Der Wachsmann
Tod zu verantworten hatten, dafür zur Rechenschaft gezogen worden waren. Und Peter nahm seinerseits die freudige Nachricht nach München mit zurück, daß ein tüchtiger Flößermeister aus Wolfratshausen immer öfter in dem kleinen Anwesen außerhalb des Marktfleckens nach dem Rechten sah und daß – so es Gottes Wille war – im kommenden Jahr die Hochzeitsglocken läuten würden.
Ihm selbst war in dieser Hinsicht nicht ganz soviel Glück beschieden. Oh, er genoß das Zusammensein mit Agnes und spielte eifrig mit den Jungen, aber der entscheidenden Frage wich er gerne aus, so wie es Lies einst prophezeit hatte, daß er zwar rasch entflammt sei, doch schwer nur sich zum Treueschwur entschließen könne. Und da waren auch noch seine großen Pläne, und er wollte doch eigentlich kein Wirt sein und dann passierte da noch… – aber das ist bereits wieder eine andere Geschichte.
Heinrich Pütrich zog sich ganz aus dem Geschäftsleben zurück und verbrachte – an Leib und Seele schwer leidend – die ihm noch verbleibende Zeit mit Gebet und auferlegter Buße, bis er im darauffolgenden Jahr verstarb.
Birgit Pütrich nahm widerstrebend den Schleier, nicht bei den Seelnonnen in dem von der Familie gestifteten Regelhaus, sondern außerhalb der Stadt, wo sich alsbald ihre Spur verlor.
Ludwig Pütrich, der Sohn des Alten, kehrte aus Italien zurück, übernahm alleine das Handelshaus und führte es zu neuer Größe. Durch sein gewinnendes Wesen errang er bald überall Achtung und Ansehen, und Jahre später durfte er in demselben Haus, das Schauplatz solch schauriger Tragödie war, den Markgrafen Friedrich von Meißen beherbergen, dessen Schwiegervater Ludwig von Witteisbach – nunmehr Kaiser – dortselbst zu Besuch kam.
Heinrich Rabenecker wurde noch vor den Christtagen unter großer Anteilnahme der Bevölkerung mit dem Schwert gerichtet.
Nachwort des Autors
Die Geschichte ist im wesentlichen frei erfunden und doch hat sie einen wahren Hintergrund. Der langjährige Bruderzwist zwischen Rudolf und Ludwig, die unglückselige Doppelwahl zum römisch-deutschen König, die politische Konstellation des Jahres 1319 und die Tatsache, daß Friedrich und Leopold von Habsburg zur Entscheidungsschlacht drängten sowie der überraschende und überstürzte Rückzug König Ludwigs am 29. September 1319 sind historisch erwiesen. Die Fürstenfelder Chronik berichtet hierzu:
»Aber auf Seiten des Königs gab es auch einige nichtswürdige Schurken, die vom Satan verführt aus Mißgunst, oder, was ich für wahrscheinlicher halte, infolge von Bestechung sich gegen den König fest verschworen und verbanden, sie wollten ihn an einem bestimmten Tag, noch vor dem Tag der Schlacht, wenn er zur Messe gehe, hinterlistig festnehmen, erschlagen und töten. Aber dieser schlimme Plan konnte nicht lange verborgen bleiben; gar bald ging das Gerücht durch die Menge, der König solle am nächsten Tag ermordet werden. Darüber erschraken alle nicht wenig, indem sie sich ausmalten, wie sie, wenn der König erschlagen oder verjagt würde, ohne Ausnahme eine Beute der Feinde werden müßten; denn wenn der Hirte umgekommen ist, so ist auch die Herde gefährdet und muß zugrunde gehen. Auch Herzog Heinrich entsetzte sich daher, als er vernahm, daß ein so schreckliches Unheil dem König bevorstehe, und zog alsbald mit den Seinen ab, um sich zu retten. Auf sein Beispiel lief alles auseinander. Auch der König, der sich betrogen und vom Glück verlassen sah, trat, zwar der Lebensgefahr entrinnend, von der die Rede war, aber nichtsdestoweniger enttäuscht mit tiefem Schmerz den Rückzug an und eilte nach München. Es läßt sich somit nicht verkennen, daß das ganze ein böswilliger Anschlag war, darauf berechnet, die Österreicher, wenn der König verjagt oder getötet wäre, als Sieger im Streit erscheinen zu lassen und sie widerstandslos zu Herren in Bayern zu machen.« (zit. nach Lohmer, Chr., Hrsg.: Geschichte Ludwigs des Bayern, 1987, Bd. I, S. 125 f.)
Verbürgt, wenngleich zeitlich nicht immer in völliger Übereinstimmung mitgeteilt, sind auch Ereignisse der Münchner Stadtgeschichte wie der Angriff auf den Stadtrichter Konrad Diener und die nachfolgende Verbannung angesehener Bürger, unter ihnen Heinrich der Rabenecker. Über sein Schicksal berichtet die älteste Kammerrechnung, daß der Henker im Jahre 1320 sechzig Pfennige »pro decollatione Rabenegkerii«, also für die Enthauptung des Rabenecker erhalten habe. (zit. nach Stahleder, H.:
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