Der Wachsblumenstrauß
Poirot sprach mit Bitterkeit. »Alles passt gut zusammen, alles ist möglich. Bon Dieu, können wir denn gar niemanden ausschließen? Was ist mit Mrs Leo Abernethie?«
»Sie ist auch eine sehr nette Dame. Der verstorbene Mr Abernethie mochte sie sehr gerne. Sie ist ungefähr zwei Wochen vor seinem Tod nach Enderby gefahren und ist seitdem dort.«
»Nach dem Besuch Mr Abernethies bei seiner Schwester in Lytchett St. Mary?«
»Nein, kurz vorher. Seit dem Krieg ist ihr Einkommen erheblich vermindert. Sie hat ihr Haus auf dem Land aufgegeben und sich eine kleine Wohnung in London gekauft. Sie hat eine Villa in Zypern, wo sie einen Teil des Jahres verbringt. Sie hat dort einen kleinen Neffen, dessen Ausbildung sie bezahlt, und offenbar gibt es ein oder zwei junge Künstler, die sie gelegentlich finanziell unterstützt.«
»Die heilige Helen des untadeligen Lebenswandels.« Poirot schloss die Augen. »Und es ist völlig unmöglich, dass sie an dem Tag Enderby verließ, ohne dass die Dienstboten es bemerkt hätten? Bitte sagen Sie mir, dass es so war. Ich flehe Sie an!«
Mr Goby ließ seinen Blick zu Poirots glänzendem Lacklederschuh schweifen, dem er einen entschuldigenden Blick zuwarf. Direkteren Kontakt würde er an diesem Tag nicht aufnehmen. »Leider kann ich Ihnen nicht sagen, was Sie hören möchten, Monsieur Poirot«, murmelte er. »Mrs Abernethie fuhr an dem Tag nach London, um noch Kleidung und andere Dinge zu holen, weil sie mit Mr Entwhistle vereinbart hatte, dass sie noch länger in Enderby bleiben würde.«
»Il ne manquait que ça!«, sagte Poirot mit Emphase.
Dreizehntes Kapitel
A ls Hercule Poirot die Visitenkarte von Inspector Morton von der Berkshire County Police gereicht wurde, hob er die Augenbrauen.
»Bringen Sie ihn herein, Georges, bringen Sie ihn herein. Und servieren Sie – was trinken Polizisten vorzugsweise?«
»Ich würde Bier empfehlen, Sir.«
»Wie entsetzlich! Und wie britisch. Nun, bringen Sie ein Bier.«
Inspector Morton kam ohne Umschweife zur Sache.
»Ich musste nach London fahren«, sagte er. »Und ich habe Ihre Adresse herausgefunden, Monsieur Poirot. Ich habe Sie am Donnerstag bei der gerichtlichen Untersuchung gesehen. Das hat meine Neugier geweckt.«
»Sie haben mich dort gesehen?«
»Ja. Ich war überrascht, und ich bin, wie gesagt, neugierig geworden. Sie werden sich nicht an mich erinnern, aber ich erinnere mich sehr gut an Sie. Vom Fall Pangbourne.«
»Ach, Sie haben daran gearbeitet?«
»Nur in einer sehr untergeordneten Position. Es ist schon lange her, aber ich habe Sie nie vergessen.«
»Und Sie haben mich neulich sofort wieder erkannt?«
»Das war nicht schwer.« Inspector Morton unterdrückte ein Schmunzeln. »Ihr Äußeres ist… eher ungewöhnlich.«
Sein Blick wanderte über Poirots eleganten Schneideranzug zum gezwirbelten Schwung seines Schnurrbarts.
»Auf dem Land fallen Sie sehr auf«, fügte er hinzu.
»Das ist gut möglich, gut möglich.« Poirot wirkte überaus zufrieden.
»Ich wollte gerne wissen, warum Sie dort waren. Die Art von Verbrechen – ein Raubüberfall – ist sonst eher nicht Ihre Sache.«
»War es denn die gängige Art von brutalem Verbrechen?«
»Das frage ich mich.«
»Das haben Sie sich von Anfang an gefragt, nicht wahr?«
»Sie haben Recht, Monsieur Poirot. Es gibt ein paar Sachen, die mir nicht ganz schlüssig erscheinen. Die Routinearbeit haben wir bereits erledigt. Wir haben eine oder zwei Personen zum Verhör vorgeladen, aber alle konnten ihren Verbleib am fraglichen Nachmittag zu unserer Zufriedenheit erklären. Es war nicht, was man ein ›normales‹ Verbrechen nennt, Monsieur Poirot. Da sind wir ganz sicher. Der Polizeipräsident ist derselben Meinung. Ganz offenbar wollte der Täter es lediglich als ein solches erscheinen lassen. Es könnte diese Gilchrist gewesen sein, aber dafür können wir kein Motiv finden – und es bestand keine emotionale Beziehung zwischen den beiden Frauen. Mrs Lansquenet war vielleicht ein bisschen verrückt – oder ›einfältig‹, wenn Sie so wollen –, aber es war eindeutig ein Verhältnis von Herrin und Dienerin. Leidenschaftliche weibliche Gefühle kamen nicht ins Spiel. Es gibt Dutzende von Miss Gilchrists, und sie haben höchst selten das Zeug zum Mord.«
Er machte eine Pause. »Es sieht also danach aus, als müssten wir unsere Ermittlungen ausweiten«, fuhr er dann fort. »Ich bin gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie uns möglicherweise helfen können. Irgendetwas
Weitere Kostenlose Bücher