Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)
gestarrt hatte.
Viele der Männer hielten an, nachdem sie den Schirm passiert hatten, und sahen hinauf zum nur undeutlich sichtbaren Mr. Edison. Sie schienen ihn für eine weit größere Sehenswürdigkeit zu halten als die wundervollen Effekte der Röntgenstrahlen.
( New York Times , 12. Mai 1896)
Die grausame Geschichte vom Mann, der sein Gesicht verlor
Eben McBurney Byers (12. April 1880–31. März 1932)
Der amerikanische Industriellensohn Eben M. Byers war in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts wohl so etwas wie der Prinz von Pittsburgh. 1880 als Sohn des Stahlunternehmers Alexander M. Byers geboren, wurden ihm Reichtum und Prominenz in die Wiege gelegt: Die Familie residierte fürstlich in einer der damals besten Gegenden der Stadt, der Vater gehörte seit Jahrzehnten zu ihren angesehensten Bürgern.
Sein Vater, Alexander M. Byers, war nicht einfach Stahlbaron, er war ein Selfmademan: Aus einfachen bäuerlichen Verhältnissen kommend hatte sich Alexander M. Byers aus eigener Kraft hochgearbeitet – er verkörperte den amerikanischen Traum.
Ohne nennenswerte Schulbildung landete er im frühen Jugendalter in der durch den Eisenbahn-Boom gerade kräftig wachsenden Stahlindustrie. Seine Biografie ist die Erfolgsstory eines Gewinners der Industriellen Revolution. 1843 wurde er im Alter von nur 16 Jahren Vorarbeiter am Hochofen der Henry Clay Furnace Company. Nur fünf Jahre später zeichnete er nicht nur für die gesamte Produktion eines Stahlwerks verantwortlich, sondern brachte auch erste eigene Innovationen im Bereich der Schmelz-und Härtungsverfahren ein – der formal ungebildete junge Mann war auf dem Weg, zu einem erfolgreichen Ingenieur und anschließend zu einem prominenten Industriellen zu werden.
Es folgte eine rasante Karriere, die ihn nicht nur etliche Unternehmen in mehreren Städten und US-Bundesstaaten durchlaufen, sondern auch zahlreiche junge aufstrebende Industrielle kennenlernen ließ – aus heutiger Perspektive fühlt man sich unwillkürlich an die Startup-Szene der frühen Internetunternehmen erinnert sowie an die vernetzten Karrieren, die diese Gründerzeit hervorbrachte.
Für Byers lief es ähnlich wie für manchen Dotcom-Angestellten: Er sammelte Know-how in einer jungen Industrie, in der auch ein Quereinsteiger und einer, der sich hocharbeitete, noch seine Chance hatte. Als Byers Mitte des 19. Jahrhunderts begann, sein eigenes Stahlimperium aufzubauen, engagierte er sich als Partner längst auch in den Unternehmen guter Kollegen wie George Westinghouse, für den er in drei seiner Firmen als Geschäftsführer gearbeitet hatte – in zukunftsträchtigen Technologiefeldern wie Elektrizität, Telegrafie und der Bremsenentwicklung für die sich rapide verbreitende Eisenbahn. Parallel dazu streckte er seine Fühler in Richtung Finanzwelt aus.
Eben McBurney Byers war eines von fünf Kindern dieses Selfmade-Stahlmagnaten – und 20 Jahre jung, als der Vater im September 1900 überraschend starb.
Von Byers vier Söhnen lebten zu diesem Zeitpunkt nur noch zwei. Als kommende Köpfe der zahlreichen Byers-Firmen kamen also nur noch die Söhne Eben und J. Frederick in Betracht.
Man kann sich vorstellen, was das bedeutet haben muss: Byers hatte zu diesem Zeitpunkt die renommierte St. Paul’s School in Concord, New Hampshire, die das Wall Street Journal bis heute in ihrer Liste der 50 weltweit besten Schulen führt, erfolgreich absolviert und studierte nun im benachbarten Yale. Zum Gentleman geformt, brillierte er zunächst beim Golf. Über zweieinhalb Jahrzehnte galt der als gewinnversessen und cholerisch berüchtigte Eben Byers als einer der besten Spieler der USA. 1902 und 1903 verpasste er nur knapp den Meistertitel der US-Amateure, den er 1906 schließlich holte.
Byers war damals also eine begehrte Partie, dem auch Partys alles andere als fremd waren: Er hatte sich einen Ruf als Lebemann, als reicher Playboy erarbeitet. Man hätte eine Karriere als »hauptberuflich Sohn« von ihm erwarten können, doch Byers bekam in Sachen Karriere durchaus die Kurve: Er ließ sich von der Familie in die Pflicht nehmen und trat in die Fußstapfen seines Vaters. Zehn Jahre nach dessen Tod führte der immer noch golfende Partylöwe und Junggeselle nicht nur die Geschäfte der vom Vater übernommenen Stammfirma A.M. Byers, sondern auch einer Kokerei und die Bank of Pittsburgh. Sein Bruder J. Frederick hatte die Führung der restlichen Unternehmen des Vaters übernommen.
Golf blieb eine Passion,
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