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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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nur allzu leicht in Rattes Haut schlüpfen und Rattes Gedanken denken.
    Eine Säuberung ist nicht genug. Eine Säuberung wird mir für einige Jahre Sicherheit verschaffen. Andere Gildenhäupter haben getötet, um an der Macht
zu bleiben. Töten macht mich nicht zu etwas Besonderem. Azoth arbeitete an der Idee. Ratte hatte keinen geringen Ehrgeiz. Ratte hatte seinen Hass drei Monate lang aufgestaut. Warum sollte er bereit sein, Azoth drei Monate lang nicht ein Mal zu schlagen?
    Zerstörung. Darauf lief es hinaus. Ratte würde ihn auf spektakuläre Weise zerstören. Er würde seine eigene Grausamkeit befriedigen und seine Macht fördern. Er würde etwas so Schreckliches tun, dass Azoth zu einer Geschichte werden würde, die die Gilde sich erzählte. Er würde ihn vielleicht nicht einmal töten, sondern ihn nur auf eine grauenhafte Weise verstümmeln, so dass alle, die Azoth begegneten, Ratte umso mehr fürchten würden.
    Ein Schlurfen erklang in der Gasse, und Azoth spannte sich an. Langsam, sehr langsam, zog er das Shiv heraus. Die Gasse war eng - die Gebäude standen so nah beieinander, dass ein erwachsener Mann beide Mauern gleichzeitig berühren konnte.
    Azoth hatte sie genau aus diesem Grund ausgewählt. Er würde sich seine Beute nicht durch die Finger schlüpfen lassen. Aber jetzt wirkten die Mauern bösartig, sie streckten hungrige Finger nacheinander aus, schlossen die Sterne aus, griffen nach ihm. Wind murmelte über die Dächer und erzählte Geschichten von Mord.
    Wieder hörte Azoth das Schlurfen und entspannte sich. Eine vernarbte alte Ratte kam unter einem Stapel modernder Bretter hervor und schnupperte. Azoth blieb reglos sitzen, während die Ratte weiterwatschelte. Sie schnupperte an Azoths nackten Füßen, stupste sie mit einer feuchten Nase an, und als sie keine Gefahr spürte, bewegte sie sich weiter, um zu fressen.
    Gerade als die Ratte Anstalten machte zu beißen, begrub Azoth das Shiv hinter ihrem Ohr und im Boden darunter. Das
Tier zuckte, quiekte aber nicht. Er zog das dünne Eisen heraus, zufrieden mit der Lautlosigkeit seines Tuns. Wieder betrachtete er die Gasse. Immer noch nichts.
    Also, wo bin ich verwundbar? Was würde ich tun, um mich zu vernichten, wenn ich Ratte wäre?
    Etwas kitzelte ihn im Nacken, und er wischte es weg. Verflucht sollen sie sein, die Wanzen.
    Wanzen? Es war eiskalt hier draußen. Als er die Hand vom Nacken nahm, war sie warm und klebrig.
    Azoth drehte sich um und schlug um sich, aber das Shiv flog ihm aus der Hand, als etwas sein Handgelenk traf.
    Keinen Schritt entfernt hockte Durzo Blint auf den Fersen. Er sprach nicht. Er starrte nur geradeaus, seine Augen kälter als die Nacht.
    Es folgte eine lange Pause, während sie einander musterten und keiner ein Wort sagte. »Ihr habt die Ratte gesehen«, sagte Azoth schließlich.
    Eine Augenbraue wurde hochgezogen.
    »Ihr habt mich gestochen, wo ich sie gestochen habe. Ihr habt mir gezeigt, dass Ihr um so vieles besser seid als ich, wie ich besser bin als die Ratte.«
    Der Anflug eines Lächelns. »Eine seltsame kleine Gilderatte bist du. So klug, so dumm.«
    Azoth betrachtete das Shiv - das sich jetzt auf magische Weise in Durzos Hand befand - und fühlte sich beschämt. Er war dumm. Was hatte er sich nur gedacht? Er wollte einen Blutjungen bedrohen? Laut sagte er: »Ich werde bei Euch in die Lehre gehen.«
    Blint schlug ihm mit der offenen Hand ins Gesicht, so dass er gegen die Mauer geschleudert wurde. Sein Gesicht kratzte über Stein, und er landete schwer auf dem Boden.

    Als er sich umdrehte, stand Blint über ihm. »Nenn mir einen guten Grund, warum ich dich nicht töten sollte«, sagte Blint.
    Puppenmädchen. Sie war nicht nur die Antwort auf Blints Frage, sie war Azoths Schwäche. Sie war die Stelle, an der Ratte zuschlagen würde. Eine Woge der Übelkeit überschwemmte Azoth. Zuerst Jarl und jetzt Puppenmädchen.
    »Ihr solltet es tun«, erwiderte Azoth.
    Blint zog abermals eine Augenbraue hoch.
    »Ihr seid der beste Blutjunge in der Stadt, aber Ihr seid nicht der einzige. Und wenn Ihr mich nicht in die Lehre nehmen wollt, und wenn Ihr mich nicht tötet, werde ich unter Hu Gibbet oder Scarred Wrable trainieren. Ich werde mein Leben damit verbringen, nur für den Augenblick zu trainieren, in dem ich meine Chance gegen Euch habe. Ich werde warten, bis Ihr denkt, ich hätte den heutigen Tag vergessen. Ich werde warten, bis Ihr denkt, es sei nur die Drohung einer dummen Gilderatte gewesen. Nachdem ich ein Meister

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