Der Weg ins Verderben
hier.«
»Ja, das bin ich.«
»Und warum? Sag das noch mal!«, forderte Harriet die Besucherin auf.
»Du weißt du nicht?«
»Nein, ich …«
»Du hast mich angerufen. Du bist völlig von der Rolle gewesen. Du hast mich angeschrien, aber auch gebettelt. Du wolltest, dass ich unbedingt komme.«
Harriet Brown hatte sich in ihren Sessel zurückgezogen und war immer kleiner geworden.
»Ja, das hast du schon mal gesagt. Gab es einen Grund?«
Sheila nickte. »Es waren die Dämonen, die in dir stecken. Ich sollte kommen, um dich zu retten.«
»Nein.«
»Doch. Warum sollte ich lügen?«
»Ja, stimmt auch wieder.« Sie stöhnte auf, fuhr sich mit ihren Handflächen durch das Gesicht und ließ die Arme wieder sinken. Danach schaute sie sich im Raum um, und ihr Blick glitt bis zur Treppe hin. Aber dort zeigte sich niemand, und sie konzentrierte sich wieder auf Sheila.
»Ich kann mich an gar nichts erinnern.«
»An die Dämonen?«
»Weder an die noch an den Anruf.«
»Und erinnerst du dich auch nicht daran, dass ich dich zwischendurch angerufen habe?«
»Doch.«
»Aha.«
»Aber ich weiß nicht, dass du es gewesen bist, Sheila. Das ist seltsam. Das ist auch nicht zum Lachen, aber ich weiß nicht, was mit mir passiert sein soll.«
»Passiert ist«, berichtigte Sheila.
»Auch das.«
Sheila gab nicht auf. »Fühlst du dich denn anders als sonst? Ganz ehrlich.«
»Wie meinst du?«
»Fühlst du dich schlechter?«
Sie drehte den Kopf und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, Sheila.«
»Aber deinen Laden hast du geschlossen.«
»Ja.«
»Schon länger?«
»Nein.«
»Nur heute?«
»Ja.« Mehr sagte sie nicht, und sie kam Sheila alles andere als normal vor.
Was hatte sie hinter sich? Was hatte sie noch vor? Sehr gesprächig war sie nicht, und Sheila musste behutsam zu Werke gehen, um die Wahrheit aus ihr herauszuholen.
Plötzlich zuckte Harriet zusammen. So heftig, dass Sheila aufmerksam wurde.
»Was ist los?«
Sie erhielt keine Antwort. Steif wie ein Brett blieb die Freundin sitzen.
»Bitte, was ist los? Rede doch.«
Das tat sie nicht. Harriet starrte stur nach vorn. Aber ihre Blicke waren nicht so starr. Sheila wusste selbst nicht, wie sie das nennen sollte, was sich in den Augen abspielte. Es war etwas Nachdenkliches, auch Wissendes vielleicht.
Sie denkt an was!, dachte Sheila. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen. Sie muss einfach an was denken, und irgendetwas ist ihr in den Sinn gekommen.
Sheila war drauf und dran, eine Frage zu stellen, aber sie fand nicht die richtigen Worte. Sie ging nur davon aus, dass in dieser Person etwas kochte.
Sheila wartete ab. Schon längst hatte sie sich damit abgefunden, dass mit Harriet etwas geschehen war.
Aber warum sagte sie nichts? Sie reagierte auch nicht. Sie saß da und blickte ins Leere. Aber der andere Ausdruck in ihren Augen blieb bestehen. Es konnte auch ein Ausdruck der Erinnerung sein, möglich war alles.
Warum habe ich herkommen sollen?, fragte sich Sheila.
Dann fielen ihr wieder die Dämonen ein, von denen Harriet gesprochen hatte. Dämonen, die nur für sie sichtbar waren. War das jetzt auch wieder der Fall?
Es konnte durchaus sein, aber warum sprach sie dann nicht darüber?
Sheila wollte sie noch mal daran erinnern und musste zunächst passen, denn Harriet Brown änderte ihr Verhalten. Sie saß plötzlich kerzengerade auf ihrem Stuhl und starrte in das Gesicht ihrer Besucherin.
Sheila schöpfte Hoffnung und fragte: »Willst du mir etwas sagen, Harriet?«
»Ja, ja.« Harriet nickte heftig.
»Und was, bitte?«
»Ich muss noch mal eben weg.«
»Wohin denn? Ich könnte dich begleiten.«
»Nein, nein.« Sie wedelte mit den Händen. »Das brauchst du nicht. Du kannst hier bleiben. Außerdem gehe ich nicht weit weg. Ich bleibe hier in meiner Wohnung.« Mit einer heftigen Bewegung stand sie auf. Danach ging sie mit schnellen Schritten durch das Zimmer und verließ es.
Sheila Conolly war überrascht. Sie schüttelte den Kopf, hätte beinahe noch gelacht, was sie dann doch ließ. Sie wartete ab, ob etwas passierte.
Die Wohnungstür schlug nicht zu. Sheila konnte sich auch nicht vorstellen, dass ihre Freundin leise die Wohnung verlassen hatte. Sie war noch da.
Sie war auch zu hören.
Nicht ihre Stimme, sondern das, was sie tat. Sheila lauschte den harten Geräuschen. Es hörte sich an, als hätte jemand etwas zu Boden geworfen.
War das normal?
Sheila glaubte nicht daran. Nichts, was mit Harriet Brown in einem direkten
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