Der Verschollene
drückte Karls Arme, daß dieser sie gar nicht rühren konnte und trug ihn förmlich an das andere Ende der Portiersloge. Sahen die Leute draußen diese Gewalttätigkeit des Oberportiers nicht? Oder wenn sie sie sahen, wie faßten sie sie denn auf, daß keiner sich darüber aufhielt, daß niemand wenigstens an die Scheibe klopfte, um dem Oberportier zu zeigen, daß er beobachtet werde und nicht nach seinem Gutdünken mit Karl verfahren dürfe.
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Aber bald hatte Karl auch keine Hoffnung mehr vom Vestibul aus Hilfe zu bekommen, denn der Oberportier griff an eine Schnur und über den Scheiben der halben Portiersloge zogen sich im Fluge bis in die letzte Höhe schwarze Vorhänge zusammen. Auch in diesem Teil der Portierloge waren ja Menschen, aber alle in voller Arbeit und ohne Ohr und Auge für alles, was nicht mit ihrer Arbeit zusammenhieng. Außerdem waren sie ganz vom Oberportier abhängig, und hätten statt Karl zu helfen, lieber geholfen alles zu verbergen, was auch dem Oberportier einfallen sollte zu tun. Da waren z. B. sechs Unterportiere bei sechs Telephonen. Die Anordnung war wie man gleich bemerkte, so getroffen, daß immer einer bloß Gespräche aufnahm, während sein Nachbar, nach den vom ersten empfangenen Notizen die Aufträge telephonisch weiterleitete. Es waren dies jene neuesten Telephone, für die keine Telephonzellen nötig waren, denn das Glockenläuten war nicht lauter als ein Zirpen, man konnte in das Telephon mit Flüstern hineinsprechen und doch kamen die Worte dank besonderer elektrischer Verstärkungen mit Donnerstimme an ihrem Ziele an. Deshalb hörte man die drei Sprecher an ihren Telephonen kaum und hätte glauben können, sie beobachteten murmelnd irgend einen Vorgang in der Telephonmuschel, während die drei andern wie betäubt von dem auf sie herandringenden, für die Umgebung im übrigen unhörbaren Lärm die Köpfe auf das Papier sinken ließen, das zu beschreiben ihre Aufgabe war. Wieder stand auch hier neben jedem der drei Sprecher ein Junge zur Hilfeleistung; diese drei Jungen taten nichts anderes als abwechselnd den Kopf horchend zu ihrem Herrn strecken und dann eilig als würden sie gestochen in riesigen gelben Büchern – die umschlage nden Blättermassen überrauschten bei weitem jedes Geräusch der Telephone – die Telephonnummern herauszusuchen.
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Karl konnte sich tatsächlich nicht enthalten, alles das genau zu verfolgen, trotzdem der Oberportier, der sich gesetzt hatte, ihn in einer Art Umklammerung vor sich hinhielt. "Es ist meine Pflicht", sagte der Oberportier und schüttelte Karl, als wolle er nur erreichen, daß dieser ihm sein Gesicht zuwende, "das was der Oberkellner aus welchen Gründen immer versäumt hat, im Namen der Hoteldirektion wenigstens ein wenig nachzuholen.
So tritt hier immer jeder für den andern ein. Ohne das wäre ein so großer Betrieb undenkbar. Du willst vielleicht sagen, daß ich nicht Dein unmittelbarer Vorgesetzter bin, nun desto schöner ist es von mir, daß ich mich dieser sonst verlassenen Sache annehme. Im übrigen bin ich in gewissem Sinne als Oberportier über alle gesetzt, denn mir unterstehn doch alle Tore des Hotels, also dieses Haupttor, die drei Mittel- und die zehn Nebentore, von den unzähligen Türchen und türlosen Ausgängen gar nicht zu reden. Natürlich haben mir alle in Betracht kommenden Bedienungsmannschaften unbedingt zu gehorchen. Gegenüber diesen großen Ehren habe ich natürlich anderseits vor der Hoteldirektion die Verpflichtung niemanden herauszulassen, der nur im geringsten verdächtig ist. Gerade Du aber kommst mir, weil es mir so beliebt sogar stark verdächtig vor. " Und vor Freude darüber hob er die Hände und ließ sie wieder stark zurückschlagen, daß es klatschte und wehtat. "Es ist möglich", fügte er hinzu und unterhielt sich dabei königlich, "daß Du bei einem andern Ausgang unbemerkt herausgekommen wärest, denn Du standst mir natürlich nicht dafür, besondere Anweisungen Deinetwegen ergehen zu lassen. Aber da Du nun einmal hier bist, will ich Dich genießen. Im übrigen habe ich nicht daran gezweifelt, daß Du das Rendezvous, das wir uns beim Haupttor gegeben hatten auch einhalten wirst, denn das ist eine Regel, daß der Freche und Unfolgsame gerade dort und dann mit seinen Lastern aufhört, wo es ihm schadet. Du wirst das an Dir selbst gewiß noch oft beobachten können. "
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"Glauben Sie nicht", sagte Karl und atmete den eigentümlich dumpfen Geruch ein, der vom Oberportier
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