Der Vormacher
hält sie fest, ein anderer öffnet seinen Gürtel – ich habe schon wieder einen Steifen. Unglaublich, was Theodora mit mir macht. Ich schäme mich ein wenig, schließlich sollte so eine Vorstellung Ekel in mir erregen, Abscheu, Entrüstung … dabei denke ich nur, dass ich gerne meinen Gürtel öffnen würde, mit Theodora im Park. Um es wiedergutzumachen, denke ich die Geschichte anders weiter, sie wird zu Boden geschleudert, einer der Motorradmenschen kniet über ihr, da komme ich, der Retter, aus dem Gebüsch, ich springe ihn an, er fallt, alle stehen wie versteinert, damit haben sie nicht gerechnet. Schnell ziehe ich Theodora hoch, wir flüchten Hand in Hand aus dem Park, wir werden verfolgt, aber sie kriegen uns nicht, und in der Stadt ist zu viel los, da sind wir sicher. Natürlich ist sie unbeschreiblich dankbar, sie wirft sich mir an den Hals, und kaum sind wir zu Hause, da zieht sie das verschwitzte Oberteil über den Kopf, sie hat prächtige Brüste, ich kann sie mir genau vorstellen …
Ich muss ins Bad, meine Unterhose wird feucht. Ich verriegle die Tür und beginne zu masturbieren. Da höre ich ein Geräusch. Stocksteif verharre ich, jedenfalls der Rest meines Körpers, mein Schwanz wird vor Schreck ganz schlaff in meiner Hand. Was mache ich denn hier?! Wenn sie jetzt zurückkommt, ist ihr erstes Ziel das Badezimmer, sie wird duschen wollen, außerdem wird heute Nacht vielleicht noch etwas von mir erwartet! Wie peinlich wäre das, wenn sie ins Badezimmer kommt und ein gewisser Geruch hinge in der Luft oder ein weißer Faden fände sich im Abfluss. Ich ziehe die Hose hoch und wasche mir die Hände. Aber woher das Geräusch auch kam, das mich aufgeschreckt hat, sie war es nicht. Es wird zehn, halb elf, selbst um elf ist sie noch nicht zu Hause. Ich klettere auf das Hochbett. Die Decke ist nur wenig mehr als einen Meter über mir, ich kann gerade noch aufrecht sitzen. Neben dem Bett auf einem Regalbrett stehen ein paar Bücher. Ich ziehe wahllos eines heraus, ein großes Buch mit einem unbeschrifteten Einband. Es ist ein Sexbuch, es heißt Wunder des Tantra. Ich mag solche Bücher, die farbigen Abbildungen, auf denen bleiche Inderinnen auf die seltsamsten Arten befruchtet werden. Aber inzwischen ist mir die Laune ein wenig vergangen. Wo bleibt Theodora nur? Sollte ich die Polizei rufen? Oder war das mit dem Joggen nur eine Ausrede, damit sie den Abend nicht mit mir verbringen muss? Vielleicht joggt sie mit einem Freund, nicht mit einer Freundin, ein Freund, bei dem sie nach dem Joggen duscht oder geduscht wird oder erst durchgefickt und dann geduscht und dann wieder gefickt … Der Gedanke schmerzt. Warum tut sie mir das an? Wenn sie nichts von mir will, warum soll ich dann bei ihr wohnen? Sie muss doch einen Hintergedanken gehabt haben, es kann doch nicht nur Mitleid gewesen sein?
Je länger ich auf dem Bett liege und darüber nachdenke, begreife ich, dass ich mich wieder einmal selbst verarscht habe, dass ich mir Hoffnungen gemacht habe, mir möglicherweise etwas eingebildet habe. Theodora und ich, wir sind Kollegen, nichts weiter, und weil ich ihr damals unbeabsichtigt geholfen habe, denkt sie, dass sie etwas wiedergutzumachen hat. Ich bin ihr eine Last, sie will eigentlich gar nicht, dass ich bei ihr wohne, und um das deutlich zu machen, verschwindet sie gleich am ersten Abend, angeblich, um joggen zu gehen. In meinem Bauch liegt ein Brocken, ein großer Klumpen aus Ärger, Scham und Selbstmitleid, eine furchtbare Mischung, die sich immer tiefer in mich hineinfrisst, bis ich auf einmal nicht mehr weiß, ob ich mich schlecht fühle oder ob mir einfach saumäßig übel ist. Um mich abzulenken, ziehe ich ein anderes Buch aus dem Regal. Es ist ein Wörterbuch, Chinesisch-Deutsch, und es erinnert mich sofort an Fritz. Natürlich. Es ist nichts passiert, heute Abend, gar nichts, jedenfalls nichts, worüber ich mich aufregen müsste. Der Abend ist nur schlecht, wenn ich ihn schlechtdenke – es ist also meine eigene Schuld, wenn ich mich schlecht fühle, es bringt nichts und ist vollkommen unnötig. Theodora ist nicht zurückgekommen – na und? Dafür kann es tausend Gründe geben. Und was erwarte ich eigentlich? Wir sind ja nicht verheiratet, wir haben nicht einmal etwas miteinander, ich wohne hier nur, um meine Ruhe zu haben, und jetzt habe ich meine Ruhe.
Ich steige vom Bett. Es ist kurz vor zwölf. Soll Theodora sehen, wo sie bleibt. Ich räume die Gläser weg, den Wein stelle ich auf den Schrank,
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