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Der Vierte Tag

Der Vierte Tag

Titel: Der Vierte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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sehen. Nicht unbedingt, dass mich mein Schicksal hier auf der Intensivstation ereilt. Eigentlich hatte ich unser Treffen in einem Flugzeug erwartet, als einziger an Bord kaum überrascht, wenn die Maschine in einen unkontrollierten Sturzflug übergeht. Mit eben noch feuchten Händen und zitternden Knien beim Start wäre ich plötzlich die Ruhe selbst, eher erstaunt, erst bei diesem Flug abzustürzen. Also fühle ich mich auch jetzt relativ ruhig - und springe im selben Moment wie von einer Tarantel gestochen auf! Was allerdings durch die kurze Kette an den Handschellen dazu führt, dass ich meinen Kopf gewaltig gegen die Heizungsrippen knalle. Ein grässlicher Alarmton verkündet, dass wir nun alle in die Luft gejagt werden!
    Der Alarmton hält an, jetzt unterstützt von einem entsetzlichen Brummen im Kopf, aber wir fliegen noch immer nicht in die Luft. Der Blinde scheint ebenso entgeistert wie ich, Schwester Renate stürzt an Bett eins.
    "Ich brauche Hilfe!"
    Ich bin wohl doch nicht so ruhig, wie ich mir eben noch eingebildet habe, denn erst jetzt erkenne ich den Ton. Er kommt vom Monitor an Bett eins. Es ist der sogenannte Asystoliealarm, der uns warnt, dass das Herz des überwachten Patienten nicht mehr schlägt.
    "Was ist los, Schwester Renate?" fragt der Blinde, hörbar nervös.
    "Wir haben einen Herzstillstand. Schnell, machen Sie Dr. Hoffmann los!"
    "Hier", versuche ich den anhaltenden Alarm zu übertönen, schließlich soll der Blinde mich finden.
    Erstaunlich schnell kommt der Blinde zu mir und fummelt die Schlüssel für die Handschellen aus der Hosentasche. Renate versperrt mir den Blick auf Herrn Sauerbier, ich kann nicht sehen, was mit ihm ist. Der Blinde auch nicht. Aber wir können ihn hören.
    "Ich glaube, bei mir ist ein Kabel abgegangen."
    Ich habe mich unpräzise ausgedrückt: Asystoliealarm wird ausgelöst, wenn die Überwachungselektronik beim Patienten keinen Herzschlag mehr feststellen kann. Weil das Herz des überwachten Patienten nicht mehr schlägt. Oder weil sich die Elektrode von seiner Haut gelöst hat.
    Der Blinde stockt einen Moment, hat dann verstanden, lässt von meinen Handschellen ab und richtet sich wieder auf.
    "Schwester Renate, ich habe Sie schon einmal gebeten, keine Spielchen mit mir zu spielen. Ich könnte sonst meine Geduld verlieren."
    Renate nickt stumm und vergisst dabei, dass der Blinde dies nicht sehen kann. Im Moment beschäftigt sie wahrscheinlich mehr, wie sie bei unserem Freund in Bett eins einen echten Herzstillstand herbeiführen kann. Aber vielleicht hatte unser Herr Sauerbier einfach nur Angst, dass übereifrige Ärzte ihm bei lebendigem Leibe in bester Absicht einen Elektroschock verpassen. Immerhin blinkt das Gerät diensteifrig und immer frisch geladen direkt neben ihm.
    Das Telefon klingelt. Fragend schaut Renate den Blinden an, der das wieder nicht sehen kann. Das Telefon klingelt weiter.
    "Soll ich rangehen?" fragt sie.
    "Natürlich, Schwester Renate. Finden Sie heraus, wer das ist."
    Ich bin gespannt, zu wem unser junger Kollege Krämer zuerst gerannt ist. Wen hätte ich an seiner Stelle informiert? Beate, unsere Verwaltungsleiterin? Einen Chefarzt der anderen Abteilungen? Gleich die Polizei?
    Aber es ist nur das Labor, das uns die übrigen Herzwerte für unseren Patienten Sauerbier mitteilt. Auch die sind negativ. Renate bedankt sich, zögert. Mir würde auch nichts einfallen außer, "wir sind überfallen worden, ruft Hilfe!" Unnötig, da Dr. Krämer gerade genau dies tun dürfte. Renate legt auf.
    Kaum eine halbe Minute später klingelt das Telefon erneut. Diesmal hebt Renate ab ohne zu fragen.
    "Ja, Dr. Wetzels, Sie sprechen mit Schwester Renate."
    Der junge Dr. Krämer hat eine schlauere Alternative gefunden als ich in meinen Überlegungen. Renate hat jetzt den fähigsten Psychiater der Humana-Klinik am Apparat und ist klug genug, dies dem Blinden, an den sie den Hörer weiterreicht, nicht zu sagen.
    "Unser Dr. Wetzels würde Sie gerne sprechen."
    Der Blinde nimmt den Hörer.
    "Guten Tag, Dr. Wetzels. Was kann ich für Sie tun?"
    Pause, der Blinde hört Dr. Wetzels zu.
    "Der tut nichts zur Sache."
    Das dürfte die Frage nach dem Namen des Blinden gewesen sein.
    "Nein, müssen Sie nicht."
    Nun dürfte Wetzels akzeptieren, dass der Blinde seinen Namen nicht preisgeben will.
    "Denen geht es gut."
    Wir sind wohl gemeint.
    "Machen Sie sich keine Sorgen, Dr. Wetzels, denen auch."
    Aha, die Patienten. Oder, weniger egoistisch gedacht, hat Wetzels sicher

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