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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Einer von der Spurensicherung hat etwas gefunden.«
    »Geräte?«
    »BSR.«
    »BSR? – das ist…?« Caffery brach ab. Veronica schob sich an ihm vorbei, ging zielstrebig die Treppe hinauf und schloß die Schlafzimmertür hinter sich. Eine Hand gegen die Wand gestützt, stand er in dem engen Flur und starrte ihr nach.
    »Sind Sie noch da, Jack?«
    »Ja, es tut mir leid. Was haben Sie gesagt? BSR – ist das irgendwas zur Überprüfung des Bodens?«
    »Bodensonar.«

    »Gut. Sie wollen mir also sagen…« Caffery bohrte mit seinem schwarz verfärbten Daumennagel ein kleines Loch in die Wand. »Sie wollen mir also sagen, daß Sie noch mehr haben?«
    »Ja, wir haben noch mehr.« Maddox klang ernst. »Noch vier weitere.«
    »Mist. Er massierte seinen Nacken. »Wir stecken wohl bis über die Ohren in der Scheiße?«
    »Man hat gerade angefangen sie auszugraben.«
    »In Ordnung. Wo kann ich Sie treffen?«
    »Am Betonwerk. Wir können den anderen dann zum Devonshire Place nachfahren.«
    »Dem Leichenschauhaus? In Greenwich?«
    »Mhm. Krishnamurthi hat mit der ersten schon angefangen. Er hat uns versprochen, eine Nachtschicht für uns einzulegen.«
    »In Ordnung. Ich treffe Sie dort in einer halben Stunde.«
     
    Veronica befand sich oben im Schlafzimmer, die Tür war geschlossen. Caffery zog sich in Ewans Zimmer an und sah einmal aus dem Fenster, um festzustellen, ob sich auf der anderen Seite des Bahndamms, bei Penderecki, etwas rührte. Nichts. Als er sich die Krawatte band, steckte er den Kopf durch die Schlafzimmertür.
    »Veronica, wir müssen miteinander reden. Wenn ich wieder …«
    Er hielt inne. Sie saß im Bett, die Decken bis zum Hals hinaufgezogen, und hielt eine Pillenflasche in der Hand.
    »Was ist das?«
    Sie sah zu ihm auf. Ihre Augen waren blau umrändert und trübe. »Ibuprofen. Warum?«
    »Was machst du da?«
    »Nichts.«
    »Was machts du da, Veronica?«
    »Mein Hals ist wieder geschwollen.«
    Er blieb stehen und hielt mit der linken Hand die Krawatte von sich gestreckt. »Dein Hals ist geschwollen?«
    »Na ja, kein Grund zur Aufregung.«

    »Seit wann?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Also, entweder ist dein Hals geschwollen oder nicht.«
    Sie murmelte etwas, das er nicht verstand, öffnete die Flasche, schüttelte zwei Pillen auf die Hand und sah ihn an.
    »Hast du irgendeine nette Verabredung?«
    »Warum hast du mir nicht gesagt, daß dein Hals geschwollen ist? Hättest du keine Tests machen lassen sollen?«
    »Mach dir deswegen keine Sorgen. Du mußt an wichtigere Dinge denken.«
    »Veronica …«
    »Was jetzt ?«
    Er schwieg einen Moment. »Nichts.« Er band die Krawatte und wandte sich ab, um die Treppe hinunterzugehen.
    »Mach dir bitte keine Sorgen um mich«, rief sie ihm nach. »Ich werde nicht auf dich warten.«

3. KAPITEL
    Z wei Uhr dreißig morgens. Caffery und Maddox standen schweigend da und starrten in den weiß gekachelten Obduktionsbereich; fünf Seziertische aus Aluminium, fünf Körper, vom Schambein bis zu den Schultern aufgeschnitten, die Haut zurückgeklappt, worunter sich nackte Rippen zeigten, die von Fett und Muskeln umschlossen waren. Flüssigkeit tropfte in die Schale unter ihnen.
    Caffery kannte das gut; den Geruch von Desinfektionsmitteln, der sich in der kalten Luft mit dem unverkennbaren Gestank von Innereien vermischte. Aber fünf. Fünf. Alle an ein und demselben Tag gefunden. Die Sektionsdiener, die schweigend in ihren pfefferminzgrünen Galoschen und Kitteln umhergingen, schienen nichts Ungewöhnliches daran zu finden. Eine der Gehilfinnen lächelte, als sie ihm eine Gesichtsmaske reichte.
    »Nur noch einen Augenblick, meine Herren.« Harsha Krishnamurthi bearbeitete am hintersten Seziertisch eine Leiche.
    »Wer ist dran?«
    »Ich.« Ein kleiner Sektionsdiener mit runder Brille erschien an seiner Seite.
    »Gut, Martin. Wieg sie, wasch sie, bereite Proben vor. Paula, ich bin hier fertig, du kannst sie zumachen. Laß die Nähte nicht über die Wunden lappen. Also, meine Herren …« Er schob eine Halogenlampe beiseite, hob sein Plastikvisier und wandte sich, die behandschuhten Hände starr nach vorn gestreckt, Maddox und Caffery zu. Er sah gut aus, war schlank, in den Fünfzigern, sein Bart war sorgfältig gepflegt, und seine Augen, die die Farbe
dunklen Holzes hatten, glänzten ein wenig altersmüde. »Großes Gastspiel, nicht wahr?«
    Maddox nickte. »Kennen wir die Todesursache?«
    »Ich glaube schon. Und wenn ich mich nicht irre, ist es eine sehr interessante. Darauf

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