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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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der Schätze Indiens erhoben hätte, wenn Lanze und Ehre in einer anderen Sache verpfändet gewesen wären.
    »Ich fühle wohl, mein Junge, daß ich Euch durch diese Weigerung schmerzlich berühre«, fügte der Kanadier hinzu, als er die Traurigkeit sah, die plötzlich wie eine Wolke die Stirn Tiburcios umschleierte.
    »Hört mich an, mein braver Jäger«, erwiderte der junge Mann. »Ich kann es Euch nicht verheimlichen, daß Eure Weigerung alle meine Hoffnungen zu Boden wirft; aber glaubt mir, nicht meinetwegen bedaure ich die Schätze, die wir anderen überlassen wollen ...«
    »Ich glaube es Euch«, antwortete Bois-Rosé; »die Habgier hat gewöhnlich ihren Sitz nicht auf einer Stirn wie der Eurigen. Aber ich verweigere es auch nicht geradezu, Euch nützlich zu werden. Ich habe einige Gründe, zu glauben, daß Pepe hier sich auch über einen von jenen drei Männern zu beklagen hat und daß wir gemeinschaftliche Sache mit Euch – sei es in Eurer Liebe oder in Eurem Haß – werden machen können.« Während dieser Unterredung schienen die oft ausgesprochenen Worte »Schätze« und »Reichtümer« ihren zauberischen Einfluß auf Pepe statt auf Bois-Rosé auszuüben, denn er drehte sich oft herum, als ob er gegen die Entscheidung seines Freundes protestieren wollte. »Dieser Don Estévan, von dem ich habe reden hören«, nahm der Kanadier wieder das Wort, »ist ein Mann von ziemlich hohem Wuchs, nicht wahr? Es ist der Chef des Reitertrupps, bei dem Ihr gestern noch wart?«
    »Er selbst«, antwortete Tiburcio.
    »Das ist also der Name, den er hier angenommen hat?« unterbrach sie plötzlich die Stimme Pepes, der sich in die Höhe richtete, um an der Unterhaltung teilzunehmen.
    »Solltet Ihr ihn etwa zufällig kennen?« fragte der junge Mann.
    »Jawohl«, erwiderte Pepe; »er ist ein alter Bekannter von mir, mit dem ich noch eine rückständige Rechnung ins reine zu bringen habe, und gerade deshalb habt Ihr mich auch unter diesem Himmelsstrich gefunden. Wenn Ihr mehr von ihm zu wissen wünscht und er etwa zufällig dem Messerstoß, den Ihr empfangen habt, nicht fremd geblieben wäre, so will ich es Euch später erzählen und werde Euch auch gut zur Hand gehen können. Doch jedes Ding hat seine Zeit, und das wichtigste ist jetzt, zu schlafen, um auf jedes Ereignis vorbereitet zu sein.«
    »Noch einen Augenblick, Pepe, noch einen Augenblick!« sagte der Kanadier in guter Laune. »Es sieht fast aus, als ob du im Sinn hast, deinen Beinamen ›der Schläfer‹ zu rechtfertigen. Höre mich einen Augenblick! Dieser junge Mann hat uns vorgeschlagen, ihn nach einer so reichen Goldmine zu begleiten, daß man sich nur zu bücken braucht, um das Gold aufzunehmen.«
    »Demonio!« rief Pepe. »Du hast es doch angenommen, denke ich?«
    »Im Gegenteil – ich habe es ausgeschlagen.«
    »Und du hast unrecht daran getan, Bois-Rosé; die Sache verdient Überlegung! Aber wir wollen später davon sprechen; für den Augenblick nehme ich wie gewöhnlich das Nötigste zuerst vor.«
    Nach diesen Worten legte sich Pepe alsbald nieder, und das Geräusch seines Atemholens bewies bald, daß er wieder eingeschlafen war.

22 Das Wiedererkennen
    Tiburcio wünschte sich Glück, daß er sich in der Hoffnung, die das zufällige Zusammentreffen mit den beiden Jägern ihm eingeflößt hatte, nicht gänzlich getäuscht sah.
    Bois-Rosé nahm das Wort. »Wie Ihr seht«, sagte er, »werdet Ihr in meinem Freund Pepe einen Mann finden, der bereit ist, sich mit Euch gegen diesen Don Estévan zu verbinden; was so viel bedeuten will, daß ich Euch auch nicht mehr fehlen werde, denn seine Feinde sind auch die meinigen. Ich habe also das Glück, da die Dinge so stehen, Euch die Hilfe einer guten Büchse, die ihr Ziel nicht verfehlt, anbieten zu können; aus ganz besonderen Gründen habe ich niemals einen jungen Mann Eures Alters von Gefahren bedroht zu sehen vermocht, wie es bei Euch der Fall gewesen ist und noch ferner sein wird, ohne ein lebhaftes Bedauern zu empfinden, mich nicht auf seine Seite schlagen zu können. Ihr könnt also doppelt auf mich rechnen und werdet sehen, daß der Himmel Euch einen Freund gesandt hat, der wohl ebensogut ist als ein anderer.«
    Während er so sprach, schien der kanadische Jäger aufmerksam den Kolben seiner langen Büchse zu betrachten, und zum erstenmal bemerkte Tiburcio, daß er mit einer Menge rätselhafter Zeichen, die mit der Spitze eines Messers eingraviert waren, bedeckt war.
    »Ach«, sagte Bois-Rosé, der den Blick des

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