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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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bist jämmerlich«, sagte sie.
    Er konnte nur ächzen.

    Sie schwang sich von ihm herunter. Er rappelte sich hoch, als die Tür aufgerissen wurde, aber er war zu langsam. Sie warf bereits ihr Messer nach Graf Drake.
    Der Graf sprang zur Seite, und das Messer flog an ihm vorbei, ohne Schaden anzurichten. Sofort hielt er selbst ein Wurfmesser in der Hand, doch er zögerte. Vi sah seine erhobene Hand und sprang zum Fenster.
    Kylar entriss dem Grafen das Messer und warf es, während Vi durchs Fenster verschwand. Er glaubte zu sehen, dass es sich in ihre Schulter bohrte. Er packte das Schwert, das unter seinem Bett verborgen lag, doch als er aus dem Fenster schaute, war sie fort.
    Der Graf wirkte erschüttert. Er hielt einen roten Pfeil in der anderen Hand. »Ich habe gezögert«, sagte er. Bei jedem anderen wäre es das Eingeständnis einer Niederlage gewesen, aber Graf Drake klang triumphierend. »Nach all diesen Jahren habe ich mir so meine Gedanken gemacht, aber es ist wahr. Ich habe mich wirklich verändert. Danke, Gott.«
    Kylar sah ihn verwundert an. »Wovon sprecht Ihr?«
    »Kylar, wir müssen reden.«

45
    »Ich werde in ein oder zwei Tagen tot sein, also hör mir bitte genau zu, Jarl«, sagte Momma K.
    Jarl zögerte einen Moment lang, dann nippte er an dem Ootai, den sie ihm eingeschenkt hatte.
    Verdammt, kann der Junge kalt sein. Aber andererseits war das der Grund,
warum sie dieses Gespräch mit ihm führte und nicht mit irgendjemand anderem. »Morgen oder übermorgen wird Kylar oder Durzo hierherkommen und mich töten«, fuhr sie fort. »Weil ich Kylar ausgeschickt habe, einen Mann zu töten, von dem er glaubte, er sei Hu Gibbet, der in Wirklichkeit jedoch Durzo war, maskiert als Hu. Wer auch immer ihren Kampf überlebt hat, weiß jetzt, dass ich gelogen und sie beide verraten habe. Ich weiß, dass du früher einmal mit Kylar befreundet warst, Jarl...«
    »Ich bin es noch immer.«
    »Schön. Ich wollte dich nicht bitten, mich zu rächen. Ich bin bereit für Gerechtigkeit. Das Leben ist von jetzt an ohnehin nur noch eine Abfolge von Enttäuschungen.« War das Mitleid in den Augen des Jungen? Sie glaubte, dass es so war, aber es kümmerte sie nicht. Er würde es verstehen, wenn er lange genug lebte, um so alt zu werden.
    »Was kann ich tun, um Euch zu helfen, Momma K?«
    »Ich will nicht, dass du mir hilfst. Es geht jetzt alles sehr schnell, Jarl. Vielleicht zu schnell. Roth versucht, Shinga zu werden. Ich vermute, wir werden sehr bald die traurige Nachricht erhalten, dass Pon Dradin tot ist.«
    »Ihr werdet ihn nicht warnen? Ihr werdet einfach zulassen, dass Roth ihn tötet?«
    »Dafür gibt es zwei Gründe, Jarl. Wenn du auch nur einen von beiden kennst, könnte dich das das Leben kosten. Bist du bereit, ein Spieler auf dieser Bühne zu werden?«
    Er runzelte die Stirn, dachte tatsächlich darüber nach und nickte dann.
    »Erstens, ich werde Pon Dradin sterben lassen, weil ich kompromittiert bin. Roth hat mich dazu erpresst, Durzo und Kylar zu verraten. Ich werde dir nicht erzählen, wie. Ich bin schon genug gedemütigt worden. Es zählt nur eins, nämlich dass Roth
bei mir noch etwas offen hat. Ich kann mich ihm nicht auf eine Weise widersetzen, die er bemerken könnte, denn es würde mich etwas kosten, das mir teurer ist als mein Leben. Also werde ich sterben. Ich möchte, dass du an meine Stelle trittst.«
    »Ihr wollt, dass ich Euren Platz unter den Neun einnehme?«
    Sie lächelte in ihren Ootai hinein. »Ich war niemals nur die Herrin der Wonnen, Jarl. Ich war neunzehn Jahre lang der Shinga.« Die Art, wie die Augen ihres unerschütterlichen Schützlings sich weiteten, bescherte ihr eine gewisse Befriedigung. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
    »Götter«, sagte er. »Das erklärt einiges.«
    Sie lachte, und es kam ihr so vor, als seien Jahre vergangen, seit ihr das letzte Mal wirklich nach Lachen zumute gewesen war. Wenn es sich immer so anfühlte, seine Kehle zu entblößen, dachte sie, verstand sie zum ersten Mal, warum Durzo die Gefahr geliebt hatte, die seine Arbeit mit sich brachte. Wenn man dem Tod stets so nah war, wusste man zu schätzen, dass man lebendig war.
    »Verratet mir, wie es funktioniert«, sagte er.
    Es war das, was auch sie an seiner Stelle hätte wissen wollen. Sie hätte akzeptiert, was die Shinga über ihren Tod sagte, und unverzüglich begonnen darüber nachzudenken, wie es sich auf sie auswirken würde, statt Kummer darüber auszudrücken, dass die Shinga tot sein würde.

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