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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Oder vielleicht hätte sie an Jarls Stelle sich den Anschein von Kummer gegeben, dass ihre Herrin sterben würde, aber es wäre eine Lüge gewesen. Jarl suchte keine Zuflucht zu solcher Heuchelei, und vielleicht konnte sie ihn dafür respektieren. Er hatte ihre Lektionen gut gelernt. Aber es schmerzte trotzdem.
    »Es tut mir leid«, sagte er. Es klang so, als meine er es wirklich ernst. Vielleicht war es die Wahrheit. Oder vielleicht bedauerte
er nur eines: dass sie so weich wurde, dass sie, die ihn gelehrt hatte, seine eigenen Gefühle zu manipulieren, angesichts ihres nahenden Todes von ihm wollte, dass er es gerade ihr gegenüber nicht tat. Sie konnte es nicht sagen. Jarl war das, wozu sie ihn gemacht hatte. Es war schlimmer, als in einen Spiegel zu blicken.
    »Jeder, der für die Sa’kagé arbeitet, weiß, wer sein Herr ist. Die Klügeren wissen, wer ihr Vertreter bei den Neun ist. Natürlich ist die Identität des Shinga ein offenes Geheimnis, was bedeutet, dass es überhaupt kein Geheimnis ist. Füge dies zusammen, und wenn du dir dann einige Diebe und Huren ansiehst, kannst du dir die gesamte Machtstruktur der Sa’kagé zusammenreimen. Das hat während der letzten vierzehn Jahre gut funktioniert, weil die Dinge so stabil waren.«
    »War der Grund für diese Stabilität Eure Führung oder nur Glück?«, fragte Jarl.
    »Meine Führung«, antwortete sie aufrichtig. »Ich habe den letzten König töten lassen und Aleine auf den Thron gebracht, so dass wir keinen Druck von oben hatten, und mit allem anderen, was Druck erzeugte, bin ich von innen fertiggeworden. Aber der normale Zustand der Unterwelt ist Aufruhr, Jarl. Diebe, Mörder, Räuber und Huren haben nicht die Neigung, geeint zu bleiben. Morde sind an der Tagesordnung. Während deines Lebens war es viel friedlicher als je zuvor.
    Während der ersten fünf Jahre, die ich Shinga war, haben wir acht ›Shingas‹ verloren. Sechs fielen Morden von außen zum Opfer. Zwei habe ich selbst töten lassen, weil sie versuchten, mir meine Macht zu nehmen. Nur zwei Positionen bei den Neun sind noch genauso besetzt wie am Anfang. Während der letzten vierzehn Jahre konnte Pon Dradin ungehindert seinen Lastern frönen, solange er den Versammlungen beiwohnte, den Mund
hielt und nicht aus der Reihe tanzte. Ich hätte nie erwartet, dass er sich so lange halten würde.«
    »Also wissen nur die Neun, wer wirklich der Shinga ist?«
    »Und die Blutjungen, aber sie leisten einen magischen Diensteid. Das System hat seine Nachteile. Pon ist durch Geschenke und Bestechungen beinahe so reich wie ich selbst, und jedes neue Mitglied der Neun entdeckt, dass es während all der Zeit, die es gebraucht hat, um in den Reihen aufzusteigen, an den falschen Zehen gelutscht hat. Einige von ihnen ärgert das gewaltig, aber es hält auch manche Personen von den Neun fern, die dort nicht hingehören. Das Beste von allem ist, dass es mich lebendig und in meiner Machtposition erhalten hat.«
    »Wie fügt sich Roth ins Bild?«
    »Roth ist den Neun gerade erst beigetreten. Er ist in das Geheimnis nicht eingeweiht. Das ist der Grund, warum Pon heute oder morgen irgendwann sterben wird. Roth denkt, dass es ihn zum Shinga machen wird, wenn er Pon tötet. Aber das enthüllt tatsächlich den größten Mangel all meiner Heimlichtuerei: Wenn nur acht Personen wissen, wer der echte Shinga ist, braucht Roth diese acht lediglich davon zu überzeugen, dass er jetzt der Shinga ist.«
    »Wenn die übrigen der Neun solche Angst vor ihm haben, wie soll ich ihm dann seine Macht wegnehmen?«, fragte Jarl.
    Momma K lächelte. »Genau das. Du nimmst sie ihm weg. Natürlich werde ich dich nicht schutzlos zurücklassen.« Sie griff in ihren Schreibtisch und zog ein kleines Buch hervor. »Meine Spione. Ich brauche dir hoffentlich nicht zu sagen, was es mit diesem Buch auf sich hat. Je mehr Zeit vergeht, bevor du es verbrennst, umso weniger ist dein Leben wert.«
    Er nahm das Buch entgegen. »Ich werde es auf der Stelle auswendig lernen.«

    Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Er ist in einer starken Position, Jarl. Die Leute haben Angst vor ihm.«
    »Und das ist alles?«, fragte Jarl.
    »Du wirst mir verzeihen, wenn ich dir nicht verrate, wo sich all meine Reichtümer befinden. Eine alte Frau muss sich schützen, nur für den Fall, dass ich dies überleben sollte. Außerdem wirst du, wenn ich sterbe, jede Menge Zeit haben, alles zu finden.«
    »Darf ich Euch um einen Rat bitten?«, fragte er. Sie nickte. »Ich bin

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