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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Angst, und dabei habe ich früher über Walter gelacht, wenn er Angst hatte. Weißt du, als Walter erst mal an der Front war, da hatte er überhaupt keine Angst mehr. Die Wirklichkeit hat ihm nie Angst gemacht, nur seine Vorstellung. Sein Oberst hat mir gesagt, Walter sei der tapferste Mann in seinem Regiment gewesen. Rilla, erst jetzt, wo ich wieder zu Hause bin, habe ich richtig begriffen, dass Walter tot ist. Du hast keine Ahnung, wie sehr ich ihn jetzt vermisse. Ihr zu Hause habt euch in gewisser Hinsicht an den Gedanken gewöhnt -aber für mich ist er noch neu. Walter und ich sind zusammen aufgewachsen, wie waren beides, Brüder und Freunde. Und jetzt in unserem alten geliebten Tal, da ist mir erst bewusst geworden, dass ich ihn nie Wiedersehen werde.«
    Im Herbst geht Jem ans College zurück, ebenso Jerry und Carl. Shirley wahrscheinlich auch. Er rechnet damit, im Juli nach Hause zu kommen. Nan und Di wollen wieder unterrichten. Faith wird nicht vor September zu Hause sein. Ich denke, sie wird dann auch unterrichten, denn sie und Jem können erst heiraten, wenn er seine Medizinvorlesungen beendet hat. Una Meredith will, glaube ich, einen Hauswirtschaftskurs in Kingsport besuchen, und Gertrude wird ihren Major heiraten und ist sehr glücklich - »unverschämt glücklich«, wie sie sagt, aber ihr Verhalten ist bewundernswert. Alle sprechen über ihre Pläne und Hoffnungen, zwar nüchterner als früher, aber immer noch voll Ehrgeiz und mit dem festen Entschluss, weiterzumachen und durchzuhalten trotz der verlorenen Jahre.
    »Wir leben in einer neuen Welt«, sagt Jem. «Und wir müssen aus ihr eine bessere Welt machen als die alte. So weit ist es noch nicht, auch wenn manche Leute so denken. Die Arbeit ist noch nicht getan, sie hat noch nicht einmal richtig angefangen. Die alte Welt ist zerstört und wir müssen die neue aufbauen. Das wird eine Aufgabe von Jahren sein. Ich habe im Krieg genug gesehen, um zu erkennen, dass wir eine Welt aufbauen müssen, in der Kriege nicht mehr möglich sind. Wir haben dem Preußentum seine todbringende Wunde zugefügt. Aber noch ist es nicht tot, und es ist auch nicht auf Deutschland beschränkt. Es genügt nicht, den alten Geist zu vertreiben, wir müssen den neuen ins Leben rufen.«
    Ich schreibe das, was Jem gesagt hat, wortwörtlich in mein Tagebuch, damit ich es bei Gelegenheit nachlesen und Mut fassen kann, wenn meine Stimmung trübe wird und es mir schwer fällt, »die Treue zu haltern.«
    Mit einem Seufzer klappte Rilla ihr Tagebuch zu. Denn in diesem Augenblick fiel es ihr tatsächlich schwer, die Treue zu halten. Alle anderen hatten ein bestimmtes Ziel vor Augen, auf das sie ihr Leben ausrichten würden, sie selbst aber hatte keines. Und sie fühlte sich einsam, schrecklich einsam. Jem war zurückgekommen, aber er war nicht mehr der lustige Junge, als der er 1914 fortgegangen war, und er gehörte Faith. Walter würde nie mehr zurückkommen. Noch nicht einmal Jims war ihr geblieben. Auf einmal kam ihr ihre Welt weit und leer vor - genau genommen seit gestern, seit dem Augenblick, als sie in einer Montrealer Zeitung die bereits zwei Wochen alte Liste von zurückgekehrten Soldaten gelesen hatte, darunter der Name Hauptmann Kenneth Ford.
    Ken war also wieder da, und er hatte ihr noch nicht einmal geschrieben, dass er kommen würde. Er war seit zwei Wochen in Kanada und sie hatte nicht eine Zeile von ihm bekommen! Natürlich hatte er sie vergessen, falls es je etwas zu vergessen gab - einen Händedruck, einen Kuss, einen Blick, ein Versprechen aus einem flüchtigen Gefühl heraus. Wie albern von ihr. Eine romantische, ahnungslose, dumme Gans war sie gewesen! Nun, in Zukunft würde sie klüger sein - sehr klug sogar und sehr vorsichtig, und sie würde die Männer mit ihrem Gehabe einfach verachten!
    Vielleicht sollte ich mich Una anschließen und auch Hauswirtschaftsunterricht nehmen, dachte sie, während sie am Fenster stand und auf den smaragdgrünen Blätterwald des jungen Weines im Regenbogental hinabschaute, auf den das wunderschöne lilafarbene Licht des Abendrots fiel. Eigentlich fand Rilla es nicht sonderlich reizvoll, ausgerechnet jetzt sich mit Hauswirtschaft zu befassen, aber ein Mädchen musste schließlich auch etwas dazutun, wenn es darum ging, eine ganz neue Welt aufzubauen.
    Es läutete an der Tür. Rilla ging widerwillig los, um aufzumachen. Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, denn außer ihr war niemand im Haus. Aber wieso musste ausgerechnet jetzt

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