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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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An der Ecke vom Marktplatz und des Dieners Gasse hielten sie inne.
    »Heute morgen noch betete ich zum heiligen Cyprianus, der heute seinen Festtag hat«, sagte Servatius. »Er war einst ein mächtiger Zauberer, bis er durch Gottes Gnade bekehrt wurde. Ich bin sicher, er war in irgendeiner Weise bei unserer Psalterprobe behilflich.
    Aber jetzt werde ich zu ihm beten, daß auch der alte Pütrich seiner Zauberei entsagt und in Gott seinen Frieden findet, was nicht leicht sein wird. Ich selbst aber freue mich von Herzen wieder auf die Ruhe meines Klosters und hoffe doch sehr, daß mich keiner von Euch Herren so bald wieder aus beschaulicher Andacht und eifrigen Studien reißen wird.« Doch mit einem Augenzwinkern nährte Servatius diesbezüglich bei den beiden Freunden schon den Zweifel, den er selbst so sehr schätzte.
    Konrad Diener schüttelte den beiden Pflegern die Hand und dankte für ihre Hilfe. Und zu Peter sprach er: »Ich könnte im übrigen noch einen tüchtigen Schreiber gebrauchen. Ihr müßtet dabei allerdings… hm… nun ja, Ihr dürftet nicht eigenmächtig handeln und…«
    Er schmunzelte, dann mußte er selbst herzlich lachen, und die anderen stimmten ein. »Nun, überlegt’s Euch wenigstens und Gott befohlen!«
    Als die beiden Freunde ins Tal schlenderten, sagte Peter so vor sich hin: »Er muß ihn einst wirklich über alle Maßen geliebt haben.«
    »Wie?«
    »Na der Ludwig den Alten. Wie sonst hätte so übergroßer Haß entstehen sollen. Denk an die Worte Isaaks!«
    Nach einer Weile fing Paul an: »Ich jedenfalls hatte es gleich im Gefühl, daß mit der Sippschaft etwas faul war. Erinnerst du dich?«
    »Natürlich«, stimmte Peter zu, klopfte seinem Freund auf das stattliche Bäuchlein und frotzelte: »Der eine hat’s eben im Gefühl, während andere mühsam ihren Verstand gebrauchen müssen.«
    Paul schien in keiner Weise gekränkt und gab fröhlich zurück: »Schon wahr. Aber wie du die ganze Sache eingefädelt hast, tztz. Ich hätte nicht gedacht, daß du so durchtrieben sein kannst.« Es klang mehr wie ein stolzes Lob und gar nicht wie Tadel.
    »Ganz einfach«, erklärte Peter mit Unschuldsmiene, »steht doch bei Matthäus klar und deutlich geschrieben:
    Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.
  Seid daher listig wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!«
    Epilog
    Konrad Dieners Warnung durch einen Eilboten blieb nicht lange verborgen und versetzte das Heerlager König Ludwigs in helle Aufregung. Das schlimme Wort »Verrat« ging um, und alsbald mißtrauten die nervösen Kampfgefährten sich gegenseitig mehr als dem Feind. Vor allem den Niederbayern schlug Argwohn entgegen, denn ein Teil des dortigen Landadels war nicht immer auf Seiten Ludwigs gestanden, und habsburgische Bestechungsgelder flossen reichlich, auch und gerade nachdem die niederbayerischen Herzöge noch im Mai dieses Jahres mit ihrem ehemaligen Vormund Ludwig ein Schutz-und Trutzbündnis gegen die Österreicher und den Erzbischof von Salzburg geschlossen hatten.
    Aber entscheidend waren wohl letztlich Furcht und Unerfahrenheit, denn Heinrich der Ältere von Niederbayern, der – mannhaft entschlossen, seinem königlichen Verwandten zu Hilfe zu eilen –, sein vortrefflich gerüstetes Aufgebot zum vorgesehenen Schlachtplatz geführt hatte, war eben erst vierzehn Jahre alt und volljährig geworden. Als nun der Mordplan ruchbar geworden und darüber hinaus die falsche Kunde eingetroffen war, daß Leopold von Habsburg mit einem starken Heer bereits im Anmarsch sei, obwohl er in Wahrheit säumig und erst bis Ulm gekommen war, da erfaßte den jugendlichen Herzog und einen Großteil der Kämpfer mächtiger Schrecken vor der befürchteten Umzingelung durch die Heerhaufen Friedrichs und Leopolds und vor der schrecklichen Aussicht, ihnen bei einer geglückten Ermordung Ludwigs führerlos gegenüberzustehen.
    Herzog Heinrich der Ältere und seine Mannen verließen als erste fluchtartig das Feldlager, um sich hinter Landshuts festen Mauern zu verschanzen, und nach ihnen löste sich an Michaeli, dem Festtag des furchtlosen himmlischen Streiters, das gesamte Heer in kopfloser Panik und Mutlosigkeit auf.
    Was blieb da Ludwig anderes übrig, als das Feld dem Feind zu überlassen, mit seinen Getreuen ebenfalls die Flucht zu ergreifen und sich in den Schutz der Stadt München zurückzuziehen. Zwar schlichen sich die enttäuschten Kämpfer, die vor Wochen stolz und siegessicher ausgezogen waren, nicht gerade bei Dunkelheit

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