Der Weg der Helden
Kriegern zu tun, die mit Schwertern bewaffnet sind.«
» Nur noch?«, warf Viruk ein. » Und außerdem sagt Ihr, die Vagaren hätten es mit ihnen zu tun. Was genau schlagt Ihr vor, Cousin?«
» Ich habe vor, dieselbe Strategie zu benutzen, die einst Banel in der letzten Schlacht der Kristallkriege angewendet hat.« Ein Murmeln erhob sich unter den Soldaten. » Sprecht nicht laut darüber«, warnte er sie. » Wir können nicht wissen, ob die Kristallkönigin uns belauscht.«
Goray trat vor. » Ihr sagt, Ihr habt vor, diese Strategie zu wiederholen, Rael. Aber wenn unser Volk jetzt entscheidet, sich den Almecs anzuschließen?«
» Glaubt Ihr, dass sie das tun werden?«, konterte Rael. Goray verstummte.
» Selbstverständlich werden sie das tun«, meinte Viruk. » Oder glaubt Ihr tatsächlich, dass das gemästete Kalb freiwillig zum Schlachter geht?«
» Ich hoffe, dass mein Volk sich ehrenhaft entscheidet«, antwortete der Questor General.
Viruk lachte. » Ich liebe Euch, Cousin«, sagte er, » aber Ihr seid ein Romantiker geworden. Doch keine Angst, ich werde Euch auf Banels Pfad folgen.«
» Ich ebenfalls«, sagte Goray.
Niemand sonst sagte etwas. Rael sah seinen Soldaten im Licht der Laternen in die Gesichter und begriff, dass Viruk die Gefühle der Avatar sehr genau eingeschätzt hatte. Keiner von ihnen war bereit, den Kampf fortzusetzen. Der fette Caprishan stand schweigend im Hintergrund. » Ich werde keine Rüstung brauchen«, sagte er.
» Von diesen Rüstungen würde Euch auch keine passen, Ihr fettes Schwein«, erwiderte Viruk.
In diesem Augenblick ertönte ein lautes Donnern hoch über ihnen, gefolgt von einer Reihe von Explosionen, die lange Risse in der Decke der Waffenkammer aufbrechen ließen.
» Bei allen Himmeln, wir werden angegriffen«, schrie Goray.
» Bleibt ruhig!«, brüllte Rael. » Wir befinden uns hier unterhalb des Gebäudes. Hier kann uns nichts passieren!«
Dutzende von Explosionen folgten, eine nach der anderen, so als würde die Welt über ihnen in Feuer und Tod enden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit ebbte der Lärm ab.
Rael führte seine Männer die Treppe hinauf. Schon bald wurden sie von Trümmern aufgehalten. Die Avatar bildeten eine Reihe und räumten die Steine weg. Über sich konnten sie das Mondlicht sehen. Rael war der Erste, der sich aus der Grube in die Ruinen von dem stemmte, was einst die Große Bibliothek gewesen war. Die Statue des Avatar Primu war umgestürzt, sein Haupt in Dutzende Stücke zerbrochen. Überall brannten Feuer, und zwischen den zertrümmerten Steinen lagen Leichen.
In dem Moment tauchten die Truppen der Vagaren auf, angeführt von Mejana und Pendar. Rael ging ihnen entgegen.
» Es geschah ganz plötzlich«, sagte Mejana. » Die Almecs haben vor etwa zwei Stunden angefangen, ihre Feuerrohre zu verlegen. Sie haben sie neu ausgerichtet, und dann fingen sie an, ihre Feuerbälle zu schießen. Wir dachten, sie würden die Mauern angreifen, aber sie schossen ausschließlich auf die Bibliothek. Wir konnten nichts dagegen tun.«
» Ist jemand herausgekommen?«, fragte er sie.
» Drei Kinder wurden herausgetragen. Eines ist gestorben, die beiden anderen sind mit einem Schock davongekommen.«
Rael sagte nichts weiter, sondern rannte mit den anderen Avatar zu den Ruinen. Dort begannen sie, wie verrückt die Steine wegzuräumen.
Im Laufe der Nacht wurden immer mehr Leichen aus den Trümmern geborgen. Im Morgengrauen war das ganze Ausmaß des Massakers ersichtlich. Zweihundertsiebzehn Avatar waren tot oder wurden noch vermisst. Nur vier Frauen und zwei Kinder hatten überlebt.
Rael fand Mirani kurz vor Tagesanbruch. Sie hatte versucht, zwei Kinder vor den herabstürzenden Trümmern zu schützen. Die Leichen der Kleinen lagen unter ihrer, und sie hatte ihre Arme um sie geschlungen. Avatar und Vagaren arbeiteten zusammen, um die Steine wegzuräumen. Rael hob Miranis Leiche vom Boden, setzte sich dann auf die Trümmer und zog sie auf seinen Schoß. Er sagte kein Wort; sein Herz war zu schwer, als dass er hätte weinen können. Er hielt sie nur fest und wiegte sich vor und zurück.
Etwas abseits saß Mejana, völlig erschöpft, und beobachtete seine stumme Trauer.
Zwei Leichenträger standen mit einer Bahre in der Nähe, nervös und zu verängstigt, um sich Rael zu nähern. Mejana ging schließlich zu dem Questor General. » Es wird Zeit, sie gehen zu lassen«, erklärte sie. Rael sah wortlos zu ihr hoch. Dann küsste er Mirani ein letztes Mal und
Weitere Kostenlose Bücher