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Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Titel: Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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hatte. Sie sollte das Blatt mit Schichtbaumsaft firnissen, damit die Kohle fixiert und vor Schmutz geschützt war. Davon hatte sie einiges in ihrem Gepäck. Doch zuerst wollte sie das Blatt und die Gestalt darauf betrachten. Wer war Jasnah Kholin? Keine jedenfalls, die sich einschüchtern ließ, so viel war gewiss. Sie war eine Frau bis in die Knochen, Meisterin der weiblichen Künste, aber keinesfalls zart.

    Eine solche Frau würde Schallans Entschlossenheit hochschätzen. Sie würde einer weiteren Bitte um Mündelschaft lauschen, vorausgesetzt sie wurde in schicklicher Weise dargebracht.
    Jasnah war auch eine Rationalistin – eine Frau, die es aufgrund ihrer eigenen Vernunft wagte, die Existenz des Allmächtigen zu verleugnen. Jasnah würde Stärke schätzen, aber nur, wenn sie auch der Logik entsprang.
    Schallan nickte, nahm ein viertes Blatt Papier und einen feinen Pinsel heraus, schüttelte ihr Tintenfässchen und schraubte es auf. Jasnah hatte einen Beweis von Schallans logischen und schreiberischen Fähigkeiten gefordert. Was also war besser, als eine solche Frau mit Worten zu beeindrucken?
    Eure Hellheit Jasnah Kholin, schrieb Schallan und zeichnete die Buchstaben so sauber und schön, wie sie nur konnte. Sie hätte auch eine Schilffeder benutzen können, aber ein Pinsel war das richtige Werkzeug zur Erschaffung von Kunst. Und genau das sollte dieses Blatt werden. Ihr habt meine Bitte abgelehnt. Das nehme ich hin. Doch wie jeder weiß, der in formeller Nachforschung ausgebildet ist, sollte keine Hypothese als unumstößlich betrachtet werden. Für gewöhnlich schrieb man ja, man sollte keine Hypothese – außer der von der Existenz des Allmächtigen persönlich – als unumstößlich betrachten . Aber Schallans Fassung würde Jasnah sicherlich besser gefallen.
    Eine Wissenschaftlerin muss bereit sein, ihre Theorien zu ändern, wenn ein Experiment sie widerlegt. Ich hege die Hoffnung, dass Ihr Eure Entscheidung in der gleichen Weise behandelt: als vorläufiges Ergebnis, das von weiteren Informationen abhängt.
    Aus unserem kurzen Gespräch konnte ich schließen, dass Ihr Wagemut schätzt. Deshalb nehme ich an, Ihr werdet diesen Brief nicht als Verstoß gegen den guten Geschmack beurteilen. Betrachtet ihn als Beweis meines Eifers, Euer Mündel zu werden, und nicht als Abwertung Eurer ausdrücklichen Entscheidung.

    Schallan hob das Ende ihres Pinsels an die Lippen und überdachte ihre nächsten Worte. Die Schöpfungssprengsel verblassten allmählich und waren irgendwann verschwunden. Angeblich existierten auch Logiksprengsel – in der Gestalt winziger Gewitterwolken –, die von großen Auseinandersetzungen angezogen wurden. Aber Schallan hatte noch nie ein solches gesehen.
    Ihr erwartet einen Beweis meiner Würdigkeit, fuhr Schallan fort. Ich wünschte, ich könnte Euch zeigen, dass meine Ausbildung vollständiger ist, als unser Gespräch zu enthüllen imstande war. Leider besitze ich nicht die notwendigen Fähigkeiten für eine solche Beweisführung. Ich habe gewisse Verständnisschwächen. Das ist offensichtlich und bedarf keines vernünftigen Disputes.
    Aber das Leben der Männer und Frauen ist mehr als nur ein logisches Rätsel; der Kontext ihrer Erfahrungen ist zum Treffen richtiger Entscheidungen unschätzbar wichtig. Meine Studien in der Logik werden niemals an Eure Kenntnisse heranreichen, aber selbst ich weiß, dass die Rationalisten eine Regel haben: Man kann Logik dort nicht als ein Absolutum anwenden, wo es um Menschen geht. Wir sind nicht nur Gedankenwesen.
    Daher will ich im Kern ein Licht auf meine Unwissenheit werfen. Ich will sie nicht entschuldigen, sondern erklären. Ihr habt Euer Missfallen darüber ausgedrückt, dass jemand wie ich so unangemessen unterrichtet wurde. Was aber ist mit meiner Stiefmutter? Was ist mit meinen Lehrerinnen? Warum war denn meine Erziehung so armselig?
    Die Fakten sind peinlich. Ich hatte wenige Lehrerinnen und so gut wie gar keine Erziehung. Meine Stiefmutter hat versucht, mich zu erziehen, doch sie hatte selbst keine Erziehung genossen. Es ist ein sorgsam gehütetes Geheimnis, dass viele der ländlichen Veden-Häuser die angemessene Erziehung ihrer Frauen vernachlässigen.
    Ich hatte drei verschiedene Lehrerinnen, als ich noch sehr jung war, aber jede ging nach wenigen Monaten wieder davon. Als
Grund gaben sie entweder die Grobheit meines Vaters oder seine schlechte Laune an. Was die Erziehung betraf, so wurde ich mir selbst überlassen. Ich habe mir durch

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