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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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unsichtbarer Stift zog eine fortlaufende Linie, die von links nach rechts über einen endlos vorbeiziehenden Graphen wanderte.
    »Das sind die elektrischen Impulse des Gehirns, gemessen in Mikrovolt.«
    Eine monotone Reihe von Bergen und Tälern stellte Dunnys Gehirnaktivität dar. Die Gipfel waren niedrig und breit, die Täler vergleichsweise steil und eng.
    »Im Schlaf erzeugen wir Deltawellen«, erklärte der Arzt. »Das da sind solche Wellen, aber sie sehen nicht so aus wie bei einem normalen Schläfer. Die Gipfel sind breiter und wesentlich niedriger als bei gewöhnlichen Delta-wellen, und die Oszillation am Anfang und Ende der Täler ist fließender. Außerdem sind die elektrischen Impulse relativ selten und schwach. Das bedeutet, dass der Patient in einem tiefen Koma liegt. So weit, so gut. Machen wir jetzt einen Sprung zum Vorabend von Whistlers Tod.«
    »Sonntagabend.«
    »Genau.«
    Während die Stunden auf dem Bildschirm innerhalb einer Minute vorbeiflogen, verschwammen und zitterten die Deltawellen, aber nur minimal, da die einzelnen Wellen fast keine Unterschiede aufwiesen. Eine ganze Stunde komprimierter Daten, die in wenigen Sekunden abrollten, sah nicht viel anders aus als eine in Echtzeit betrachtete Minute.
    Das Muster war derart einförmig, dass Ethan nicht hätte sagen können, wie viele Stunden – oder Tage – da vorbeizogen, wenn auf dem Bildschirm keine Zeitanzeige gewesen wäre.
    »Der fragliche Vorgang hat sich am Sonntag eine Minute vor Mitternacht abgespielt«, sagte Dr. O’Brien.
    Er klickte wieder auf Echtzeitdarstellung, und der schnelle Vorlauf hielt um 23:23:22 Uhr inne. Nach zwei weiteren kurzen Klicks sprang die Anzeige auf 23:58:09 Uhr.
    »Noch eine knappe Minute.«
    Ethan merkte, dass er sich unwillkürlich vorbeugte.
    An die Fensterscheibe prasselte ein Regenguss, als hätte der zornige Wind Zahnsplitter ausgespuckt.
    Eine der beiden Frauen an den anderen Computern hatte inzwischen den Raum verlassen.
    Die verbliebene Frau sprach murmelnd in ihr Telefon. Man hörte einen leisen, etwas unheimlichen Singsang. Vielleicht klangen so die Stimmen, die Botschaften auf dem Anrufbeantworter von Anschluss Nummer 24 hinterließen.
    »Da!«, sagte Dr. O’Brien.
    Um exakt 23:59 Uhr begannen die trägen, gleichförmigen Deltawellen sich in etwas völlig anderes zu verwandeln, in spitze, unregelmäßige Berge und Täler.
    »Das sind Betawellen, und zwar eine ziemlich extreme Sorte. Die schwache, sehr schnelle Oszillation weist darauf hin, dass der Patient sich auf einen äußeren Reiz konzentriert.«
    »Was für einen Reiz?«, fragte Ethan.
    »Etwas, was er sieht, hört, spürt.«
    »Ein äußerer Reiz? Was kann er im Koma sehen, hören oder spüren?«
    »Das ist nicht mehr das Wellenmuster eines Komatösen. Es ist das eines Menschen, der bei vollem Bewusstsein, wach und unruhig ist.«
    »Aber es handelt sich um eine Funktionsstörung des EEGs, oder?«
    »Einige meiner Kollegen meinen, dass das der Fall sein muss. Aber …«
    »Sie sind da anderer Meinung.«
    Zögerlich starrte der Arzt auf den Bildschirm. »Nun, ich sollte dem Rest der Geschichte nicht vorgreifen. Also weiter. Als die Dienst habende Schwester diese Daten gesehen hat, ist sie sofort ans Bett des Patienten geeilt, weil sie dachte, dass er aus dem Koma erwacht ist. Er lag jedoch immer noch so schlaff wie zuvor da und reagierte auch nicht, als sie ihn ansprach.«
    »Hat er vielleicht geträumt?«, fragte Ethan.
    Dr. O’Brien schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Das Wellenmuster von Träumenden ist so markant, dass es leicht erkennbar ist. Die Forschung hat im Übrigen vier unterschiedliche Schlafphasen bestimmt, die sich jeweils durch typische Wellenformen auszeichnen. Keine davon entspricht dem Muster da.«
    Die Betawellen begannen nun höher und tiefer auszuschlagen. Aus den zerklüfteten Plateaus, die bisher erschienen waren, wurden nadelspitze Gipfel und Täler mit steilen Hängen.
    »Die Schwester hat sofort einen Arzt herbeigerufen«, sagte Dr. O’Brien, »und der hat einen weiteren Kollegen gerufen. Keiner der beiden hat irgendein physisches Anzeichen dafür entdecken können, dass Whistler auch nur minimal aus seinem tiefen Koma erwacht wäre. Die Atmung wurde noch immer ausschließlich von dem Beatmungsgerät sichergestellt; der Herzschlag war langsam und leicht unregelmäßig. Dem EEG zufolge hat das Gehirn dennoch die Betawellen eines wachen, bei vollem Bewusstsein befindlichen Menschen erzeugt.«
    »Vorher haben

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