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Der Weg in die Verbannung

Der Weg in die Verbannung

Titel: Der Weg in die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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rief er dann zurück. »Du kannst einen künftigen Krieger der Dakota mit deinen Ratschlägen nicht überrumpeln! Ich gehe hinauf zu unseren Mustangs. Da werde ich dringender gebraucht!«
    Der Vater lachte zustimmend. In dem Lachen der beiden löste sich eine ungeheure Nervenanspannung.
    Mattotaupa umging die Felswand, stieg auch den Hang hinauf und traf sich mit Harka bei den Pferden, die durch den allgemeinen Lärm unruhig geworden waren und jetzt ihre beiden Herren begrüßten. »Nun haben wir alles getan, was wir zu tun hatten«, sagte Mattotaupa, schlug Feuer und steckte seine Pfeife an. »Es bleibt uns nur noch auszukundschaften, was die anderen tun werden.«
    »Um dies zu beobachten, müssen wir wieder hinunter zur Prärie«, meinte Harka.
    »Das müssen wir.«
    Auch bei Mattotaupa machte sich aber jetzt, nach durchwachten Nächten, die Anspannung stark geltend. Im beginnenden Morgenschimmer erkannte Harka, wie tief die Augen des Vaters in den Höhlen lagen.
    »Willst du erst schlafen, Vater?«
    »Nein. Nachher.«
    Mattotaupa rauchte seine Pfeife zu Ende und erhob sich dann, nicht ganz so schnell und sicher wie sonst, aber doch ohne zu schwanken. Die beiden Indianer saßen auf und ließen ihre Tiere selbst den Weg hangabwärts suchen. Darin waren die halbwilden Mustangs sehr gewandt.
    Als die beiden Reiter zu den Ausläufern des Waldes und dem Beginn der weiten Wiesen kamen, sahen sie zunächst nichts als die kreuz und quer laufenden Fährten der ausgebrochenen Pferde. Sie hörten auch nichts, was der Aufmerksamkeit wert war. Mattotaupa suchte einen hohen Baum, der gute Aussicht versprach, und begann hinaufzuklettern, und da Harka wißbegierig war, hängte er die Pferde an und kletterte nach. In der Krone des Baumes sitzend, hatten die beiden einen weiten Ausblick. Zu gleicher Zeit entdeckten sie zwei dünne Rauchsäulen, die aus Wellentälern der Prärie aufstiegen.
    »Das können nur Krieger der Bärenbande sein, die sich jetzt am Feuer niederlassen, um bei einer ersten Rast ihren Sieg zu genießen«, meinte Mattotaupa. »Sie haben Pferde der Pani bei sich. Wir haben sie ihnen in die Hände gejagt. Die Pani aber scheinen schon zu ihren Dörfern zurückgeflohen zu sein. Ich kann nirgends mehr etwas von ihnen entdecken. Sicher haben auch sie sich ein paar ihrer ausgebrochenen Mustangs wieder gegriffen, aber nicht viele, nicht viele! Denn dort, ganz in der Ferne ­ siehst du dort ­ grasen noch ein paar ledige Mustangs. Das sind die Tiere, die sich von keinem mehr haben einfangen lassen.«
    Mattotaupa kletterte langsam, mit einer eigentümlichen Bedachtsamkeit, von dem hohen Baum herab und blieb unten stehen, um Harka beim letzten Sprunge aufzufangen. Die beiden machten keine weiteren Worte, denn was sie jetzt vorhatten und was dann geschehen würde oder nicht geschehen würde, berührte ihr Leben zu tief, und die Entscheidung stand zu nahe bevor, als daß sie darüber zu sprechen vermochten.
    Sie ritten ostwärts, ohne weitere Vorsichtsmaßregeln, dem ersten, größeren der Lagerfeuer der Dakota zu. Als sie näher kamen, konnten sie einige Männer sehen, die auf eine flache Bodenerhebung gestiegen waren, offenbar um die Herankommenden zu betrachten. Mattotaupa hatte sich nicht geirrt. Es waren Krieger der Bärenbande, von denen sie empfangen wurden. Bald erkannten sie schon einzelne, den Alten Raben, dessen ältesten Sohn und Alte Antilope. Noch elf Krieger befanden sich bei diesen Anführern. Auch Tschetan war dabei, obgleich er erst den siebzehnten Sommer sah und die Kriegerwürde noch nicht besaß. Aber an der Verfolgung der Pani hatte auch er sich beteiligt.
    Im Schritt ritten Mattotaupa und Harka auf die Gruppe zu. Alle blieben sehr ernst. Harka suchte den Blick Tschetans, und dieser schaute Harka an. Ja, sie waren alte und gute Freunde.
    Mattotaupa hielt seinen Fuchs an, und Harka ließ seinen Grauschimmel halten. Es war noch immer nicht klar, wer zuerst sprechen würde. Der Alte Rabe bewegte die Lippen und kämpfte anscheinend mit Worten, von denen er noch nicht wußte, ob er sie sagen oder nicht sagen sollte.
    »Wir treffen uns hier, in fremden Jagdgefilden«, begann er schließlich, um sein Tun und das Verhalten aller anderen zunächst zu rechtfertigen.
    »Was habt ihr zu berichten?«
    »Nicht viel«, erwiderte Mattotaupa stolz. »Ihr wißt selbst, was am Pferdebach geschehen ist. Von den Wachen bei den Mustangs der Pani haben wir zwei überwältigt, die übrigen mit den Pferden verscheucht. Ich sehe,

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