Der Weg in die Verbannung
Büffelherden, die kommen sollen, jetzt noch bleiben. Hast du noch Patronen?«
»Nicht mehr viele. Zwei oder drei … könnte ich opfern.«
»So schießt du in die Pferdeherde hinein, das ist noch wichtiger, als auf die Posten zu schießen. Die Pferde werden ausbrechen. Wenn unsere Krieger schnelle Beine, offene Augen und geschickte Hände haben, können sie sich draußen auf der Prärie einige der Tiere einfangen.«
»Gut.«
Mattotaupa führte Harka durch den Wald. Die beiden mußten den Fuchs und den Grauschimmel mitnehmen; die beiden Tiere ganz allein zu lassen, war zu gefährlich. Dadurch waren sie gezwungen, einen Umweg zu machen, auf dem sie vor den Posten möglichst verborgen blieben. Mattotaupa führte am Hang hoch hinauf und dann von oben her auf den Standplatz der Pferde zu. Um sich einen Teil des Zaunes zu sparen, hatten die Pani die Tiere unterhalb einer Steilwand zusammengetrieben, die sich felsig, wenig bewachsen, mitten im Walde erhob. Oberhalb dieser Wand befanden sich zwei Posten, die übrigen acht waren unten am Zaun verteilt, so hatte Mattotaupa erspäht und Harka mitgeteilt. Mattotaupas Plan ging dahin, die beiden Posten oben unschädlich zu machen und dann über die Steilwand in die Herde hineinzufeuern.
Er leitete daher den Fuchs und den Grauschimmel mit Harka noch höher, als die beschriebene Wand sich erhob, und machte dann die beiden Tiere mit Hilfe des Lassos an Bäumen so fest, daß sie sich nicht aus eigener Kraft losreißen konnten.
Drunten im Wald erklang ein Ruf, offenbar ein Warnruf eines Postens, und die beiden Dakota mußten jetzt sehr schnell handeln, wenn sie ihr Ziel noch erreichen wollten. Sie hatten genau miteinander abgesprochen, wie sie sich verhalten wollten.
Mit sicheren Sprüngen, wie Raubkatzen, sprangen sie den Hang hinunter. Jeder hatte außer den Waffen einen Stein zur Hand. Als sie sich dem oberen Rand der Felswand näherten, erkannten sie die Schattengestalten der Wächter, die schnell hinter Baum und Gesträuch huschten, um vor dem Unbekannten, was sich ihnen näherte, geschützt zu sein. Harka warf seinen Stein nach dem Kopf des einen Wächters, der sich in Gesträuch geduckt, aber auch wieder unvorsichtig daraus hervorgelugt hatte. Der Stein traf ihn so, daß der Angegriffene mindestens im Augenblick außer Gefecht gesetzt war. Den zweiten Wächter, der hinter einem Baum lauerte, hatte Mattotaupa sich vorgenommen. Er sprang ihn an, ehe der andere zum Gebrauch seiner Waffen kam, packte ihn und warf ihn kurzerhand über die Wand in die Pferdeherde hinein. Harka nahm sich dies zum Beispiel. Er packte den von dem Steinwurf betäubten zweiten Posten an den Füßen, zerrte ihn über den Hang und warf ihn ebenfalls hinab. Dann schlug er an und feuerte in die Herde hinunter, während er gleichzeitig, mit dem Vater zusammen, im dunklen Wald den Kriegsruf der Dakota erhob:
»Hi jip jip jip hi jaaah!«
Mattotaupa hatte eine Stelle gefunden, an der die Felsen verwittert waren und locker genug saßen, um schnell abgebrochen zu werden. Er löste sie und verursachte so einen Steinhagel, der die Pferde unten vollends scheu machte. Unter Führung der stärksten Hengste brachen sie aus. Die Posten unten mußten nicht weniger verstört sein als die Pferde. Von den Schüssen eingeschüchtert, unklar darüber, was oberhalb der Wand eigentlich vor sich ging, angesichts ihrer herabstürzenden Gefährten, hielten sie es offenbar für das beste, sich auf das nächste greifbare Pferd zu schwingen und mit den anderen zusammen den Waldhang hinabzugaloppieren. Die Pferdeherde war zerstreut. Mit ihrem lauten, angsterfüllten heftigen Getrampel brachte sie den ganzen Wald in Aufruhr, als ob der nächtlichfinstere Hang auf einmal von einem Spuk erfüllt sei.
Der Erfolg der beiden Dakota war so vollständig, daß Mattotaupa laut lachen mußte. Dabei machte er jedoch einen unvorsichtigen Tritt und stürzte selbst mit einem sich lösenden kleinen Felsbrocken über die Wand hinunter.
Harka beobachtete dieses Mißgeschick, und er konnte nicht anders, er mußte schallend lachen, als er den Vater so plötzlich in der Tiefe verschwinden sah. Er legte sich aber doch auf den Boden, einmal, um nicht dem gleichen Geschick zu verfallen, dann aber auch, um zu sehen, ob sich der Vater bei seinem Sturz etwa verletzt habe. Er war froh, als Mattotaupa sich unten schnell wieder aufrichtete und hinaufrief: »Gut! Komm auch herunter!«
Das überlegte sich Harka einen Moment. »Nichts da!«
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