleider über den Schultern rief beobachtend zu den Fenstern der Häuser empor, in seiner Müdigkeit fühlte sich Karl unbehaglich als er aus dem Automobil auf den Asphalt trat, den die Vormittagssonne warm und hell beschien. "Wohnst Du wirklich hier?" rief er ins Automobil hinein. Robinson der während der ganzen Fahrt friedlich geschlafen hatte brummte irgendeine undeutliche Bejahung und schien darauf zu warten, daß Karl ihn hinaustragen werde. "Dann habe ich hier also nichts mehr zu tun. Leb wohl", sagte Karl und machte sich daran, die ein wenig sich senkende Straße abwärts zu gehn.
    "Aber Karl, was fällt Dir denn ein?" rief Robinson und stand schon vor lauter Sorge ziemlich aufrecht, nur mit noch etwas unruhigen Knien, im Wagen. "Ich muß doch gehn", sagte Karl, der der raschen Gesundung Robinsons zugesehn hatte. "In Hemdärmeln?" fragte dieser. "Ich werde mir schon noch einen Rock verdienen", antwortete Karl, nickte Robinson zuversichtlich zu, grüßte mit erhobener Hand und wäre nun wirklich fortgegangen, wenn nicht der Chauffeur gerufen hätte:
    "Noch einen kleinen Augenblick Geduld mein Herr. " Es zeigte sich unangenehmer Weise, daß der Chauffeur noch Ansprüche auf eine nachträgliche Bezahlung stellte, denn die Wartezeit vor dem Hotel war noch nicht bezahlt. "Nun ja", rief aus dem Automobil Robinson in Bestätigung der Richtigkeit dieser Forderung, "ich habe ja dort so lange auf Dich warten müssen.
    Etwas mußt Du ihm noch geben." "Ja freilich", sagte der Chauffeur. "Ja wenn ich nur noch etwas hätte", sagte Karl und griff in die Hosentaschen, trotzdem er wußte daß es nutzlos war.
    "Ich kann mich nur an Sie halten", sagte der Chauffeur und
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    stellte sich breitbeinig auf, "von dem kranken Mann dort kann ich nichts verlangen. " Vom Tor her näherte sich ein junger Bursch mit zerfressener Nase und hörte aus einer Entfernung von paar Schritten zu. Gerade machte durch die Straße ein Polizeimann die Runde, faßte mit gesenktem Gesicht den hemdärmligen Menschen ins Auge und blieb stehn. Robinson, der den Polizeimann auch bemerkt hatte, machte die Dummheit, aus dem andern Fenster ihm zuzurufen: "Es ist nichts, es ist nichts", als ob man einen Polizeimann wie eine Fliege verscheuchen könnte. Die Kinder, welche den Polizeimann beobachtet hatten, wurden nun durch sein Stillstehn auch auf Karl und den Chauffeur aufmerksam und liefen im Trab herbei.
    Im Tor gegenüber stand eine alte Frau und sah starr herüber.

    "Roßmann", rief da eine Stimme aus der Höhe. Es war Delamarche, der das vom Balkon des letzten Stockwerks rief. Er selbst war nur schon recht undeutlich gegen den weißlich blauen Himmel zu sehn, hatte offenbar einen Schlafrock an und beobachtete mit einem Operngucker die Straße. Neben ihm war ein roter Sonnenschirm aufgespannt unter dem eine Frau zu sitzen schien.

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